Titania wandelt unter hohen Bäumen,
Mit weißen Blüten ist ihr Pfad bestreut,
Die Buchen rings, die alten Eichen keimen,
Es scheint der Wald ein Dom dem Mai geweiht.
Ein Dom, durchweht von märchenhaften Träumen,
Ein Zauberort verborgen und gefeit,
Maiglöckchen läuten duftend süße Lieder,
Und gold'ne Falter schweben auf und nieder.
Doch nie und nimmer werden zugelassen,
Die draußen an des Zauberwaldes Thor,
Um Einlass fleh'n mit Schreien und mit Scharren
Die alten Esel und die jungen Narren.
Titanias Zauberschloss
Villa Hermes
Elisabeth von Österreich, Sommer 1888
Foto: mythoskaiserinelisabeth.com – PetraFoto: mythoskaiserinelisabeth.com – Petra
Mit diesem Gedicht empfängt man euch mehr oder weniger auf einer weißen großen ungetümen Tafel mit einem Foto von Kaiserin Elisabeth, aus dem Jahr 1865 von Viktor Angerer.
Die Tafeln und viele hässliche Stahl-Glasvitrinen werden euch durch halbleere Räume begleiten. Anstatt die Räume auf sich wirken lassen zu Können und sich vorzustellen, wie hier einmal Elisabeth, Franz Joseph und später Marie Valérie mit Franz Salvator und 7 ihrer Kinder gelebt haben, stehen immer diese Vitrinen im Sichtfeld und nehmen einem die Phantasie.
Leider ist das nicht das Einzige, was an Atmosphäre zerstört wurde.
Die ehemaligen Gisela-Appartements fielen komplett dem Caféhaus zum Opfer. Man hat sie einfach komplett herausgerissen, um einen Platz zu schaffen, für Erfrischungen und Torten. Es ist einfach nur traurig, wenn man bedenkt, welches Erbe damit unwiderruflich zerstört wurde.
Betrachtet man das Areal, stehen so viele Nebengebäude herum, dass man gut und gerne dort ein Caféhaus unterbringen hätte können.
Aber nein, es mussten die Gisela-Räume dafür genutzt werden. Auf der eigens gebauten Terrasse, steht heute ein hässliches weißes Plastikpferd. Man wird einfach den Gedanken nicht los, dass man zerstören wollte und hier einfach nicht gewusst hat, was man sonst mit einem ungenutzten Platz tun sollte.
Auf der Toilettenanlage hat man eine Kaiserin Elisabeth Tapete angebracht. Ich weiß noch immer nicht, ob ich das geschmackvoll oder -los finden soll.
Schon von weitem sieht man die gelben Schirme des Caféhauses.
Ich bin der Meinung, dass die Vorderansicht der Hermesvilla damit seinen Charme verloren hat.
Foto: mythoskaiserinelisabeth.com – PetraFoto: mythoskaiserinelisabeth.com – Petra Das ominöse weiße Plastikpferd auf der Terrasse Foto: mythoskaiserinelisabeth.com – Petra Tapete am WCFoto: mythoskaiserinelisabeth.com – Petra Vorderansicht mit Schirme
Natürlich ist es toll, an heißen Sommertagen ein Glas Wasser, Kaffee und Torte unter den Schirmen zu genießen. Doch wie gesagt, das Areal ist groß genug.
Über das weiße Pferd auf der Terrasse gibt es unterschiedliche Auffassungen. Als ich es damals erblickte, fragte ich natürlich, was dieses Pferd zu bedeuten habe. Der befragte Kellner des Cafés antwortete, dass es eine Hommage an Elisabeths Reitleidenschaft sei. Aha…
Bei meinen Recherchen stieß ich allerdings auf einen Disney-Film von 1969. In der Hermesvilla und im Lainzer Tierpark wurde der Film “Flucht der weißen Pferde” gedreht. Als Schauspieler waren Curd Jürgens, Lilli Palmer und Rod Taylor im Einsatz.
Foto: amazon.de Filmplakat zu “Flucht der weißen Pferden”
Es ist also durchaus im Bereich des Möglichen, dass hier an den Film erinnert werden soll und nicht an die Kaiserin. Schade ist, dass weder die Besucher, noch die Mitarbeiter davon in Kenntnis gesetzt werden. Eine Tafel zum Pferd gibt es nicht. Es steht einfach nur da…
Die Hermesvilla war in den 1980er und 1990er Jahre gut besucht. Viele Ausstellungen über Kaiserin Elisabeth und Kronprinz Rudolf waren zu sehen. Ich habe sie selbst alle noch besucht und kann mich an einige noch sehr gut erinnern.
Die letzte Ausstellung dieser Art ist 23 Jahre her, seit dem mangelt es der Villa an Besuchern.
Es gibt keine Werbungen mehr, die Wiener selbst haben die Villa vergessen, wie sollten es dann Besucher erfahren? Für einen 2-3 Tage Wien-Trip extra nach Lainz zu fahren, ist schon enorm weit, da die Hermesvilla nicht gerade günstig liegt.
Mit öffentlichen Verkehrsmitteln fährt man von der Wiener Innenstadt gut und gerne 1 Stunde bis zum Eingang, um dann noch einen 30 – 45 minütigen Fußweg über Stock und Stein zu gehen (gutes Schuhwerk erforderlich). Der Waldweg ist anstrengend, vor allem das letzte Stück.
Für Behinderte nicht zu empfehlen! Es gibt keinen Shuttle mehr zur Villa.
Foto: mythoskaiserinelisabeth.com – PetraFoto: mythoskaiserinelisabeth.com – PetraFoto: mythoskaiserinelisabeth.com – PetraFoto: mythoskaiserinelisabeth.com – PetraDie Umgebung und der Weg zur Villa
Foto: mythoskaiserinelisabeth.com – Petra ehemaliger Badeweiher von Kaiserin Elisabeth
Auf dem Weg zur Villa kommt ihr an einem Weiher vorbei. Auch hier wurde das Badehaus von Kaiserin Elisabeth abgerissen. Diesen nutzte sie, um sich hier umziehen zu lassen, um dann im Weiher zu schwimmen.
Ich bin sicher, dass diesen auch die Kinder von Erzherzogin Marie Valérie zu nutzen wussten. Wenn man genau hinhört, könnt ihr das Kinderlachen von damals noch hören…
Heute ist Baden und Bootfahren verboten. Natürlich! Was sonst?
Hermesvilla Lainzer Tiergarten 1130 Wien
15.3. bis 1.11: Dienstag bis Sonntag und Feiertag Montag geschlossen! 10.00 bis 18.00 Uhr Die Hermesvilla schließt 30 Min. vor Torsperre des Lainzer Tiergartens, spätestens jedoch um 18.00 Uhr Eingeschränkte Öffnungszeiten im Herbst/Winter
Bei meinem letzten Besuch, habe ich mit dem Museumsmitarbeitern Kontakt gesucht und erfahren, dass der durchschnittliche Besucher 20 bis maximal 30 Minuten für den Rundgang braucht.
Ich brauche (mindestens) 2 Stunden.
Wenn ihr Glück habt, trefft ihr auf eurem Rundgang noch 2-3 Interessierte, normalerweise hat man die Villa komplett für sich allein.
Fotografieren ist erlaubt. Aber ohne Blitz! Bitte haltet euch daran!
Danach könnt ihr im Museumsshop wirklich gute Raritäten ergattern. Das Personal freut sich immer sehr, wenn sie Menschen treffen, die sich für die Kaiserin wirklich interessieren und auch etwas im Shop kaufen!
Wie die Villa tatsächlich zu Lebzeiten Kaiserin Elisabths eingerichtet war, ist nicht bekannt.
Sie hat sich abgeschottet und auf ihre Privatspähre mehr als nur geachtet.
Foto: Archiv Künstlerhaus Julius Deininger
1898 ist der Jubiläumsband “Franz Joseph und seine Zeit” entstanden. Der Architekt und Publizist Julius Deininger (*23.5.1852, †15.8.1924) und der Maler Rudolf Bernt (*21.2.1844, †24.8.1914) durften nur wenige Räume der Villa betreten, um den Band abzuschließen.
Die vorhandenen Fotos der Villa und der damaligen Einrichtung, sind nach dem Tod von Kaiserin Elisabeth entstanden.
Damals erlaubte Kaiser Franz Joseph dem Historiker Rudolf Lechner (*/†unbekannt) im Frühjahr 1899 die Villa zu betreten.
Dass ist so von unfassbarer Bedeutung, da Rudolf Lechner die Gisela Appartements fotografieren konnte (wie erwähnt, sind sie dem Caféhaus zum Opfer gefallen) und über dem Kamin noch das alte Kamin-Portrait von Kaiserin Elisabeth zu sehen ist (ich komme im Arbeitszimmer von Kaiser Franz Joseph darauf zurück).
Generell konnte Lechner die gesamte Villa fotografieren. Die Bilder sind in den jeweiligen Räumen ausgestellt und ich füge sie in den Galerien am Schluss hinzu.
Foto: mythoskaiserinelisabeth.com – PetraFoto: mythoskaiserinelisabeth.com – PetraFoto: mythoskaiserinelisabeth.com – PetraFoto: mythoskaiserinelisabeth.com – PetraFoto: mythoskaiserinelisabeth.com – PetraFoto: mythoskaiserinelisabeth.com – Petra TilgnersaalFoto: mythoskaiserinelisabeth.com – Petra Marie Valérie-AppartementSala terrena, Marmorsaal oder auch Tilgnersaal, rechts folgten die Marie Valérie Appartements
Foto: Wikimedia/Commons Charles F. Fuller
Hinter der “Lichtfee Peri” von Charles Francis Fuller (*1830, †10.3.1875) sieht man schon von weitem einen imposanten Kristalluster.
1897 entschloss sich Kaiserin Elisabeth ihr Schloss Achilleion auf Korfu aufzugeben (fertiggestellt 1891). Sie ließ zahlreiche Kunstgegenstände verschiffen und in die Hermesvilla bringen. So auch die Lichtfee, die hier in der Eingangshalle ihren Platz fand.
Foto: Wikimedia/Commons Viktor Tilgner
Dahinter befindet sich ein imposanter Mamorsaal mit einer beeindruckenden Decke. Der Bildhauer Viktor Tilgner (*25.10.1844, †16.4.1896) hat sich hier verewigt, weshalb die ursprüngliche als Sala terrena und Speisesaal genutzer Raum auch “Tilgnersaal” genannt wird.
An der Decke ist
„Aurora schwebt vor dem Wagen des Sommers durch die Lüfte“
zu sehen.
Links und Rechts sind heutzutage versperrte Türen.
Rechts waren die Marie Valérie-Appartements, links die Gisela-Appartements. Die Valérie Räume sind komplett leer, da sie als Ausstellungsräume genutzt werden. Die Gisela Räume existieren nur noch auf Fotos und sind heute ein Caféhaus.
Foto: mythoskaiserinelisabeth.com – Petra Gisela Prinzessin von BayernFoto: mythoskaiserinelisabeth.com – Petra ehem. Gisela AppartementsFoto: mythoskaiserinelisabeth.com – Petra ehem. Gisela AppartementsDie Gisela Räume wurdn auch Korfu-Räume genannt
Nach dem Tod der Mutter erbte Gisela (*12.7.1856,†27.7.1932), welche damals schon lange mit Leopold Prinz von Bayern (*9.2.1846, †28.9.1930) verheiratet war, das Achilleion auf Korfu. Marie Valérie erbte die Hermesvilla.
Prinzessin Gisela verkaufte das Achilleion an Kaiser Wilhelm II (*27.1.1859, †4.6.1941) und ließ die Möbel ihrer Mutter und einige Wertgegenstände in die Hermesvilla bringen.
Als Marie Valérie (*22.4.1868, †6.9.1924) sich 1911 von der Villa trennte, schaffte sie ein paar der Möbel nach Bayern.
Doch das meiste davon blieb im Besitz von Valérie, welche sich damit ihr neu renoviertes Schloss Wallsee einrichtetete (noch immer im Privatbesitz, einen Einblick findet ihr hier). 1906 übersiedelte die Familie nach Wallsee bei Amstetten, da die Villa aus allen Nähten platzte.
Rundgang – Obergeschoss
Als ich die Fotos auf Facebook zeigte, mokkierten sich viele Followerinnen über die dunklen Holzvertäfelungen in der Villa.
Ich möchte hier einfügen, dass dies dem damaligen Wohndesign geschuldet ist und alle Villen, die im englischen Landhaus-Stil gebaut wurden, dunkle Holzausstattungen hatten.
Dies sieht man auch in alten oder auch neuen Filmen, wenn es um alte Landhaus Villen geht, weshalb ich sehr erstaunt war, dass dies zum Thema wurde. Gerade im 19. Jahrhundert kannte man nichts anderes.
Auch wenn ich normalerweise Filmvergleiche ablehne, möchte ich aufzeigen, dass diese Villen tatsächlich immer so aussahen und hier nicht extra Kaiserin Elisabeth absichtlich “dunkel” einrichten ließ.
Man sieht diese Villen zB. in Filmen wie “Rebecca”. Manderley ist genau so eine Villa (nur mit Meeresrauschen) (gedreht 1940 von Alfred Hitchcock), in vielen neueren Geisterfilmen kann man diese wunderschönen alten Villen sehen (zB. “Don’t Be Afraid of the Dark” mit Katie Holmes) oder auch in Liebesfilmen von der Romantik Queen schlechthin Rosamunde Pilcher. Und wer die Filme “Sherlock Holmes” kennt, egal ob neu oder alt, wird wissen, dass er in einer Villa wohnt, die dunkle Holzvertäfelungen hat.
Kerzenschein, Öllampen und später die ersten kleinen Stehlampen, da die Elektrizität Einzug hielt, machten diese dunklen Wohnräume sehr kuschelig.
Ihr seht ich komme ins Schwärmen. Zu recht.
Mich persönlich zieht so etwas magisch an, da es meistens durch Stuckarbeit, wunderschöne Glasfenster und verzierte Doppeltüren- und sonstige Balkenarbeiten wett gemacht wird. Wenn ich es mir leisten könnte… Ach, ein unerfüllter Traum würde wahr.
Und so war auch die Hermesvilla einmal.
Leider wurde das wunderschöne Flair, durch diese furchtbaren Glasvitrinen gestört. Es sind keine Pflanzen im Raum, die Brunnen wurden abgerissen, Wandteppiche fehlen usw.
Zum Teil wirkt die Villa einsam, müde, verlassen und weit weg von dem, was sie einmal war.
Ich finde es so schade, dass die Museumsverwaltung es seit Jahren nicht zustande bringt, die Villa wieder so herzustellen, wie sie war. Genügend Möbel stehen ja in sämtlichen Depots herum.
(Kleine Info nebenbei: Der Rundgang ist nicht chronologisch.)
Foto: mythoskaiserinelisabeth.com – PetraFoto: mythoskaiserinelisabeth.com – PetraFoto: mythoskaiserinelisabeth.com – PetraFoto: mythoskaiserinelisabeth.com – PetraFoto: mythoskaiserinelisabeth.com – PetraDer ehemalige Salon von Kaiserin Elisabeth
Obwohl die Villa zu den Modernsten ihrer Zeit zählte, fühlte sich Elisabeth hier nie wohl.
Doch noch bevor sie “modern” wurde und “Villa Hermes” (heute Hermesvilla) hieß, hieß sie “Villa Waldruh” und sollte in einem 24,5 km2 gro0en ehemaligen Jagdgebiet von Kaiser Franz Joseph erbaut werden.
Der gesamte Lainzer Tiergarten ist mit einer 22 km langen Mauer umzäunt (schon alleine wegen der Wildschweine die hier frei leben).
Foto: habsburger.net Carl von Hasenauer
Kaiser Franz Joseph entschloss sich 1881 hier einen stattlichen Wohnsitz erbauen zu lassen und holte den Wiener Ringstraßenarchitekten Carl Freiherr von Hasenauer (*20.7.1833, †4.1.1894). Der zweite Entwurf war bereits derjenige, den Kaiser Franz Joseph umsetzen ließ.
4 Jahre dauerte der Bau und kostete
2 Mio Gulden = ca. € 29.350.760,00
welche aus der Privattasche des Kaisers bezahlt wurde.
Doch Franz Joseph entschied sich um und schenkte die Villa Elisabeth. Er war 54 Jahre alt, einsam und hoffte seine “Engels-Sisi” wieder an sich zu binden. Deshalb ließ er diese – wie er glaubte – nach Elisabeths Geschmack einrichten.
Als die Villa Waldruh fertig war, reiste Elisabeth mit ihrer geliebten Tochter Marie Valérie an, die kaum deutsch sprach.
Die beiden traf fast der Schlag.
Kein Badezimmer, keine Wassertoiletten (so nannte man damals noch ein WC; ansonsten hatte man Plumpsklos,Eimer und Nachttöpfe), keine Elektrizität.
Die Einrichtung war sparsam und öde. Marie Valérie sollte im Erdgeschoss leben, Elisabeth im Obergeschoss. Ein Unding wie Mutter und Tochter festhielten.
Foto: mythoskaiserinelisabeth.com – PetraFoto: mythoskaiserinelisabeth.com – PetraKaiserin Elisabeth und Erzherzogin Marie Valérie
Valérie war geschockt und schrieb in ihr Tagebuch, dass weder die Villa, noch die Einrichtung, noch der grausige Geschmack des Kaisers gefallen würde.
Foto: Wikimedia/Commons Kaiser Franz Joseph, 1885
“Diesen Standard sind wir nicht gewöhnt”
so das vernichtende Urteil der Kaisertochter.
Elisabeth und ihre Tochter reisten wieder ab. Enttäuscht blieb der Kaiser alleine zurück, der wieder einmal alles falsch gemacht hatte.
Doch die Kaiserin wäre nicht die Kaiserin gewesen, wenn sie nicht der Ehrgeiz gepackt und aus der Villa ein wahres Schmuckstück gemacht hätte.
Ab dem Frühjahr 1888 trafen sich Kaiser Franz Joseph und Kaiserin Elisabeth jedes Jahr in ihrer Villa für manchmal mehr oder weniger längere Aufenthalte.
Foto: mythoskaiserinelisabeth.com – Petra Katharina Schratt
Doch auch nach der Modernisierung wurde Elisabeth nicht ruhiger. Spätestens nach 2 Monaten verließ sie die Villa.
Sie fand den Wald zu feucht und die Villa zu düster. Da sie Rheuma hatte, war die Feuchtigkeit natürlich Gift für ihre Glieder.
“Unsere neue Villa im Thiergarten befriedigt uns sehr, sie ist gut und bequem zu bewohnen und die Umgebung jetzt im Frühjahr frisch grün.”
Kaiser Franz Joseph an Katharina Schratt 19.5.1887
Foto: mythoskaiserinelisabeth.com – Petra Foto: mythoskaiserinelisabeth.com – Petra Foto: mythoskaiserinelisabeth.com – Petra Foto: mythoskaiserinelisabeth.com – Petra Foto: mythoskaiserinelisabeth.com – Petra Der Kirchensaal
Obwohl die kaiserliche Familie sehr gläubig war (Elisabeth haderte allerdigs auch Zeit ihres Lebens mit Gott), wurde keine eigene Kapelle gebaut. An Sonn- und Feiertagen wurde eine abgeschrägte Türe geöffnet, welche sich in der Ecke eines Saales befand. Dahinter befand sich der goldene Altar.
Die Tiergarten-Mitarbeiter, das Villa Personal und die kaiserliche Familie nahm an den Messen teil.
Foto: mythoskaiserinelisabeth.com – Petra WaschtischFoto: mythoskaiserinelisabeth.com – Petra Meeresschnecken aus KorfuFoto: mythoskaiserinelisabeth.com – Petra Glasparavent Foto: mythoskaiserinelisabeth.com – Petra Sammelobjekte von ElisbethFoto: mythoskaiserinelisabeth.com – Petra Napoléon, der angeheiratete OnkelFoto: mythoskaiserinelisabeth.com – Petra Bild und Figur aus KorfuFoto: mythoskaiserinelisabeth.com – Petra Foto: mythoskaiserinelisabeth.com – Petra WaschschüsselFoto: mythoskaiserinelisabeth.com – Petra Waschschüssel Foto: mythoskaiserinelisabeth.com – Petra Balkonaussicht
Dass hier eine Napoléon Statue steht, ist durchaus nichts ungewöhnliches für Kaiserin Elisabeth.
Kaiserin Elisabeth bewunderte sein Genie.
Durch die Verehelichung mit Erzherzogin Marie Louise (*12.12.1791, †17.12.1847), welche die Tante von Kaiser Franz Joseph war (Schwester von Vater Erzherzog Franz Karl), wurde Napoléon Bonaparte (*15.8.1769, †5.5.1821) der Onkel des zukünfitigen Kaisers.
Es gibt eine seltsame Episode aus dem Leben der Kaiserin, die ich hier gerne einfügen möchte:
Am 26.9.1875 besuchte Kaiserin Elisabeth mit ihrem enormen Gefolge Paris. Mit Marie von Festetics, ihrer Hofdame, besuchte sie allerdings alleine den Invalidendom, wo Napoléon zwischenzeitig ruhte.
Sie wollte alleine und unerkannt ihrem angeheirateten Onkel huldigen, dessen Genie sie erschaudern ließ. Lange standen die beiden vor dem herrlichen Sarg von Lucien Bonaparte und glaubten den von Napoléon vor sich zu haben. Ein Besucher hörte das Gespräch der beiden Frauen und machte sie auf den Irrtum aufmerksam.
Als sie vor dem schlichten Sarg, der mit frischen Blumen geschmückt war, niederkniete, sagte sie:
“Wenn die Menschen etwas recht Beißendes äußern wollen, sagen sie Napoléon war groß, aber gar rücksichtslos; ich denke immer dabei, das sind gar viele Menschen, ohne dabei groß zu sein. Zum Beispiel auch ich.” (1)
Still naht sich der Abend wieder,
Länger werden schon die Schatten:
Diesen Tag auch zu bestatten.
Lässt die dunkle Nacht sich nieder.
Dunkler Wald - aus grünen Zweigen
Scheinen Monde aufzusteigen.
Um mit ihrem Licht, dem bleichen,
Durch dies Labyrinth zu zeigen.
Doch nun öffnen sich die Bäume
Halbkreisartig rings im Bogen;
Und mit Mondlicht überzogen,
Strahlt Titanias Schloss der Träume.
Kaiserin Elisabeth
über ihre Ankunft in der Hermesvilla, 16.5.1887
“Wolkenkratzelei” nannte Kaiser Franz Joseph die Gedichteschreiberei seiner Frau. Auch die Liebe zum “Sommernachtstraum” von Shakespeare verstand er nie.
Foto: Wikimedia/Commons Ida von Ferency und Marie von Festetics auf Maultieren
Nur wenige Personen wussten, dass Kaiserin Elisabeth überhaupt Gedichte schrieb.
Dazu gehörten natürlich ihr Mann, ihre Tochter Valérie, ihre engste Vertraute und Hofdame Marie Gräfin von Festetics (*20.10.1839, †16.4.1923) und Vorleserin und innige Freundin Ida Gräfin von Ferenczy (*7.4.1839,†28.6.1928).
Die Hermesvilla wurde nach Anweisung von Kaiserin Elisabeth opulent ausgestattet und hatte die schönsten Möbel ihrer Zeit. Doch noch während der Lebensphase von Elisabeth tauschte sie die Möbel immer wieder aus, so dass die heutige Inneneinrichtung nicht mehr nachvollzogen werden kann.
Sie beschäftigte auch die bedeutensten Künstler des “Wiener Historismus”, die der Villa ihren ganz besonderen Charme gaben.
Foto: wien.gv.at Hans Markart
Am auffälligsten ist natürlich das Schlafzimmer von Kaiserin Elisabeth. Dies wurde von Kaiser Franz Joseph als Überraschung für seine Gattin von Hans Markart (*28.5.1840,†3.10.1884) bemalt. Eine seiner letzten Arbeiten.
Die Malart von Markart nennt sich im übrigen: “Akademische Kunst”
Als Elisabeth und Marie Valérie dies das erste Mal betraten, erstarrten sie zu Eis. Die Kaiserin wusste wohl nicht ob sie lachen oder weinen sollte, Valérie rannte davon.
Zugegeben, das Zimmer ist extrem überladen und kaum anzusehen.
Die Hermesvilla besaß eine opulente Innenausstattung, an der die bedeutendsten Künstler des Wiener Historismus beteiligt waren. Die originale Einrichtung ist allerdings nur zum Teil erhalten. Schon zur Zeit der Kaiserin wurden häufig Gemälde und Möbelstücke ausgewechselt.
Foto: mythoskaiserinelisabeth.com – PetraFoto: mythoskaiserinelisabeth.com – PetraFoto: mythoskaiserinelisabeth.com – PetraFoto: mythoskaiserinelisabeth.com – PetraFoto: mythoskaiserinelisabeth.com – PetraFoto: mythoskaiserinelisabeth.com – Petra Geheimtreppe Foto: mythoskaiserinelisabeth.com – Petra Bronzeskulptur “Melancholie”Foto: mythoskaiserinelisabeth.com – Petra Titania mit dem EselskopfFoto: mythoskaiserinelisabeth.com – PetraFoto: mythoskaiserinelisabeth.com – PetraFoto: mythoskaiserinelisabeth.com – Petra bayrishe Flagge
Foto: mythoskaiserinelisabeth.com – Petra Foto: mythoskaiserinelisabeth.com – PetraFoto: mythoskaiserinelisabeth.com – PetraFoto: mythoskaiserinelisabeth.com – PetraDas oppulente Schlafzimmer von Elisabeth
Das Prunkbett ist noch von Maria Theresia. Sie hatte es in Amstetten in einer Poststation benutzt, als sie auf dem Weg nach Innsbruck war.
Elisabeth hat keine einzige Nacht in diesem Bett verbracht. Sie ließ sich ein einfaches Bett an die Balkontüre schieben, um jederzeit die Sterne und den Wind sehen bzw. spüren zu können.
Im Schlafzimmer war auch hinter einer Tapetentüre eine Geheimtreppe, welche Kaiserin Elisabeth zur Flucht nutzen konnte. So konnte sie fliehen, wenn ungebetene Gäste kamen.
1894 ließ Kaiserin Elisabeth die Bronzestatue “Melancholie” aufstellen. Sie sollte als Mahnmal für ihren verstorbenen Sohn Kronprinz Rudolf dienen.
Das ehemalige Turnzimmer ist ebenfalls von Hans Markart gestaltet worden, doch leider ist nicht mehr erhalten, als die Wandmalereien.
Die Wände sind in Anlehnung an pompejanische Vorbilder mit sieben Darstellungen antiker Sportarten bemalt.
An der Zimmerdecke prangen 4 Gemälde, die eine Hirschjagd, ein Wettrennen, eine Kampfszene sowie ein Wettfahren zeigen.
Da Markart starb, schlossen die Maler August Eisenmenger (*11.2.1830, †7.12.1907), von Hugo Charlemont (*18.3.1830, †18.4.1939) und Adolf Falkenstein (*unbekannt, †31.12.1929) die Arbeiten ab und drückten dem Zimmer nochmals ihren ganz eigenen Stempel auf.
Die ehemalige Einrichtung bestand aus einem Turnapparat, einem Schwebebalken und zwei Garnituren von Ringen. Sie ist weder erhalten, noch wurde sie wieder hergestellt.
Hier wäre es ganz hübsch und das Haus sehr gut bewohnbar, wenn das Wetter etwas günstiger wäre, allein so ist es meistens recht kalt, der häufige Regen macht den Boden feucht und außerdem bläst meistens ein recht heftiger Wind.
Kaiser Franz Joseph an Katharina Schratt, 30.5.1887
Foto: mythoskaiserinelisabeth.com – Petra ehem. Arbeitszimmer Kaiser Franz JosephFoto: mythoskaiserinelisabeth.com – Petra ehem. Arbeitszimmer Kaiser Franz JosephFoto: mythoskaiserinelisabeth.com – Petra ehem. Arbeitszimmer Kaiser Franz Joseph, neues KaminbildFoto: mythoskaiserinelisabeth.com – Petra ehem. Arbeitszimmer Kaiser Franz Joseph, neues KaminbildFoto: mythoskaiserinelisabeth.com – Petra ehem. Arbeitszimmer Kaiser Franz JosephFoto: mythoskaiserinelisabeth.com – Petra ehem. Arbeitszimmer Kaiser Franz JosephFoto: mythoskaiserinelisabeth.com – Petra ehem. Arbeitszimmer Kaiser Franz Joseph, Original-KaminbildFoto: mythoskaiserinelisabeth.com – Petra ehem. Arbeitszimmer Kaiser Franz JosephFoto: mythoskaiserinelisabeth.com – Petra ehem. Schlafzimmer Kaiser Franz JosephFoto: mythoskaiserinelisabeth.com goldenes Relief oberhalb der Arbeitszimmertüre von Kaiser Franz Joseph abgebildet: Kronprinz Rudolf und Kronprinzessin Stephanie
Im ehemaligen Arbeitszimmer von Kaiser Franz Joseph ist am auffälligsten das “Jugendstil”-Bild von Kaiserin Elisabeth mit dem weißen Hund oder Pferd; so genau kann man nicht erkennen, was es für ein Tier darstellen soll.
Das Kaminbild wurde ausgetauscht und – wahrscheinlich – von Marie Valérie mitgenommen. Damit der Kamin nicht ohne Bild auskommen muss, hat man dieses – wie ich persönlich finde – abscheuliche Portrait angebracht.
Das ehemalige Gaderobenzimmer der beiden Eheleute ist heute ein Durchgangszimmer.
Am 13.6.1886 ertrank ihr Cousin 2. Grades König Ludwig unter mysteriösen Umständen im Starnberger See. Zu seinem Gedenken ließ sie dieses Bild aufhängen. Kaiserin Elisabeth glaubte ihr Leben lang nicht an die Unfalltheorie.
Die Aufenthaltsdaten von 1887 – 1891 sind nicht erhalten.
Ab 1891:
2.5. – 19.5.1891 25.5. – 30.6.1891
3.5. – 15.6.1892
1.5. – 30.6.1893
23.4. – 23.6.1894
12.5. – 1.7.1894 (mit kurzer Unterbrechung für einige Tage in Gödöllö) 24.8. – 24.9.1894
1.5. – 7.5.1897
1.6. – 2.7.1898
Am 14.10.1898 wurde Erzherzogin Marie Valérie ins Grundbuch eingetragen.
Sie ließ die Villa für ihre 9köpfige Familie (7 Kinder und Ehemann Franz Salvator) adaptieren. Das Ehepaar lebte von 1903 bis 1906 durchgehend in der Hermesvilla im Obergeschoss. Die Kinder bewohnten das Untergeschoss.
Foto: mythoskaiserinelisabeth.com – Petra Erzherzogin Marie Valérie, Erzherzog Franz Salvator und ihre 7 Kinder
Foto: National Gallery Prince George and Princess Marina
1904 empfing die Erzherzogin den englischen Thronfolger Prince George (*20.12.1902, †25.8.1942) und Ehefrau Princess Marina (*30.11.1906, †27.8.1968) in der Hermesvilla.
1906 wurde die Villa zu klein und die Familie zog ins neu renovierte Schloss Wallsee.
Foto: mythoskaiserinelisabeth.com – Petra
Die stattliche alte Ansicht der Hermesvilla mit dem Garten. Der gesamte zweite Stock war dem Personal vorbehalten und ist heute gesperrt.
Da die Villa eine private Wohnstätte der Eheleute war, gab es keine Repräsentationsräume.
Obwohl Marie Valérie die Hermesvilla an den Hofärar verkaufte, trug die Erhaltungskosten bis zu seinem Lebensende Kaiser Franz Joseph.
1918/19 wurde ein Invalidenspital für Kriegsversehrte in die Nebengebäude eingerichtet.
Im Jänner 1919 wurde in der Hermesvilla eingebrochen und zahlreiche historische unersetzbare Kostbarkeiten gestohlen.
Aufgrund dieses (unaufgeklärten) Einbruchs wurden 700 Möbelstücke, Bilder und sonstige Kunstgegenstände in das Hofmobiliendepot gebracht.
Das Tafelsilber der Hermesvilla wurde in die Hofsilberkammer der Hofburg Wien zur Aufbewahrung übergeben.
Danach wurde die Villa bis zum zweiten Weltkrieg vergessen.
1922 wurde die Villa an den Kriegsgeschädigenfonds übergeben und 1937 wurde die Republik Österreich die rechtmäßigen Besitzer. Diese richteten im 1. Stock ein kleines Museum ein, doch zu sehen, war kaum etwas.
Als der 2. Weltkrieg ausbrach, wollte Hermann Göring die Villa für sich und seine Jagdgäste beanspruchen; ein Glück, dass es nicht so weit kam.
Die Hermesvilla überstand den 2. Weltkrieg unbeschadet, verfiel aber zusehends. 1945 fiel die russische Wehrmacht in das Schloss ein und bsetzte es bis 1950.
Der schwere Vandalismus der Russen kannte kaum eine Grenze. Die Hermesvilla hatte schwerste Mängel erlitten.
Stimmen wurden laut, dass die Villa abgerissen werden sollte.
Foto: parlament.gv.at Bruno Marek
Wiens Bürgermeister Bruno Marek (*23.1.1900, †29.1.1991) war nicht nur passionierter Jäger, sondern er wusste auch, dass hier ein Kulturgut zum Schützen war.
Er veranlasste, dass die Hermesvilla gerettet werden müsste.
Der Bürgermeister von Wien ließ 1971 den “Verein der Freunde der Hermesvilla” gründen und unternahm eine umfangreiche Restaurierung, welche 1979 abgeschlossen war. Seit dem verwaltet die Hermesvilla die Außenstelle des “Historischen Museum der Stadt Wien”, welche heute “Wien Museum” heißen.
Foto: mythoskaiserinelisabeth.com – Petra Holzstich für die Illustrierte Zeitung, 1888
Die Hermesvilla ähnelt sowohl in der Größe, als auch im Baustil der zur selben Zeit errichteten Schloss Rothschild in Reichenau a.d.Rax.
Foto: Wikimedia/Commons Schloss Rothschild, Reichenau a.d.Rax
Typisch für die Bauweise der damaligen Zeit ist die Mischung aus Renaissance- und Barockelementen.
Die elektrisch beleuchtete Straße zur Hermesvilla, war die erste in Wien ihrer Art. 1896 erhielt die Villa Sanitäre Räume und wurde an das Telefonnetz von Wien angeschlossen.
Im Stiegenhaus stand einst die berühmte Skulptur vom “Sterbenden Achilles”.
Foto: Wikipedia/Commons Sterbender Achilles
Gefertigt wurde er 1885 vom Bildhauer Ernst Herter (*14.5.1846, †19.12.1917). 1891 ließ Kaiserin Elisabeth Achilles nach Korfu bringen, wo er heute noch ist.
Foto: Wikimedia/Commons Ernst Herter & Ehefrau Elisabeth, 1885 Bildhauer Sterbender AchillesFoto: Wikimedia/Commons August Eisenmenger Maler, TurnzimmerFoto: Wikimedia/Commons Hugo Charlemont Maler, TurnzimmerFoto: Wikimedia/Commons Ignaz Weirich Bildhauer Aspasia
Seit 1898 steht links unter dem Stiegenhaus, kaum beachtet, die Marmorstatue “Aspasia”.
Sie wurde vom Bildhauer Ignaz Weirich (*22.7.1856, †1.12.1916) geschaffen.
Bevor ihr jetzt zum Tor zurückgeht, werdet ihr noch im Garten ein hässliches weißes Mamorungetüm entdecken.
Dies ist die Kaiserin Elisabeth Statue “Zwang-Flucht-Freiheit”, welche von Ulrike Truger 1998/99 geschaffen und in Wien-Mitte aufgestellt wurde.
Da sie aber für massloses Entsetzen und Beschwerden gesorgt hat, wurde sie zur Hermesvilla gebracht, wo sie relativ versteckt, unter Bäumen ihr Dasein fristet. Ehrlich gesagt: gut so
Das aus Carrara-Marmor gefertigte Monument zum 100. Todestag von Kaiserin Elisabeth hätte auch wirklich anders aussehen können.
Ihr werdet trotz aller Fehler die man hier macht, mit einem tiefen Seufzer des Bedauerns Abschied von der Hermesvilla nehmen.
Und tief in eurem Inneren habt ihr einen Ort aufgesogen, der unumwunden mit Kaiserin Elisabeth verwoben ist.
Und vielleicht hört ihr irgendwo im Gebüsch ein Rascheln von den Wildschweinen, denen man ganz unumwunden im Park begegenen kann.
Aber wer weiß: vielleicht ist es auch der schöne Geist von Kaiserin Elisabeth, die ihren Frieden mit der Villa gemacht hat und hierher kommt und sich nach der Ruhe sehnt, die sie im Leben nie hatte.
– Petra –
Foto: mythoskaiserinelisabeth.com – Petra Poster, Glasfenster Hermesvilla
Rechtliche Hinweise: Text: Petra Bildrechte: mythoskaiserinelisabeth.com – Petra, Wikimedia/Commons, amazon.de, Archiv Künstlerhaus, habsburger.net, wien.gv.at, National Gallery, parlament.gv.at, eichinger.ch
Literarische Hinweise:
1 – S.251 E.C.Conti Kaiserin Elisabeth von Österreich Tragik einer Unpolitischen Heine Verlag, 2. Auflage 1975 (nur noch antiquarisch erhältlich)
Zitate, Briefe und Gedichte Hinweistafeln Hermesvilla
Hermesvilla Führer Historisches Museum, 1981 (nicht mehr erhältlich)
Wilhelm Beetz Die “Hermes-Villa” in Lainz Mit einer kurzen Geschichte des Tiergartens Gerlach & Wiedling, 1. Auflage 1929 (nur noch antiquarisch erhältlich)
Michaela Lindinger Mein Herz ist aus Stein Die dunkle Seite der Kaiserin Elisabeth Amalthea, Wien 1. Auflage 2013 (nur noch antiquarisch erhältlich)
Das spanische Hofzeremoniell, wie es Romy Schneider als “Sissi, die junge Kaiserin” seitenweise von Hofdame Esterházy (Helene Lauterböck) in die Hand gedrückt bekam, um den “Unsinn” auswendig zu lernen, gab es nicht.
Es wurde zwar am Wiener Hof sehr streng das “Hofzeremoniell” abgehalten, doch wie so vieles in der Sissi-Trilogie ist auch das “Spanische Hofzeremoniell” eine reine Erfindung eines windigen 50er Jahre Regisseurs.
Das “Spanische Hofzeremoniell” wurde am Wiener Hof bis zu Kaiser Joseph II (*13.3.1741, †20.2.1790) praktiziert, danach wurde es immer wieder erweitert und nur noch “Hofetikette” oder “Hofzeremoniell” genannt. Dabei handelte es sich auch nicht um ein Heft oder Buch mit Paragraphen, welches auswendig gelernt werden musste – und schon gar nicht von Sisi – ergo von Kaiserin Elisabeth.
Das “Hofzeremoniell” wurde von den Herzögen von Burgund im 15. Jahrhundert entwickelt. Diese Herzöge entstammten aus einer Nebenlinie aus dem französischen Königshaus und herrschten über die Niederlande. Herzog Philipp “der Gute” (*31.7.1396, †15.6.1467) erweiterte das “Hofzeremoniell” in dem in weiterer Folge das “Goldene Vlies” und der “Ritterorden” dazu gehörte. Damit wollte er seine höchsten Untertanen adeln und auszeichnen.
Durch die Erbfolge gelangte die Niederlande an die Habsburger und so an Kaiser Karl V (*24.2.1500, †21.9.1558), der zuerst das Heilige Römische Reich und später in Spanien regierte. Er übernahm das Hofzeremoniell, nahm es nach Spanien mit und perfektionierte es. Sein Bruder Ferdinand (*10.3.1503, †25.7.1564), der zwischenzeitig Kaiser Ferdinand vom Heiligen Römischen Reich war, übernahm das
“Spanische Hofzeremoniell”
seines Bruders, welches bis zu Kaiser Joseph am Wiener Hof als Hofetikette verblieb.
Der Rest ist ein Ammenmärchen eines hübschen kitschigen Nachkriegsfilmes, der nichts mit der Wirklichkeit zu tun hat und leider bis heute den Unsinn verbreitet real zu sein.
Jeder Obersthofmeister gab sein Wissen an den neuen Obersthofmeister weiter und so wurde die Hofetikette erweitert und “etikettiert”. Von Audienzen, Hochzeiten, Staatstrauer, Begräbnissen, Huldigungen usw. war alles bis aufs Strengste festgelegt. Wer durfte wie lange vor den Kaiser treten, wie musste die Verbeugung aussehen und wer durfte das Goldene Vlies erhalten.
Wie kam es aber zum Goldenen Vlies oder was ist ein Obersthofmeister oder ein Flügeladjutant. Und welche Aufgabe hat genau eine Hofdame und warum musste diese unverheiratet sein? All diesen Fragen versuche ich mit diesem Beitrag auf die Spur zu gehen.
Beginnen wir mit der höfischen Anrede
Foto: ÖNB Kaiserin Elisabeth
Kaiserin Elisabeth wird heute vielerorts, vor allem im Internet, Facebook, Instagram, TV, Medien, Zeitschriften, Büchern und sogar in historischen Büchern Kaiserin Sisi genannt.
Ein Fauxpas und ein Frevel sondergleichen.
Kaiserin Sisi gab es nicht!
Sisi war ihr Kosename und den durften nur ihre aller engsten Vertrauten verwenden.
Diese waren ihr Mann Franz (Joseph), ihre Mutter, ihre Geschwister, ihre Schwägerinnenn und die Personen, denen sie das “Du” gestattete, usw.
Ihre Nichten und Neffen nannten sie “Tante Sisi” oder “Tante Elisabeth”.
Gisela, Rudolf und ihre geliebte Valérie nannten sie Mama.
Das Volk hatte ausdrücklich “Kaiserin Elisabeth” zu sagen. Die Anrede war ausdrücklich Ihre Majestät oder Ihre kaiserliche Hoheit.
Die Anrede der Dritten Person “Eure Hoheit” stimmt auch noch insofern, da es die Ausdrucksweise im 19. Jahrhundert durchaus noch gab und diese im Gespräch mit der Kaiserin verwendet wurde; also zB. “Darf ich Eurer Hoheit oder Eurer Majestät den Tee servieren lassen”.
Kaiser Franz Joseph moderne Schreibweise auch gerne Kaiser Franz Josef, wurde allseits als “Majestät” angesprochen. Die Anrede war allseits Seine Majestät oder Seine kaiserliche Hoheit. Auch hier galt noch die Anrede der Dritten Person “Eure Majestät”, vor allem, wenn seine Minister und Adjutanten im Raum waren.
Als Kind wurde er Franzi genannt. Diese Koseform, blieb dem inneren Kreis vorbehalten. Mutter, Vater, seine Brüder nannten ihn Franz(i) oder Majestät.
Elisabeth nannte ihren Mann Franz.
Er selbst unterschrieb seine Briefe an sie in den ersten Jahren mit Franz, später mit “Kleiner”, was in den letzten Jahrzehnten mit “Kl” abgekürzt wurde. Aber auch mit “Männeken” (was so viel wie Männchen bedeutet) unterschrieb er seine Briefe, die von 1859 – 1898 alle veröffentlicht sind.
Seine Neffen und Nichten durften ihn Onkel nennen, die meisten nannten ihn trotz allem “Majestät”, waren danach aber zumindest per du. Gisela, Rudolf, Valérie nannten ihn Papa.
Kommen wir nun zum Wirr Warr der Begrifflichkeiten
Adjutant
Foto: Wikimedia/Commons Maximilian Graf von O’Donnell, Flügeladjutant bei Kaiser Franz Joseph
Hier musste man unterscheiden zwischen “Flügeladjutant” und von Generaladjutanten. Ein Flügeladjutant stand im Rang eines Stabsoffiziers und wurde zur Unterstützung von zB. Kaiser Franz Joseph oder Kronprinz Rudolf eingesetzt. Flügeladjutant waren auch Feldmarschällen unterstellt.
Die Aufgabe eines Flügeladjutanten war es Befehle entgegenzunehmen, diese auszuführen, dem Kaiser oder dem Kronprinz rund um die Uhr zur Verfügung zu stehen (deshalb waren mehrere im Dienst).
Gab es eine Botschaft an den Kaiser oder den Kronprinz, war es die Aufgabe des Flügeladjutanten, diese an den Kaiser oder an den Kronprinz persönlich zu überbringen.
Die Stelle beinhaltete eine Vertrauens- und Verschwiegenheitsklausel. Wurde diese gebrochen, wurde die Person sofort aus dem k.u.k. Dienst entlassen.
Ein berühmt gewordener Flügeladjutant ist sicherlich Maximilian Graf von O’ Donnell (*29.10.1812, †14.7.1895) der Kaiser Franz Joseph 1853 vor dem Libényí Attentat bewahrt hat. Die Geschichte kann hier nachgelesen werden.
Ahnenprobe
Es gab ein unglaublich strenges Aufnahmereglement am “Wiener Hof” zB. für die Ernennung zum “Kämmerer” oder zur Aufnahme als “Hofdame”. Dabei wurde urkundlich geprüft, ob die eheliche Abstammung der Eltern einer gewissen Anzahl der Adeligen Urahnen bestätigt werden konnte.
8 Adelige Urahnen musste die Stammtafel aufweisen. Nur so durfte es zur Aufnahme als “Hofdame” bei einer Herrschaft oder als “Kämmerer” bei der Herrschaft kommen. Dabei war es wichtig, dass diese 8 Urahnen sowohl von der mütterlichen, als auch von der väterlichen Seite nachgewiesen werden konnten.
Aja/Ajo
ist spanisch und heißt Kindermädchen/Kindermann. Im Kaiserhaus wurden so die Erzieherinnen der Kaiserkinder genannt.
Diese verblieben bis zum 6. Lebensjahr bei ihren Zöglingen und mussten sich dann verabschieden.
Bei den männlichen Thronerben wurden dann Erzieher eingesetzt, meist aus dem Militär.
Beiden weiblichen Erzherzoginnen wurden danach Erzieherinnen gewählt, die ihnen das weitere Weltgeschehen beibrachten wie zB. das tadellose Benehmen, Tee trinken in guter Gesellschaft usw.
Ajas waren stets Adelige Damen, manchmal sogar Witwen, meistens nicht einmal selbst Mütter.
Foto: Wikimedia/Commons Louise Baronin von Sturmfeder Aja von Franzi, Maxi, Karli, Ännchen und Luzi-Wuzi den Kindern von Erzherzogin Sophie Kaiser Franz Joseph verehrte sie Zeit ihres Lebens
Züchtigung gehörte zum “guten Ton” und durfte von Ajas auch in der Öffentlichkeit durchgeführt werden. Später wurde die Züchtigung vom militärischen Erzieher übernommen (ich möchte an die Peinigung von z.B. Herzog Max oder Kronprinz Rudolf erinnern). Herzog Max kann hier nachgelesen werden.
Kaiser Franz Joseph schrieb stets liebevoll von seiner Aja Louise Baronin von Sturmfeder (*3.10.1789, †10.9.1866).
Die Kindheit von “Gottes Gnaden bis zum Thron” von Kaiser Franz Joseph kann hier nachgelesen werden.
Foto: ÖNB, Karoline Freifrau von Welden “Wowo” Kinderfrau von Erzherzogin Gisella und Kronprinz Rudolf mit Mutter Kaiserin Elisabeth in Venedig
Auch die Kaiserkinder Erzherzogin Gisela (*12.7.1856, †27.7.1932) und Kronprinz Rudolf (*21.8.1858, †30.1.1889) verehrten ihre Aja so sehr, dass sie ihr sogar einen Kosenamen gaben.
Karoline Freifrau von Welden (*13.4.1812, †6.8.1912) “Wowo” wurde innig geliebt und gerade Rudolf, der ihr entrissen und Leopold Graf Gondrecourt (*13.5.1816, †22.5.1888) zum militärischen Drill übergeben wurde, litt Zeit seines Lebens unter diesem Liebesentzug und Züchtigungen dieses bösartigen Grafen.
Wobei man mit der Wahl der Freifrau von Welden außerhalb der Hofburg wieder einmal ätzte:
“Würzburg, 1862 Liebe Eva! Aber sage mir ganz unter uns “Welche Wahl von einer Aja!” Die gute Welden, die in ihrem Leben kein kleines Kind noch gesehen hat, die gar nicht davon versteht und etwas sehr Unentschlossenes hat! dabei eine schwache Gesundheit – in München ging sie zur Kurheim um nur zu lernen, ein Kind auf den Arm zu nehmen! Sie war diesen Herbst hier, ich sah sie – ohne den Titel des Mannes wäre Sie unbedeutend wie früher! Sie ist herzlich gut, aber langweilig – aber halt mir meinen Mund – wer ist denn auf diesen Gedanken gekommen? Sie hat aber vermuthlich nur den Namen ohne die Pflichten anordnen zu müssen. Es fiel ihr sehr schwer – die die Stelle anzunehmen, sagt man! … Crescenz (5)
Crescenz Baronin von Speth war die Schwägerin der Briefeempfängerin. Nähere Erläuterungen dazu am Berichtsende.
Über die ambivalente Ehe und das Schicksal der Kinder kann hier nachgelesen werden.
Audienz
Foto: hofburg-wien.at Audienzraum mit Stehpult, Hofburg Wien
Jeder Bürger durfte dem Kaiser zweimal pro Woche persönlich vorsprechen. In streng reglementierten Audienztagen wurden die Namen in die Audienzbücher (heute im Sisi Museum zu besichtigen) eingetragen.
Jeder Bürger bekam einen festen Termin für seine Vorsprache. Die Bittstellung musste vorher dem Ministerium vorgelegt werden, welche danach vom Kaiser persönlich geprüft wurde.
Dies konnte eine persönliche Danksagung sein, eine Fürbitte, ein Wunsch oder eine Art Begutachtung. Die Wiener Zeitung veröffentlichte zweimal in der Woche die Audienznehmer, so dass die Bürgernähe des Kaisers demonstrativ vorgeführt wurde.
Die Audienz selbst war streng reglementiert und brachte per se nichts mehr Neues:
Um Punkt 10.00 Uhr morgens begann Kaiser Franz Joseph die Audienz, so dass sich die Bittsteller in den Warteräumen der Hofburg oder von Schloss Schönbrunn einzufinden hatte (je nach dem wo sich Kaiser Franz Joseph gerade aufhielt).
Foto: Wikimedia/Commons Kaiser Franz Joseph
Dabei war eine strenge Kleiderordnung einzuhalten: Die Herren mussten Frack tragen. Herren vom Militär selbstverständlich ihre Uniform. Die Damen vom Volk ein hochgeschlossenes Kleid.
Jeder Bürger und die Herren vom Militär hatten Handschuhe zu tragen. Bürger aus den ländlichen Orten mussten ihre jeweilige Landestracht tragen, was zuweilen ein buntes Bild in den Wartesälen abgab.
Ein Mitarbeiter des Obersthofmeisters machte den Audienznehmer mit den Grundregeln der Audienz vertraut:
– den Kaiser niemals von sich aus ansprechen – dem Kaiser niemals den Rücken zukehren – dem Kaiser niemals persönliche Fragen stellen
Danach wurde der Bürger mit dem Namen aufgerufen und vom Adjutant in einen Vorraum gebracht, wo der Name erneut mit dem Audienzbuch verglichen wurde.
Schließlich rief ihn der Kammeransager laut auf. Die Türe wurde aufgemacht und der Audienznehmer stand vor dem Kaiser.
Sofort nach dem Eintreten hatte der Bürger eine tiefe Verbeugung und die Bürgerin einen tiefen Knicks zu machen. Konnte dies der Bürger oder die Bürgerin nicht, wurde dieser zuvor im Wartesaal mit einem Mitarbeiter des Hofes geübt.
Erst nach der Aufforderung des Kaisers durfte sich der Bürger oder die Bürgerin erheben.
Danach fragte der Kaiser nach dem Namen und sah in seinem Audienzbuch nach, ob der Name darin stimmte.
Danach durfte der Besuch sein/ihr Anliegen vortragen und bekam die Antwort von Seiner Majestät.
Nach exakt 3 Minuten wurde die Türe geöffnet und die Audienz war vorbei.
Der Besuch hatte sich nochmals zu verbeugen und mit dem Gesicht zum Kaiser, mit dem Rücken zur Tür, hinauszugehen.
Über 100 Personen schaffte Kaiser Franz Joseph so an einem Audienztag.
Erst im hohen Alter reduzierte er auf die Hälfte. Bis zuletzt stand der Kaiser all die Stunden an seinem Pult während der Audienz.
Nach den Audienzen fanden die offiziellen Gespräche mit Ministern, Abgeordneten undStatthaltern statt, welche von Kaiser Franz Joseph persönlich eingeladen wurden.
Es war unumgänglich, dass die Herren gut vorbereitet auf das Gespräch waren, denn der Kaiser liebte es, gut informiert zu sein und war auf jede Antwort gewappnet und konnte die Herren immer wieder aus der Fassung bringen, in dem er mehr wusste, als sie selbst.
Er fragte mehrere Personen zum gleichen Thema, um sich so ein besseres Bild von einem Problem zu machen.
Er wusste, dass er viele “Speichellecker” um sich hatte, die ihm nicht die Wahrheit sagen wollten.
Cortège
ist das französische Wort für Prozession.
Dieses Wort wurde eingesetzt für das Gefolge unter einem Herrscher oder Herrscherin bei offiziellen Anlässen.
Das heißt nichts anderes, als wenn es zu öffentlichen Auftritten des Königs, der Königin, des Kaisers oder der Kaiserin kam, folgten ihnen 100erte von Adeligen Leuten – der sogenannte Hofstaat.
Dieses nannte man Cortège. Unter ihnen befanden sich: Hofdamen (bei Königin/Kaiserin), Geheime Räte, Kämmerer (bei König/Kaiser), Palastdamen, Truchessen (bei König/Kaiser) (weiter unten erklärt) usw.
Dies war einerseits eine große Ehre, andererseits auch eine lästige Pflicht. Die Damen hatten jedes Mal in schönster Toilette zu erscheinen, was einen unheimlichen teuren Aufwand mit sich brachte.
Goldene Vlies
Foto: KHM Wien Großmeistermantel
Foto: Wikimedia/Commons Goldene Vlies
Wie oben beschrieben, rief Herzog Philipp “der Gute” den Orden anlässlich seiner Hochzeit ins Leben.
Er wurde der Heiligen Jungfrau Maria gewidmet und steht für den Schutz der Kirche und die unbefleckte Ehre des Rittertums.
An einer Collane (Ordenskette) hängt ein goldenes Widderfell.
Sowohl das Haus Habsburg, als auch das Haus Bourbonen, also der spanische König tragen das Goldene Vlies.
Heute ist es Karl (von) Habsburg (*11.1.1961) und König Felipe (*30.1.1968).Sie sind die Großmeister des Ordens und können bis heute Ordensmitglieder aufnehmen.
In Wien leistet man bis heute den Schwur vor dem Schwurkreuz, welches in der Schatzkammer Wien zu sehen ist. Der Ordenstag ist der 30.11., an dem bis heute feierlich Messen zelebriert und neue Mitglieder aufgenommen werden.
Kaiser Franz Joseph war zu seiner Zeit Großmeister und vergab nicht nur an seine Familie den Orden, sondern auch an jene Personen die seiner Meinung nach die Tugend und Ehre hatten, diesen zu Erlangen.
Die Verleihung wurde von Kaiser Franz Joseph in einem Großmeistermantel zelebriert und die zukünftigen Ritter des Ordens sahen dies als Privileg für ihre Verdienste rund ums Hause Habsburg an.
Das Goldene Vlies war demnach kein Geburtsrecht.
Alle Ordensmitglieder halten wie ein unzertrennliches Band zusammen und sind gleichberechtigt.
Bei allen Feierlichkeiten bei Hofe waren diese nicht nur eingeladen, sondern hatten in allem auch Vorrang und Vortritt.
Es gab nur eine Ausnahme: waren gekrönte Häupter anwesend, mussten diese zuerst begrüßt oder bedient werden.
In Wien sind bis heute nur katholische Ordensmitglieder erlaubt, in Spanien nimmt man mittlerweile auch protestantische Gläubige auf.
Der Orden des Goldenen Vlieses ist der älteste und bedeutendste Ritterorden der Welt. Obwohl es in Österreich keine Monarchie mehr gibt, wird der Orden im Hause Habsburg bis heute hochgehalten.
Hofdame
Eine Hofdame war ein hoch angesehener Beruf und nur Frauen aus dem Adel vorbehalten.
Anders als bei Palastdamen, der rein ehrenamtlich durchgeführt wurde, wurde eine Hofdame entlohnt, bekam eine Abfertigung und wenn sie wegen zu hohen Alters aus dem Dienst ausschied, sogar eine Pension ausbezahlt.
Bevor eine Hofdame aufgenommen wurde, musste diese die strenge Ahnenprobe überstehen, welche die Voraussetzung für den Dienst bei Hofe war.
Die Hofdame hatte aus gutem Haus zu sein, eine fundierte Ausbildung zu haben, musste mehrere Sprachen sprechen und musste unverheiratet sein.
Sie konnte sich für diesen Posten nie bewerben, sondern sie wurde ernannt. Die Hofdame die auserkoren wurde, erhielt ein formelles “Ernennungsdekret”.
Thema Hofdame wird weiter unten ausführlicher erläutert.
Hoffähigkeit
Diese wurde streng reglementiert und war nicht Jedermann gestattet.
Den Zutritt zur kaiserlichen Familie war Familien erlaubt, die die Ahnenprobe bestand (die strenge Variante). Diese wurde auch zu Festlichkeiten wie zB. auf Hofbällen eingeladen.
Es gab aber auch noch andere Personen die Zutritt erhielten. Diese waren durch ihre besondere Stellung bei Hofe dazu würdig der kaiserlichen Familie vorgestellt zu werden oder an den Festlichkeiten teilzunehmen.
Diese waren Diplomaten, Offiziere der Wiener Garnison und Ordensritter. Ansonsten stand der engere Kreis nur standesherrlichen Familien und Hofwürdenträgern zu.
Da diese Mitglieder alter Adelsfamilien allerdings zahlreich waren, tummelten sich auf diesen Veranstaltungen zahlreiche Personen und dienten u.a. zur Heiratsvermittlung.
Mehr als 300 (!) Familien zählten damals zur ständigen Hocharistokratie und somit zur Hoffähigkeit.
Anders als bei anderen Höfen Europas, hatte man in Wien die Türen für den Geldadel noch nicht geöffnet.
Kaiser Franz Joseph liebte es aber ihm treue Bürger in den Adelsstand zu erheben und so Zutritt zum Kaiserhaus zu verschaffen.
Dabei war es egal ob diese reich waren oder nicht.
Kaiser Franz Joseph erhob so manchen als “Truchsessen” (weiter unten erklärt), diese durften dann auch an der Hoftafel oder an großen Festlichkeiten teilnehmen, was das Hofzeremoniell ziemlich durcheinander brachte.
Es war von “wer wo gehen, stehen und sitzen durfte” alles geregelt. Je älter eine Adelsfamilie war, desto höher der Rang bei Hofe. Eine schiere Mammutaufgabe für den Obersthofmeister.
Hofsprache
Schon unter Maria Theresia sprach man am Wiener Hof französisch. Dies erklärt, warum so viele Begriffe in französischer Sprache sind.
Allerdings war es schon bei (Kaiserin) Maria Theresia so, dass ein sehr lockerer Umgangston herrschte und der Wiener Dialekt vorrangig gesprochen wurde.
Nur wenn das Personal so gar nicht mitbekommen sollte, was besprochen wurde, sprach das Kaiserpaar französisch miteinander.
Unter Kaiser Franz Joseph war dies nicht anders, wenn auch die französische Sprache schön langsam aus dem Alltag verschwand.
Nunmehr zog die ungarische Sprache ins Haus ein. Nicht nur wegen Kaiserin Elisabeth, die dadurch Erzherzogin Sophie (*27.1.1805, †28.5.1872) eins auswischte.
Die meisten Bediensteten, Erzherzogin Sophie, sowie ihr Mann und der Wiener Adel verstand kein ungarisch. Nur Kaiserin Elisabeth, Kaiser Franz Joseph und Erzherzogin Marie Valérie sprachen fließend die Landessprache.
Am Wiener Hof wurde deutsch, böhmisch, ein bisschen ungarisch (Bedienstete und beim Militär) und natürlich französisch gesprochen.
Kaiser Joseph II machte die deutsche Sprache – bzw. das Wienerische – am Hof salonfähig. Er setzte sich auch dafür ein, dass Mozart die Opern in deutscher Sprache schrieb.
Foto: Wikimedia/Commons Kaiserin Elisabeth und Helene von Thurn und Taxis (Néné)
Eine völlige unbekannte Sprache war damals noch die englische Sprache. Kaiserin Elisabeth und ihre Schwester Helene “Nénè in Bayern (*4.4.1834, †16.5.1890), verheiratete Thurn und Taxis sprachen Zeit ihres Lebens nur englisch miteinander. Schon allein deshalb, da sie wussten, dass niemand sie belauschen konnte.
Kämmerer
Nur ein Mann durfte beim Kaiser “Kämmerer” werden. Zuvor hatte man die strenge Ahnenprobe zu bestehen.
Das Amt des “Kämmerers” war ein Ehrenamt und wurde bereits im Mittelalter gegründet. Dieser hatte den “Goldenen Schlüssel” über.
Seine Aufgabe war es bei Festen zu erscheinen, Botschaften und Gratulationen entgegenzunehmen und bei Begräbnissen das Geleit innerhalb der Kaiserfamilie zu übernehmen.
Die Aufgabe eines “Kämmerers” wurde sehr ernst genommen und war eine ehrenvolle Tätigkeit.
Wer “Kämmerer” werden durfte, konnte sich glücklich schätzen.
Marschallstafel
Zu dieser Tafel wurden jene Gäste geladen, die nicht an der Haupttafel mit der kaiserlichen Familie geladen waren. Hier speiste man nicht mit dem Kaiser oder der Kaiserin, sondern mit dem Obersthofmarschall oder einem Kammerherr.
Obersthofmarschall
Er war zuständig für die Fideikommisse der gebundenen Vermögen etlicher adeliger Familien (heute würde man es Familienstiftung nennen) und diente als Zivilgerichtsbehörde der kaiserlichen Familie und anderer Familien die diesen Sonderstatus genossen.
Obersthofmeister
Foto: Wikimedia/Commons Franz Freiherr von Nopcsa Obersthofmeister Ihrer Majestät
Der Obersthofmeister unterstand dem Kaiser und war der engste Mitarbeiter des gesamtes Hofstaates.
Ihm unterstand nicht nur das gesamte Dienstpersonal, sondern auch die Verwaltung der Finanzen und die Garde.
Sein Einfluss reichte bis hinunter in die Hofküche und bis zur Hofoper. Was er sagte, war Gesetz.
Ab 1895 wurde sogar das Hofmarschallamt in Ungarn dem Obersthofmeister in Wien unterstellt.
Diese Stelle war hochbezahlt und hochangesehen.
Das Amt wurde hochpolitisch angesehen, hatte der Obersthofmeister direkten Zugang zum Kaiser und so auch enormen Einfluss auf diesen.
Obersthofmeisterin
Foto: Wikimedia/Commons Pauline von Aulendorf-Königsegg geb. Bellegarde
Die Obersthofmeisterin war das Pendant zum Obersthofmeister und der Kaiserin unterstellt, wobei die Kaiserin auch einen Obersthofmeister, der Kaiser jedoch keine Obersthofmeisterin hatte.
Sie hatte den gesamten Hofstaat der Kaiserin inne. Sie stellte das Personal ein, kündigte es wieder, sorgte für die Einhaltung der Etikette, bearbeitete Urlaubsanträge und sorgte bei Krankheitsausfällen für Ersatz.
Was die Obersthofmeisterin anordnete musste geschehen, so wollte es das Gesetz des Wiener Hofes.
Sie sorgte für Zucht und Ordnung. Die Stelle war nicht nur hochbezahlt und -angesehen, sondern auch enorm anstrengend.
Kaiserin Elisabeth verlangte äußerste Disziplin und hatte nicht öfters Querelen mit ihren Obersthofmeisterinnen auszufechten. Diese nahm - in allen Belangen - großen Einfluss auf sie.
Im Gegensatz zu Hofdamen, durften Obersthofmeister und Obersthofmeisterinnen verheiratet oder gar Witwe/r mit Kindern sein.
Oftmals sogar miteinander, wie das Beispiel “Gräfin Bellegarde” zeigte:
Zuvor war Pauline Gräfin von Bellegarde (*2.4.1830, †27.5.1912) Hofdame. Da Pauline Elisabeth wichtig wurde, schied diese, als sie heiraten wollte, nicht wie sonst üblich aus dem Dienst aus, sondern wurde ihre Obersthofmeisterin.
Sie hatte sich in den schneidigen Flügeladjutant von Kaiser Franz Joseph Alfred von Königsegg-Aulendorf (*30.6.1817, †27.10.1898) verliebt und dieser hielt um ihre Hand an. Am 15.7.1857 heiratete das Paar.
Um ihre Vertraute nicht zu verlieren, machte die Kaiserin Alfred kurzerhand zu ihrem Obersthofmeister.
ObersthofmeisterinPaulineGräfin Aulendorf-Königsegg und ObersthofmeisterAlfredGraf Aulendorf-Königsegg verblieben somit im Dienste Ihrer Majestät, auch wenn das Verhältnis danach nicht mehr ganz so vertraut war.
Auch hier ist der Sissi-Film mit Romy Schneider eine nicht recherchierte Filmphantasie. Graf Bellegard wurde nicht während des Ungarn Aufstandes erschossen, sondern Gräfin Bellegarde war einfach der Mädchenname der Hofdame.
Ein Schicksal einer Obersthofmeisterin möchte ich hier erwähnen, dass mich schlichtweg traurig stimmte.
Jenes von Maria Theresia Landgräfin zu Fürstenberg, geb. Prinzessin zu Schwarzenberg (*14.10.1780, †9.11.1870).
Foto: Wikimedia/Commons Kaiserin Maria Anna
Sie war mit Friedrich Landgraf zu Fürstenberg (*26.1.1774, †4.2.1856) per Liebesehe verheiratet und hatte mit ihm 10 Kinder.
Kaiser Franz II/I (*12.2.1768, †2.3.1835) hatte Maria Theresia 1831 zur Obersthofmeisterin von Maria Anna Prinzessin von Savoyen bestimmt.
Prinzessin Maria Anna (*19.9.1803, †4.5.1884) wurde mit dem geistesschwachen und jähzornigen Ferdinand (*19.4.1793, †29.6.1875) verheiratet und ertrug ihr Schicksal bravourös. Am 2.3.1835 starb Kaiser Franz II/I und Ferdinand und Maria Anna wurden zum neuen Kaiserpaar.
Die Familie Landgraf zu Fürstenberg lebte auf Schloss Weitra im Waldviertel und so musste Vater Friedrich sich um die große Kinderschar (natürlich mit Personal) alleine kümmern.
Nur in ihren Urlauben sah die Mutter ihre Kinder.
Ein Glück im Unglück hatte das Ganze.
Friedrich konnte nicht gut mit Geld umgehen und verspekulierte sich ein paar Mal, so dass er viel Geld verlor. Das hohe Gehalt seiner Gattin bot der großen Familie einen guten Lebensstil.
Aus heutiger Sicht kann man sagen, dass die Familie zu Fürstenberg, damals schon eine moderne Ehe führte.
Die Frau brachte das Geld nach Hause und der Mann kümmerte sich dafür um die Kinder.
Oberzeremonienmeister – Zeremonienmeister
Foto: habsburger.net Kaiser Franz Joseph ist hier in Begleitung des adeligen Cortèges abgebildet: Voranschreitend der Oberzeremonienmeister und der Obersthofmeister, danach Franz Joseph mit seiner Tochter Marie Valérie, gefolgt vom Adel des Hofes, nach Rang geordnet.
Der Oberzeremonienmeister hatte die Aufgabe bei den Hofbällen oder Ball bei Hofe die organisatorische, logistische und repräsentative Aufgabe zu übernehmen.
Der Oberzeremonienmeister hatte unter sich noch Zeremonienmeister die ihm halfen die Aufgaben zu bewältigen. Alle unterstanden aber dem Obersthofmeister.
Am Tag des Balles war es seine Aufgabe das Eintreten der Herrschaft anzukündigen.
Palastdame
Im Gegensatz zur Hofdame, war die Palastdame ein Ehrenamt und durfte von verheirateten Frauen ausgeübt werden.
Die Palastdame war ein sehr begehrtes Amt, allerdings auch sehr kostspielig (wie übrigens auch jenes der Hofdame, doch untenstehend mehr dazu).
Wie die Kämmerer hatten die Palastdamen zu gewissen Terminen pflichtmäßig zu erscheinen, weshalb diese im Turnus Dienst hatten und verschiedene Repräsentationsaufgaben übernahmen.
So mussten die Palastdamen zu den Hofbällen erscheinen, zum Ball bei Hof, Neujahrscours (Neujahrsempfang des Kaisers), allen hohen kirchlichen festlichen Feiertagen und zur Fronleichnamsprozession.
Dies war insofern kostspielig, da jedes Mal eine neue Toilette sein musste. Die Palastdame konnte/durfte nicht im selben Kleid auf jedem Fest erscheinen.
Standesgemäß
Foto: Wikimedia/Commons Franz Ferdinand und Sophie mit ihren Kindern Sophie, Max und Ernst
Wurde in einem Kaiser- oder Königshaus geheiratet, musste die Ahnenprobe gemacht werden.
Diese war jetzt nicht so streng, wie bei der Aufnahme zur “Hofdame”, allerdings, musste die Heiratskandidatin “standesgemäß” sein.
Das hieß hier musste sie aus einem regierenden standesherrlichen Herrscherhaus kommen. War dies nicht der Fall, wurde die Ehe als “morganatisch” – also nicht ebenbürtig (unstandesgemäß) – eingestuft.
Diese morganatische Ehe hatte oft zur Folge, dass die Kinder nicht als Thronerben eingesetzt werden durften oder die Ehe gar nicht zustande kam. Beispiele dieser Art gab es viele.
Foto: Wikimedia/Commons Ferdinand und Berta Burg
Erzherzogin Isabella (*17.11.1888, †6.12.1973) die ihren Arzt nicht heiraten durfte und lieber unverheiratet blieb, Erzherzog Franz Ferdinand der sich in die Hofdame Sophie von Chotek verliebte, diese ehelichen durfte, allerdings mit der Auflage, dass die Kinder keine Thronansprüche stellen dürften. Seine Frau wurde Fürstin von Hohenberg. Die Geschichte dazu findet ihr hier.
Es gab aber auch traurige Fälle von morganatischen Ehen.
Es gab deswegen Ausschlüsse aus dem Kaiserhaus, wie zB. Erzherzog Ferdinand Karl, der sich in Berta Czuber verliebte. Die unglückliche Geschichte, könnt ihr in der Biografie seiner Mutter nachlesen (hier).
Sternkreuzdame – Sternkreuzorden
Foto: Wikimedia/Commons Sternkreuzorden
Der Sternkreuzorden wurde am 3.5.1668 von Kaiserin Eleonore (*18.11.1628, †6.12.1686) gegründet. Papst Clemens IX gab am 28.7.1668 seinen Segen dazu.
Dieser sollte zur Andacht “zum heiligen Kreuz, des tugendhaften Lebens und wohltätiger Handlungen in Wien” gestiftet werden.
Die Aufnahme in den Sternkreuzorden entsprach in etwa dem Ehrentitel eines Kämmerers, der zur selben Zeit gegründet wurde.
Die Anzahl der Sternkreuzdamen wurde wie die eines Kämmerers nicht beschränkt, allerdings wurde auch hier eine strenge Ahnenprobe vorgeschrieben.
Die Ernennung zu einer Sternkreuzdame darf immer nur von einer österreichischen Erzherzogin vorgenommen werden. Immer noch steht die Verehrung des Heiligen Kreuzes und die Barmherzigkeit an oberster Stelle.
Der Orden besteht bis heute.
Seit 2010 trägt diese Würde Gabriela (von) Habsburg-Lothringen (*14.10.1956).
Stiftsdamen
Foto: Wikimedia/Commons Ordensgewand einer Kanonissin
Dies waren klosterähnliche Stifte in denen adelige Damen, meistens Witwen oder unverheiratete adelige Frauen lebten, die sich Gott widmeten (oder Gott widmen mussten).
Die adelige Äbtissin (Oberste des weltlichen Stiftes) nahm der adeligen Kanonissin (die eintretende Gläubige) das Gelübde ab.
Hierbei handelte es sich lediglich um das Keuschheits- und das Gehorsamkeitsgelübde des weltlichen Klosters. Die Einrichtung des Stiftes war komfortabler als jenes eines geistlichen Klosters.
Die Damen durften ein paar ihrer eigenen Möbel mitnehmen, die Dienerschaft durfte in anliegenden Häusern unterkommen, das Essen war nahrhafter und mit Pfründen (Schenkungen) wurde das Stift erhalten.
Vor allem Witwen nahmen dies gerne als Alterssitz in Anspruch.
Familien deren Tochter unverheiratet blieb, steckten diese oft in solche weltliche Klöster, weil sie hofften, dass sie aus diesem doch noch verheiratet wurden. Oftmals hatten die Familien Erfolg. Stiftsdamen hatten das Glück heiraten zu dürfen.
Suite
bedeutet “Gefolge” und kommt ebenfalls aus dem Französischen.
Die Suite ist die Begleitung eines jeden Feldherren durch seinen Adjutanten oder seiner höchsten Offiziere, die ihn stets begleiten.
Zum Teil ist in historischen Büchern von “a la suite” zu lesen. Hier ist das gesamte Gefolge des Feldherren gemeint (falls es nicht übersetzt wurde, wisst ihr jetzt was gemeint ist).
Truchsessen
Foto: Wikimedia/Commons Verleihung der Truchsessen-Würde im Königreich Ungarn für Anton Pongracz, 1780
Auch dieser Begriff kam aus dem Mittelalter, hatte aber im Gegensatz zu diesem im 19. Jahrhundert unter Kaiser Franz Joseph bereits eine andere Funktion.
Während es im Mittelalter noch der Aufseher für die fürstliche Tafel war und sich dies im Laufe der Zeit zum Vorsteher der Hofhaltung geändert hatte, nahm der Verlauf im 19. Jahrhundert eine völlig andere.
Das Amt wurde ehrenamtlich ausgeführt, weshalb Kaiser Franz Joseph die Freiheit hatte tausende Bürger in den Adelsstand zu erheben und ihnen diesen Titel und damit Zugang bei Hofe zu gestatten.
Selbstverständlich war auch hier dieses Amt dem Obersthofmeister unterstellt. Man kann diesen Titel heute mit einem Beamtenstand oder einem Ministerialsekretär vergleichen.
Kaiser Franz Joseph ernannte die Truchesse mit dem Erlag einer vorgeschriebenen Gebühr und danach wurde diesem das Truchessenehrenabzeichen ausgehändigt. Dies galt Lebenslang.
Somit konnte der Besitzer bei Hofe Ein und Ausgehen und wurde zur Hoftafel und zu Festlichkeiten geladen. Es galt im Bürgertum als höchste Ehre diese Auszeichnung zu erhalten. Natürlich wäre ein Ritterschlag noch besser gewesen, aber immerhin bekam der Ernannte die Erlaubnis bei Hofe Ein und Auszugehen.
Mehr als so manchem “Geldadel” ermöglicht wurde.
Hofdamen
Foto: Wikimedia/Commons Ida von Ferenczy
Wie schon in der Erklärung erwähnt, war das Amt der Hofdame eine Ehre für die Familie, allerdings auch eine finanzielle Last.
Obwohl die Stellung bezahlt wurde, musste die adelige Familie ihrer Tochter finanziell immer aushelfen.
In den Hofdamen Briefen rund um Sophie von Scharnhorst(*) (*/†unbekannt) wird die Ernennung, die Aufgaben und die Ehre für die Familie genau beschrieben. Allerdings auch die hohe Belastung, welche diese Arbeit mit sich brachte.
Ischl, 11.September 1857, Liebe Gräfin! Ihre königl.(*) Hoheit die Frau Erzherzogin machen nun täglich so große Promenaden daß höchstdieselben mir den Auftrag gaben Ihnen zu sagen liebe Gräfin daß es Ihr nicht möglich wird Sie vor Mittwoch zu empfangen, – sollten Sie also an diesem Tage (ohne alle gêne) wirklich noch hier sein, so würde es Sie freuen Sie um Dreiviertel auf 2 Uhr bei sich zu sehen. Genehmigen Sie in aller Eile liebe Gräfin die Versicherung meiner innigsten Hochachtung. Gräfin Schönborn Hofdame der Erzherzogin Sophie (1)
(*)Anmerkung Petra: Im Originalbuch von 1903 steht königl. Hoheit = königliche Hoheit, was auf den Geburtstitel von Erzherzogin Sophie hinweist. Richard Kühn hat in seiner 1942 Version auf S.342 kaiserliche Hoheit gemacht.
“Wien, 4.Jenner 1858 Liebe Eva! Ich freue mich unendlich daß die gute Erzherzogin Deine Caroline (Anmerkung Petra: Caroline von Sickingen, Tochter der Briefeempfängerin; Anmerkungen am Beitragsende) als Hofdame angenommen hat, mit Beruhigung kannst Du ihrer Zukunft entgegensehen. Wem die Erzherzogin die Hand reicht der kann sie unverzichtlich ergreifen denn Sie leitet nur zum Guten. Ich nicht nicht in Sorgen, denn bei Carolines Tüchtigkeit und ihren Talenten wird Sie ihren ehrenvollen Beruf sicher ganz erfüllen. Im Anfang gibt es Schwierigkeiten, dem kann Sie vorarbeiten um sich leiter hineinzufügen. So möchte ich ihr z.B. rathen sich im Vorlesen zu üben und ihre Stimme zu kräftigen, welche sonst durch Befangenheit leich unsicher wird. Ich spreche aus Erfahrung! Ich war bei Gräfin Königsegg (Anmerkung Petra: ehemalige Hofdame Gräfin Bellegarde; weiter oben im Text erläutert) um mir ein Verzeichnis ihres Hofdamen-Trousseau (Anmerkung Petra: Hofdamen “Uniform” Unterlagen) zu nehmen. Es ist zweckmäßig ohne Verschwendung gehalten, was bei dem ewigen Wechsel der Mode sehr weise und praktisch ist. Paula (Anmerkung Petra: Gräfin Königsegg; ehemals Bellegarde) sagte mir aber daß Sie zu wenig gehabt und bald nachschaffen mußte. – Da Caroline im Frühling eintritt, so scheinen mir Sommer-Toiletten für Schönbrunn nothwendig. Zwei hübsche Seidenkleider, 1 für Mittag, 1 Frühkleid und Alles für angegebene Hof-Trauer, wozu ein schwarzer Spitzen-Hutz nothwendig, dann muß Sie eine hübsche Applications-Mantille und Ueberchemisettes (Anmerkung Petra: Unterkleider) samt Ärmeln und Krgen haben zu farbigen und schwarzen Toiletten assortirt. Hast Du eine gute Adresse für Spitzen in Brüssel? Sonst empfehle ich Dir Mme. Pannal die in Sanssouci verkauft. Vergiß nicht feine Schwarze Spitzen nach der Elle, zum Aufputz der Taille, das braucht man wie das liebe Brodt. Uebrigens hat ja Caroline einen Fonde de toilette was ihr sehr zu Statten kommen wird, denn man raucht zum toilettiren s e h r v i e l sans etre une Elegante fondée. Ein Dutzend gestickte Sacktücher, 3 Stück s u p e r l a t i f, 3 Stück mit Valenciennes, Schön moderen geschlungen 3 Stück en somme 12 Stück. Sie muß eine Kammerjungfer und ein Stubenmädchen haben, Letztere soll kochen können. Ja wir Hofdamen brauchen mehr als wir dürfe und müssen stets parat sein! Eine Excursion vorher mit Cäcilie nach Salzburg zu machen- dafür schwärme ich nicht. Mir scheint Eure Villa das Beste für eine angehende Hofdame. – Deine Sophie (2)
Im Februar ging es weiter.
“Oldenburg, 2. Februar 1858 Erlauben Sie meine sehr liebe Gräfin daß auch ich mich in die Reihen der Gratulirenden Stelle, und Ihnen so wie der Comtesse Caroline meine recht herzlichen Glückwünsche vorbringe! – ich habe die Kunde der Ernennung der liebenswürdigen Comtesse zur Hofdame, von meiner Schwester Sophie erfahren und ihre Freude darüber, recht lebhaft getheilt. Es ist gewiß ebenso beglückend als ehrenvoll der hochverehrten Erzherzogin Sophie seine Dienste zu weihen und ebenso bin ich überzeugt daß die junge Hofdame den Anforderungen ihres neuen Berufes vollkommen entsprechen wird, möge dieselbe nur so recht heiter und muthig in die neue Laufbahn eintreten. – Ihrem gütigen Andenken meine theure Gräfin empfehle ich mich auch ferner und werde es stes mit warmer Verehrung und Ergebenheit erwiedern. Christa von Scharnhorst (3)
Wir nähern uns dem Ende der Briefe, welche ich trotzdem nicht vorenthalten möchte, da ich sie interessant finde.
“Wien, 17.März 1858 Liebe Eva! Die Gnade Gottes waltet über Dir! Die Ernennung Cara’s (Anmerkung: Caroline) hat ein mächtiges Echo nach allen Seiten hervorgerufen! Kürzlich passirte ich den Abend bei der hochverehrten Erzherzogin Sophie, die Eurer gedachte und fragte, wann Ihr kommen werdet? Kaiser und Kaiserin erschienen unerwartet und verschönten den Abend mit Ihrer Gegenwart am Theetisch. Die Kaiserin, obgleich etwas blaß, ist wunderschön!! Sie trug ein weißes poult de soie Kleid mit Mantille mit Hermelin garnirt, in den schönen Haaren Diamant Nadeln und sah herrlich in der einfachen, geschmackvollen Toilette aus. Die Hofdamen-Ausstattung ist kostspielig, denn der Hof gibt nur das Nothwendige, der Mensch braucht gar Vieles. Bei Deinem Hiersein werden wir Alles besprechen. Sophie (4)
Foto: mythoskaiserinelisabeth.com – PetraFoto: mythoskaiserinelisabeth.com – PetraFoto: mythoskaiserinelisabeth.com – Petra“weißes poult de soie Kleid mit Mantille mit Hermelin garnirt” So ähnlich könnte dieses Kleid von Elisabeth an jenem Tag ausgesehen haben… Ölgemälde: Anton Einsle, 1858
Baronin von Scharnhorst schrieb am 17.3.1858 einen Brief an Karoline von Sickingen. Dieser Brief ist im Buch von 1903 (unten in den Anmerkungen ist die Erläuterung dazu) nicht enthalten. Es ist daher anzunehmen, dass folgender Wortlaut von Richard Kühn wieder verfälscht wiedergegeben wurde.
“Wien, 17.3.1858 Du wirst wie alle Hofdamen die Erfahrung machen, daß eine gutgewählte Ausstattung, besonders Spitzen und Bräusche, einen Grund der Toilette legt, den man in der Hofkarriere aus eigenen Mitteln nicht legen kann. Die täglichen Bedürfnisse, der Wechsel der Mode und die Ehrenausgaben erschlpfen die Kasse. Darum küsse Deiner Mama tausendmal die freigebigen Hände, daß sie Dich so gut versorgt zu Deinem neuen Beruf ausstattet. Ich habe in Beziehung der Wohnung noch keine genügende Antwort zu geben. Bei Munsch ist der erste und zweite Stock bis Ende Mai eingenommen und keine Aussicht, daß Platz gemacht wird. Ich habe in der “Stadt Frankfurt” nachgesehen. Es ist eine der besten Gasthöfe, sehr zu empfehlen wegen der Kost und der Bereitwilligkeit des Wirts. Prinz Karl von Baden wohnt immer dort, wenn er in Wien ist. Man hat dort alles; hübsche Zimmer, Equipage, gute Bedienung. Er liegt im Zentrum der Stadt, ganz nahe bei den Theatern und der Burg. Obgleich jetzt alles besetzt ist, will der Wirt sein mögliches tun. Allein vor dem 22./23. kann er nicht bestimmen, ob im ersten oder zweiten Stock etwas frei wird. Der zweite Stock ist viel hübscher und angenehmer, wie in jedem Hotel, weil man nicht au bénéfice der Speiselokalitäten dem Geruch un den Launen der Tischgäste ausgesetzt ist. Der Preis kann erst bestimmt werden, wenn die Zimmer genommen werden. Vielleicht entschließt sich Mama, außer den Schlafzimmern einen kleinen Salon zu nehmen. Denn Ihr werdet sehr viele Visiten haben inklusive derjenigen, die die Hofdame angehen. Die können doch nicht in die Geheimnisse des Schlafzimmers eingeführt werden. In diesem Fall wären es vier Zimmer: ein Salon, eins mit zwei Betten, eins mit drei ditto und für die Kammerjungfern eins mit zwei Betten. Die großmächtige Mama, hochgeborene Gräfin Sickingen, mit Schätzen und einer Hofdame beladen, möge gnädigst ihre Entscheidung sobald als möglich geben. (6)
Deshalb war es nicht nur von Nöten, dass die Hofdame die Ahnenprobe bestand, sondern auch die Familie reich genug war, die Tochter finanziell zu unterstützen.
Ein Umstand, der zB. bei Hofdame und Vertrauter Marie von Festetics ein unabdingbarer “Fehler” war, denn ihre Familie hatte durch viele Spekulationen beinahe ihr gesamtes Vermögen verloren.
Elisabeth war es, die Marie immer wieder unter die Arme griff.
Zu jedem Anlass – und es gab derer viele – verlangte die Etikette ein neues Kleid.
Dies durfte zwar nicht schöner sein, als das der Kaiserin oder eben der Herrschaft wo man diente, musste aber zumindest gleichwertig sein.
Es war dabei wichtig, die Toilette genau abzustimmen. Schmuck, Haare, Kleid hatten genau zueinander zu passen. Ein kostspieliges und aufwendiges Vorhaben, dass vom Gehalt einer Hofdame nicht bezahlt werden konnte, wenn man bedenkt, dass die Hofdame auch ständig mit ihrer Dame auf Reisen war. Hofdamen gab es ja nicht nur bei der Kaiserin, sondern auch bei Königinnen, bei den Erzherzoginnen, bei Herzoginnen, bei Fürstinnen usw.
Hofdamen begleiteten ihre Herrschaft überall hin. Auf die Reisen, ins Hotel, zu Soireen, zu Teegesellschaften, zu Dinnerpartys, zu Hofbällen, zu Bällen und Einladungen aller Art, zu karitativen Besuchen, in die Kirche, zum Lunch und zum Frühstück.
Es gab im Prinzip keine Minute des Tages, an dem keine Hofdame zugegen war, außer die Herrschaft wünschte dies ausdrücklich und dann nur, wenn diese zu Hause war.
Ansonsten fungierte die Hofdame natürlich als Anstandsdame und durfte erst recht das Zimmer nicht verlassen. Deshalb gab es immer mehrere Hofdamen, um im Turnusdienst zu arbeiten.
Kaiserin Elisabeth begleiteten an die 10 Hofdamen permanent auf Reisen, allerdings waren nur 2-3 wirklich ihre engsten Vertrauten.
Alle anderen versahen ihren Dienst und gingen wieder. Nie hätte Elisabeth Privates mit ihnen besprochen.
Marie und Ida (beide weiter unten) sind die berühmtesten Namen unter ihnen und waren beinahe rund um die Uhr für “ihre” Kaiserin da.
Da am kaiserlichen Hof es nur so von Offizieren, Diplomaten, Ministern, Bediensteten usw. wimmelte, war dies ein großer Heiratsmarkt.
In Schloss Schönbrunn lebten rund ums Jahr an die 4000 Personen. So verliebten sich natürlich auch die jungen, bei Kaiserin Elisabeth immer sehr hübschen Hofdamen. Kaum hatte diese den Wunsch geäußert sich zu verloben und ehelichte dann ihren Verlobten, wurde die Hofdame aus dem Dienst entlassen.
Eine verheiratete Hofdame war bei Hofe nicht zugelassen.
Heiratete eine Hofdame, wurde diese bis an ihre Lebensende vom Hofe unterstützt. Sie bekam eine Art Pension. Auch dann, wenn die Herrin verstarb, wurde die Hofdame weiterhin bezahlt.
berühmte und weniger berühmte Hofdamen bzw. eine Vorleserin unter Kaiserin Elisabeth
Foto: Wikimedia/Commons Ida von Ferency und Marie von Festetics auf Maultieren
Nehmen wir das größte Beispiel VorleserinIda von Ferency (*7.4.1839, †28.6.1928).
Wie ihr Name 1864 auf jene Liste kam, als Kaiserin Elisabeth eine Gesellschafterin suchte, ist ein ungelöstes Rätsel, welches sich nach so vielen Jahren nicht mehr klären lässt.
Ihr Posten musste erst geschaffen werden. Zuerst wurde sie zur Gesellschafterin und Sprachlehrerin.
Da aber Max von Falk den vertrauensvollen Posten des ungarischen Sprachlehrers inne hatte, war es schnell vorbei mit diesem Synonym. Also erfand man den Posten “Vorleserin”, da Ida die Ahnenprobe nicht bestand.
Sie kam aus dem einfachen Landadel und hatte weder 8 Urahnen vorzuweisen, noch generell einen Hofdamen-Posten zu erhalten. Ihr Rang war viel zu niedrig. Kaiserin Elisabeth ob ihrer Schönheit allerdings Feuer und Flamme, wollte sie unbedingt behalten.
Zu dem waren sich die beiden Frauen vom ersten Moment an sympathisch.
So wurde der am Hof einzigartige Posten der “Vorleserin” geschaffen.
In manchen historischen Büchern ist von der Hofdame Ferenczy zu lesen. Das ist falsch. Ida blieb bis zu ihrer Pension “Vorleserin”.
Foto: Wikimedia/Commons Marie von Festetics
Hofdame Marie Gräfin von Festetics (*20.10.1839, †16.4.1923) reiht sich in die berühmten Namen der Hofdamen ein, die man sicherlich unter Kaiserin Elisabeth kennt.
Niemand geringerer als Julius „Gyula“ Graf Andrássy von Csik-Szent-Király und Kraszna-Horka (*8.3.1823, †18.2.1890) schlug 1871 Marie als Hofdame vor.
Marie war ursprünglich auf einem anderen Posten und gar nicht glücklich als sie die Ernennung für die Kaiserin erhielt.
Doch Gyula bekniete sie hinzugehen.
Als sie Elisabeth das erste Mal sah, schrieb sie wahre Entzückungen über die Kaiserin in ihr Tagebuch, welches sie über die Jahrzehnte fleißig schrieb. Sie sollte zwei Heiratsanträge ablehnen, um bei ihrer geliebten Kaiserin bleiben zu können.
Es nahm niemand so viel Einfluss auf Elisabeth wie Marie von Festetics. In der Familie wurde Marie deshalb argwöhnisch beäugt. Erzherzogin Sophie und sogar Elisabeths Tochter Erzherzogin Marie Valérie (*22.4.1868, †6.9.1924) hassten Marie regelrecht. Der gesamte Beitrag zu Marie von Festetics kann hier nachgelesen werden.
Foto: Wikimedia/Commons die Geschwister Lily und Imre von Hunyady
Berühmt wurde auch Lily von Hunyady (*26.12.1836, †28.2.1907), welche Elisabeth nach Madeira begleitete.
Leider auch ihr Bruder, der sich in Elisabeth verliebte und sofort aus ihren Augen entfernt wurde.
Lily verliebte sich selbst zu guter Letzt und musste den Hofdienst verlassen. Der Beitrag zu ihr kann hier nachgelesen werden.
Eine ganz andere Geschichte, war jene, als mich eine Followerin auf Facebook bat, die Hofdame auf jenem Bild hinter Kaiserin Elisabeth ausfindig zu machen.
Dies war gar nicht so einfach, wie anfangs gedacht. Doch wenn ich mich einmal in Recherchen verbeiße, dann so lange, bis ich ein Ergebnis habe.
Auf einem Rundgang durch Schloss Moosburg wurde ich zum ersten Mal auf einen Namen aufmerksam, der mich schlussendlich ans Ziel brachte.
So kurz wie hier jetzt dargestellt, waren die Recherchen natürlich nicht. Mehr als ein 3/4Jahr dauerten sie an und ich hatte ein riesen Glück, dass ich ausgerechnet in jenes Schloss eingeladen wurde.
Und so fand ich jene Hofdame, die gesucht war.
Marie Johanna Gräfin von Welsersheimb Freiin von Gumpenstein, verheiratete Marie Gräfin von Goëss (*6.5.1824, †4.12.1896). 1852 starb Maries Mann und schon bald danach ereilte sie der Ruf zur Hofdame für Kaiserin Elisabeth. Später wurde sie zur Obersthofmeisterin.
Besagtes Bild zeigt die beiden am 19.4.1875 als sie die neuen Volksküche in der Schönlaterngasse besuchten, da ihr diese von ihrem Gemahl Kaiser Franz Joseph ans Herz getragen wurden. Er war dort zu Gast, speiste vor Ort, lobte die gute Küche, ließ sich alles zeigen und lobte die neue Art der Gemeinnützigkeit in Wien.
Elisabeth wollte sich selbst ein Bild machen, allerdings ohne sich anzumelden. Alleine und ohne Entourage und nur mit Gräfin von Goëss besuchte sie besagte Küche.
Der zufällig anwesende Maler August Heinrich Mansfeld hielt diesen Augenblick in Skizzen fest und malte danach ein Bild. Elisabeth gefiel die Suppenküche ebenso gut wie ihrem Mann und sie übernahm die Schirmherrenschaft.
Foto: Wikimedia/Commons Kaiserin Elisabeth mit Obersthofmeisterin Gräfin Marie von Goëss in der Suppenküche, 19.4.1875Foto: Ernst Bauer via Peter Graf von Goëss Privataufnahme aus dem Hause Goëss Marie von Goëss Bild: Franz von SchrotzbergDas zweite Bild ist eine Privataufnahme und ich ersuche um Wahrung der Urheberrechte des Hauses Graf Goëss. Danke!
Hofdamenim Dienste anderer hoher Personen
Foto: mythoskaiserinelisabeth.com – Petra Marie von Redwitz, Enthüllung der Oskar von Redwitz Statue vor dem Hotel Austria, Meran, 22.10.1894
Marie von Redwitz* (*9.12.1856, †11.4.1933) wiederum ist berühmt, da sie die Hofchronik von der Bayern-Linie aus schrieb.
Sie war die Hofdame von Amelie von Urach, besser bekannt als Amelie Herzogin in Bayern (*24.12.1865, †26.51912).
Ihr Vater war Carl Theodor in Bayern “Gackel” (*9.8.1839, †30.11.1909) und Sophie Prinzessin von Sachsen (*15.3.1845, †9.3.1867).
Carl Theodor war ein Bruder von Kaiserin Elisabeth und Sophie war ihre Cousine und Schwägerin. Leider starb die geliebte Ehefrau und Mutter recht bald, so dass Carl Theodor einige Jahre später noch einmal heiraten musste.
Die traurige Geschichte zu Sophie kann hier nachgelesen werden.
Amelie heiratete später Wilhelm von Urach (*30.5.1864, †24.3.1928) und so wurde Marie von Redwitz ihre Hofdame.
Doch auch sie war anfangs gar nicht so begeistert ihre Freiheit aufzugeben und wehrte sich lange der “Berufung” nachzugeben. Doch es half natürlich nichts. Die Damen jener Zeiten hatten keine Wahl und so trat Marie ihre Stelle an und schrieb von Anfang an Tagebuch.
Ihre Hofchronik ist heute in keinem historischen Buch (und auch bei mir) wegzudenken.
Foto: Wikimedia/Commons Amalie Prinzessin von Schweden Lithographie: Josef Kriehuber
Sophie von Scharnhorst* sei erwähnt. Sie schrieb die Hofdamenbriefe, die ebenfalls eine unglaubliche Quelle ihrer Zeit sind.
Sie arbeitete bei Prinzessin Amalie Marie von Schweden (*22.2.1805, †22.9.1853°), die über vielfache Ecken mit dem Kaiserhaus verwandt war und dort ein und aus ging.
Sie selbst lebte in Wien und war bei fast allen kaiserlichen familiären Anlässen eingeladen.
Baronin von Scharnhorst schrieb alles nieder und so erhält der Leser einen guten Einblick in jene Zeit rund um Erzherzogin Sophie als noch Erzherzog Franzi, Maxi, Karli und Luzi-Wuzi klein waren. Natürlich erwähne ich hier niemand geringeren als Kaiser Franz Joseph und dessen Brüder.
Erwähnenswert ist auch noch Clementine Gräfin von Taaffe(***) (*20.10.1827, †13.9.1882), der Name wird aufmerksamen Habsburg Kennern vor allem durch Eduard Taaffe (*24.2.1833, †29.11.1895) ein Begriff sein.
Foto: Wikimedia/Commons Erzherzogin Hildegard
Er war der einzige lebenslange Freund und Vertraute von Kaiser Franz Joseph.
Kaiser Franz Joseph übergab ihm nach der Mayerling Affäre Dokumente von Rudolf, die bis heute nicht mehr aufgetaucht sind.
Taaffe war für die Bespitzelung von Kronprinz Rudolf verantwortlich, da dieser die liberale Einstellung des Kronprinzen nicht ertragen konnte und ihn hasste wie die Pest.
Clementine Gräfin von Taaffe wurde am 31.10.1856 29jährig Hofdame bei Erzherzogin Hildegard (*10.6.1825, †2.4.1864).
Empfohlen hatte sie die heißgeliebte Aja von Kaiser Franz Joseph Louise Baronin von Sturmfeder. Sie ehelichte am 1.5.1844 in der Allerheiligen-Hofkirche in München Erzherzog Albrecht (*3.8.1817, †18.2.1895) und war eine Cousine von Kaiserin Elisabeth und Kaiser Franz Joseph.
Hildegard war die Tochter von König Ludwig I von Bayern, der der (Halb)Bruder von Erzherzogin Sophie (*27.1.1805, †28.5.1872) und Herzogin Ludovika (*30.8.1808, †26.1.1892) in Bayern war.
Zuerst wurde sie Hofdame und als Erzherzogin Hildegard an einer Rippenfellentzündung starb, blieb sie auf Wunsch von Albrecht bei den Kindern und zog diese auf.
Clementine war nicht nur äußerst gebildet, sie interessierte sich sehr für Geschichte und für die Theologie. Die Kinder des Paares liebten sie sehr und schrieben ihr häufig Briefe oder zeichneten ihr Bilder.
Am 26.6.1864 wurde sie Sternkreuzordensdame und in der Marienkapelle “St. Christoph” in Baden bei Wien hängt links neben dem Eingang eine Gedenktafel für Clementine von Taaffe “Gesellschaft der adeligen Frauen”.
Foto: Silvia Dworak R.K. Pfarre Baden-St. ChristophFoto: Silvia Dworak R.K. Pfarre Baden-St. ChristophIch möchte mich herzlich bei der R.K. Pfarre Baden-St. Christoph bedanken, die mir während der Covid 19-Zeit die Bilder aus der Kirche zugesendet haben! Vergelts Gott!
Das war es nun vorläufig aus dem Reich der Hofetikette und dem Wirr Wirr der Begrifflichkeiten.
Wenn euch ein Begriff auffällt oder einfällt den ihr erklärt haben wollt, scheut euch nicht mir zu schreiben.
Ich werde ihn gerne in die Liste aufnehmen.
– Petra –
Foto: abebooks.com Amalie Prinzessin von Schweden eigenhändige Unterschrift Quittung über 2500 Thaler Preußischer Courant durch den Gesandten von Arnim
Anmerkungen:
(*) Wichtige Anmerkung:
Sophie Gräfinvon Scharnhorst war die Hofdame von Amalie Prinzessin von Schweden (*22.2.1800, †21.9.1853). (°)Im gesamten Internet ist das Sterbedatum von Amalie Prinzessin von Schweden falsch.
Sophie von Scharnhorst notiert den Todestag und die restlichen Trauertage ganz genau. Wieso auch hier die Daten im Netz nicht übereinstimmen (und wahrscheinlich in vielen historischen Büchern), ist mir ein Rätsel.
Amalie war, wie ihr Bruder Prinz von Wasa, eine enge Freundin des Erzhauses und begleitete beinahe ständig Sophie überall hin. So erlebte Sophie von Scharnhorst die kaiserliche und erzherzögliche Familie.
Kein schlechtes Wort kam der Gräfin über ihre Herrin jemals über ihre Lippen. Ihre Briefe sind eine einzige Lobeshymne an die hohe Frau.
Die Briefe erreichten alle ihre enge Freundin Eveline Gräfin von Sickingen-Hohenberg(*) (*24.11.1809, †27.11.1895), welche in Ischl lebte und eine enge Vertraute des hohen Adels war. So auch von Erzherzogin Sophie.
In den “Hofdamenbriefe Sammlung von Briefen an und von Wiener Hofdamen a.d.19.Jahrhundert”, Ausgabe 1903, Verlag von Caesar Schmidt, Zürich, Gesammelt von B.von.S. ist Eveline von Hohenberg-Sickingen geb. Gräfin Schlabrendorf als Hohenberg angeführt.
In den “Hofdamen-Briefe um Habsburg und Wittelsbach (1835-1865) Herausgegeben von Richard Kühn, Oswald Arnold Verlag Berlin, 1942, hat Herr Kühn nicht nur den Titel geändert, sondern bedauerlichweise oftmals auch den Inhalt komplett anders wiedergegeben, als in den Originalbriefen dies jemals enthalten gewesen wäre (ich bin ehrlich gesagt überfragt, warum). Hinzu kommt noch ein etwas längeres Vor- und ein Nachwort, wo er im Nachwort lediglich ein paar historische Personen ergänzt, nichts aber über die Hofdamen preisgibt. Recherchen über diese hat er anscheinend nicht vorgenommen. Ein paar Briefe wurden ergänzend hinzugefügt; da diese aber im Originalbuch fehlen, frage ich mich, welchen Originalinhalt diese tatsächlich beinhalteten. Eine Quelle mit Vorbehalt meiner Meinung nach.
Auffällig war aber, dass nach längerem Suchen eine Eveline von Hohenberg-Sickingen geb. Gräfin Schlabrendorf nicht aufzufinden war. Im Vorwort von Herrn Kühn fand sich ein Satz, der mich allerdings weiterbrachte. Ihre älteste Tochter (namenlos) hatte Graf Camillo Starmhermberg geheiratet.
Über die Webseite der Starhermbergs fand ich Camillo Heinrich Fürst von Starhermberg (*31.7.1835, †3.2.1900). Er war mit Sophie Gräfin von Hohenburg-Sickingen (*13.8.1842, †23.5.1913) verheiratet.
Über das “Genealogisches Handbuch des Adels -Fürstliche Häuser” von 1971 fand ich heraus, dass es in Breslau einen Adel Schlabrendorff gab. Weiters hieß dieser ganz genau: Schlabrendorff von Seppau
Und dann hatte ich sie gefunden: Eveline Gräfin von Hohenburg-Sickingen geb. Gräfin Schlabrendorff von Seppau war die angegebene Briefeempfängerin Eveline Gräfin Hohenberg-Sickingen. Sie hatte Wilhelm von Hohenburg-Sickingen (*2.12.1777, †7.3.1855) geheiratet.
Ebenfalls ein Rätsel war ihre Tochter Caroline, da mit der falschen Schreibweise auch Caroline, welche bei Richard Kühn Karoline geschrieben wurde, nicht aufgefunden werden konnte.
Erst ein Stammbaum auf einer holländischen Seite brachte mich weiter. Caroline von Hohenburg-Sickingen (*5.2.1835, †2.8.1909) wurde zur Hofdame bei Erzherzogin Sophie 1858 einberufen. Ungefähr 2 Jahre übte sie diesen Dienst aus, bevor sie Conrad Graf von Sternberg-Rudelsdorf (*6.6.1825, †2.9.1876) ehelichte und Tochter Eveline (*13.5.1861, †17.10.1881) gebar.
Warum also im 1903 erschienen Buch “Hofdamen Briefe” der Name von Eveline von Hohenburg-Sickingen falsch wiedergegeben wurde, ist mir unklar. Ich nehme an, dass dies ein Abschreibfehler des Enkels (von Eveline) war, der die Briefe fand und schließlich in Zürich veröffentlichte. Herr Kühn 1842 hatte einfach den Text übernommen, ohne vorher zu recherchieren. Diese Abschreiberei ist ja nichts Neues.
(**) Auf Seite 279 findet sich in den Hofdamen Briefe von Baronin von Scharnhorst der Name “Gräfin Schönborn”. Weitere Angaben gab es nicht.
Auch jetzt machte ich mich wieder auf die Suche nach der Hofdame von Erzherzogin Sophie und wurde nach langer und intensiver Suche fündig: Zuerst fand ich Maria Anna Josephine Caroline von Schönborn-Buchheim, welche Hofdame bei Kaiserin Elisabeth wurde und oben ebenfalls Thema ist. Da dies 1857 passierte, diese aber nicht von jene Gräfin war, die Eveline von Hohenburg-Sickingen schrieb, suchte ich weiter.
Über Caroline fand ich Obersthofmeisterin Ernestine Schönborn (*1800, †1850). Wer 1850 gestorben ist, kann nun mal 1857 keine Briefe schreiben, also war auch das eine Sackgasse. Ich vermute, dass es sich um Gräfin Schönborn, um Charlotte Sophie handelt (*12.2.1796, †1864), konnte es aber noch nicht beweisen. Sobald mir das gelungen ist, werde ich es bekannt geben.
Weitere Angaben zum Leben der Personen – weder zu Eveline, Caroline, Ernestine, Charlotte Sophie, noch zu den anderen Hofdamen – sind auch mir verborgen geblieben. Diese konnte auch Herr Kühn schon nicht liefern.
Bis heute konnte ich auch keine Daten zu Sophie Baronin von Scharnhorst finden.
Schon 1903 findet sich in einem Nebensatz, dass die Hofdamen immer alle unbekannte Wesen waren, wenn auch nicht unbedeutend. Ein trauriger Satz, der aber leider richtig ist.
Nicht von jeder Hofdame gibt es Fotos. Ich hatte schon Schwierigkeiten die Daten herauszufinden.
(***) Bei Clementine von Taaffe darf ich mich rühmen, dass ich die erste und einzige bin, die herausgefunden hat, wann sie geboren wurde und wann sie bei Hofe ihre Anstellung fand. In keinem historischen Buch fand ich diese Daten. Es hat mich stundenlange detektivische Arbeit gekostet, die sich schließlich ausgezahlt hat.
Marie von Redwitz ist mein begehrtes Ziel für ein Foto. Ich besitze ein Familienfoto bei der Enthüllung des Oskar von Redwitz-Denkmals vor dem Hotel Austria in Meran, welches heute das Hotel Adria ist. Oskar von Redwitz (*28.6.1823, †6.7.1891) war ein berühmter Dichter und Schriftsteller und ihr Vater. Nicht nur, dass Marie Hofdame war, so trat sie auch in die Fußstapfen ihres Vaters. Sollte ich jemals in den Besitz eines besseren Fotos kommen, werde ich es hier einfügen.
Rechtliche Hinweise: Text: Petra Bildrechte: hofburg-wien.at, habsburger.net, mythoskaiserinelisabeth.com – Petra, Wikimedia/Commons, Kunsthistorisches Museum Wien (KHM), Österreichische Nationalbibliothek (ÖNB), abebooks.com
Literatur Hinweise:
1 – S.279, 2 – 280/1, 3 – S.282/3, 4 – S.284, 5 – S.284/5, Hofdamenbriefe Sammlung von Briefen an und von Wiener Hofdamen a.d. 19. Jahrhundert Verlag Caesar Schmidt, 1903, 1. Auflage (nur noch antiquarisch erhältlich)
6 – S.376/7 Richard Kühn Hofdamen-Briefe um Habsburg und Wittelsbach (1835-1865) Oswald Arnold Verlag Berlin, 1. Auflage 1942 (nur noch antiquarisch erhältlich)
Georg Nostitz-Rieneck Briefe Kaiser Franz Josephs an Kaiserin Elisabeth 1859-1898 Band I und Band II Herold Verlag, Wien 1966 (nur noch antiquarisch erhältlich)
Gudula Walterskirchen Der Franzi war ein wenig unartig Hofdamen der Habsburger erzählen Residenz Verlag, 2013, 1. Auflage (nur noch antiquarisch erhältlich)
Karin Schneider Norm und Zeremoniell Das Etiquette-Normale für den Wiener Hof von circa 1812 Böhlau Verlag, 2019, 1. Auflage (in jeder Buchhandlung erhältlich)
Der Hofstaat des Hauses Österreich Ivan Zolger Deuticke, Wien, 1917 (nur noch antiquarisch erhältlich)
Kaiserin Elisabeth ganz privat Briefe an ihre intimste Vertraute Ida Ferenczy Beatrix Meyer Allitera Verlag, 1. Auflage 2020 (in jeder Buchhandlung erhältlich)
Jahresbericht des ersten allgemeinen St. Annen Kinderspitals für 1857 Interner Bericht
Christa Diemel Adelige Frauen im bürgerlichen Jahrhundert Hofdamen, Stiftsdamen, Salondamen 1800 – 1870 Fischer Verlag, 1. Auflage 2015
Foto: Wikimedia/Commons Kaiserin Elisabeth Bild: Ludwig Angerer
Es war der 17.2.1874 als Kaiserin Elisabeth gelangweilt in Wien fest saß. Kaiser Franz Joseph war mit Graf Gyula Andrássy (*3.3.1823, †18.2.1890) in St. Petersburg.
Obwohl Elisabeth gerade aus Ungarn kam, überlegte sie zurückzukehren. Doch die ewigen Vorwürfe, sie sei zu wenig in Wien, hielten sie davon ab.
Außerdem reagierte Ungarn etwas verstört, als der Kaiser von Österreich und König von Ungarn nach Russland fuhr.
Foto: Wikimedia/Commons Gyula von Andrássy
Allein in der Hofburg, nur umringt von ihren Hofdamen, wurde ihr schnell langweilig. Vor den Toren der Hofburg hörte sie das schallende Lachen verkleideter Menschen, denn der Fasching war in vollem Gange.
Die Wiener Redoute, ein damals berühmter Faschingsball, öffnete zu dieser Zeit seine Tore und von allen Seiten strömten Kutschen herbei. Der Adel und die Reichen von Wien und dem Ausland strömten verkleidet und mit guter Laune in den Redoutensaal.
Elisabeth bat ihre Vorleserin und enge Vertraute Ida von Ferenczy (*7.4.1839, †28.6.1928) zu sich.
Und so hegten die beiden Damen einen perfiden Plan aus, um nicht nur der Langeweile, sondern auch den Wachen vor den Türen zu entkommen.
Fanny Feifalik (*28.1.1842, †14.7.1911) wurde damit beauftragt, die Kaiserin zu “verkleiden”.
Seit Jahren schon vertraute Elisabeth nur Fanny. Obwohl die beiden oft Streitigkeiten hatten, ließ Elisabeth kaum jemand anderen an ihre Haare.
Fanny machte sich einen Spaß aus der ganzen Sache und stülpte über die ohnehin schon schwere Haarpracht eine rotblonde Perücke.
Dazu wurde ein gelbes Seidenkleid mit überdimensionaler Schleppe gewählt. Diese sollte später noch auf dem Ball für große Aufregung sorgen.
Über dem Gesicht trug Elisabeth eine schwarze Maske mit dichtem schwarzen Schleier. Die Damen waren sich einig: Niemand würde die Kaiserin damit erkennen.
Foto: forum.alexanderpalace.org Fanny Feifalik
Ida von Ferenczy wurde in ein rotes Dominokleid gesteckt. Ihr Gesicht wurde ebenfalls mit einer Maske verborgen. Niemand sollte die Vorleserin Ihrer Majestät erkennen.
Außer den genannten Damen wurde noch Kammerfrau Schmidl in das Geheimnis eingeweiht. Sie kleidete die Damen ein. Sie schwor das Geheimnis zu bewahren.
Woher kamen die Verkleidungen und wie sahen diese ungefähr aus?
Lange begab ich mich auf die Suche, da ihr mich mit euren Kommentaren auf der Facebookseite wieder einmal herausgefordert habt.
Ein venezianisches Kostüm soll es gewesen sein, so euer Tenor. Also begab ich mich auf die Suche…
…und wurde schließlich bei einer Zarin fündig. Allerdings lebte diese im18. Jahrhundert.
Jelisaweta Petrowna Romanowa (Elisabeth Petrowna Romanow) (*29.12.1709, †5.1.1762) trug ein venezianisches Dominokostüm in schwarzer Seide und ließ sich von Georg Cristoph Grooth portraitieren.
Foto: photo.rmn.fr Ausschnitt des Bildes “Le Charlatan” von Falca Pietro
In Paris im Grand-Palais hängt von Falca Pietro (*5.11.1701,†8.5.1785) ein Bild welches “Le Charlatan” heißt.
Auffallend dabei ist allerdings, dass auf dem Bild ein Mädchen ein Dominokostüm trägt, einen Fächer in der Hand hält und sich mit einem Mann unterhält, der eine Maske trägt.
Das Mädchen selbst ist allerdings demaskiert.
Ich zeige euch einen Bildausschnitt, da das Kostüm von Interesse ist.
Schon in Versailles zu Marie Antoinettes Zeiten veranstaltete man Faschingkostümfeste und sogar die Königin selbst ging einmal als Domino, wurde allerdings erkannt.
Foto: thisversailles.com, Dominokostüm
Die Maske bedeckte das gesamte Gesicht. Der Mantel stammte aus Venedig und wurde immer aus Seide gefertigt.
Die frühen Maskeraden waren in ganz Europa in Mode, was die Verwendung des Dominomantels weiter verbreitete. Beide Stücke waren meist schwarz, wurden aber später auch in bunten Stoffen gefertigt. Der Dominomantel war voluminös – dies deshalb, sollte es einen Hauch von Dramatik erzeugen und das Geheimnis der Frau noch mehr hervorheben.
Sowohl Männer, als auch Frauen trugen Dominomäntel, allerdings waren die Mäntel der Männer nicht so voluminös gearbeitet, wie die der Frauen.
Die Ärmel waren breit und in der Regel war der Mantel mit einer abnehmbaren Kapuze ausgestattet.
Das Wort “Domino” wurde von den Kapuzen der französischen Priestern abgeleitet, die diese im Mittelalter getragen hatten.
Elisabeth nahm in der Gestalt des Dominos einen “Decknamen” an.
Ida sollte sich weder mit Majestät, noch mit Elisabeth oder Sisi in der Öffentlichkeit verraten.
Sie entschieden sich für den Namen “Gabriele”.
In vielen historischen Büchern ist der Name einer weiteren Hofdame Gabriella Pállfy de Erdöd (*17.11.1833, †22.3.1914) auffällig und es wird angenommen, dass diese dafür herhalten musste.
Doch Biograph Egon C. Conte Corti schrieb, dass die Kammerfrau Schmiedl Gabriele hieß und sich so der Name ableitete.
In vielen historischen Biographien wird der Name “Gabriella” zitiert. Ich bleibe bei Gabriele von Conte Corti.(*)
Um an den Wachen vorbei zu schleichen, wandten die Damen eine List an:
Kammerfrau Schmidl war von ebengleicher hoher Gestalt wie die Kaiserin und so nannte Ida diese beim Vornamen, damit diese glaubten, dass die Kammerfrau und die Vorleserin der Kaiserin “Aus” gingen. Es muss ein Spaß gewesen sein, wenn man es heute betrachtet.
Im Saal angekommen, nahmen die Damen einen Platz auf der Galerie ein. So konnten sie den Saal überblicken und waren nicht inmitten des Getümmels.
Die Blicke streiften umher und so zog ein junger Mann den Blick von Kaiserin Elisabeth an. Sie bat Ida den jungen Mann zu ihr zu bitten. Ida tat wie geheißen und forderte den Mann auf, ihre “Freundin” die einsam auf der Galerie säße, würde ihn gerne kennen lernen.
Foto: Wikimedia/Commons Hofdame Gabriella Pállfy de Erdöd
Er stellte sich als Friedrich Pacher List von Theinburg (*1847, †12.5.1934) vor. Er war 26 Jahre alt und von Beruf Beamter.
Fritz, wie er genannt wurde, kam aus dem Staunen nicht heraus. Die schlanke Gestalt, die Maske und das Kleid verrieten die Kaiserin gleich als “höheren Adel”.
In der Biografie von Conte Corti lässt sich lesen, dass er sofort einen Verdacht hegte, als er die “schöne Dame” sprechen hörte.
Kaiserin Elisabeth war es nicht gewohnt in der Öffentlichkeit zu sprechen und wirkte oft einsilbig.
Man wusste allgemein, dass die Kaiserin kaum hörbar sprach, oft nur flüsterte. Auch dieser gelbe Domino sprach so leise, dass er Mühe hatte dem Gespräch zu folgen, zumal es schnell zum Erliegen kam.
Das bunte Treiben im Saal, war seltsam anzuschauen, wenn man die steife Haltung der beiden Damen bedenkt. Obwohl sich Ida diskret zurückgezogen hatte, blieb sie in der Nähe und beobachtete die Szene genau.
Schon bald änderte sich das Gespräch und plötzlich wollte Elisabeth wissen, ob er die Kaiserin kenne und was man sich über sie erzähle.
Ein Gedanke zuckte wie ein Blitz durch seinen Körper. Er ahnte, dass sie es war, die vor ihm stand, doch beweisen konnte er es nicht.
Fritz Pacher erzählte, dass er sie persönlich nicht kennengelernt habe, da sie sehr scheu sei. Er habe sie aber im Prater beim Reiten gesehen. Selbstverständlich nur aus der Ferne. Sie gäbe sich – anstatt mit dem Volk – lieber mit ihren Hunden und Pferden ab. Zumindest erzähle man sich das auf der Straße.
Elisabeth hörte interessant zu und lächelte verzückt vor sich hin. Natürlich erwähnte er auch ihre außergewöhnliche Schönheit, von der ganz Wien sprach und ihre hervorragende Figur.
Der gelbe Domino soll sich daraufhin amüsiert gerade gerichtet haben.
Foto: Wikimedia/Commons Prinzessin Gisela von Bayern
Als die Kaiserin fragte, für wie alt Fritz sie halte, nannte er keck das echte Alter von Elisabeth. Sie war zum damaligen Zeitpunkt 36 Jahre alt.
Elisabeth war am Höhepunkt ihrer Schönheit, allerdings bereits zu ihrem großen Verdruss Großmutter.
Ihre Tochter (verehelichte) Gisela Prinzessin von Bayern (*12.7.1856, †27.7.1932) hatte am 8.1.1874 ihre Tochter Prinzessin Elisabeth Marie zur Welt gebracht (Anmerkung Petra: nicht zu verwechseln mit Erzsi, welche ebenfalls Elisabeth Marie hieß und die Tochter von Kronprinz Rudolf (*21.8.1858, †30.1.1889) war. Diese wurde allerdings erst am 2.9.1883 geboren).
Daraufhin endete das Gespräch abrupt. Beleidigt nannte Gabriele ihn “unhöflich” und stand auf. Danach soll sie
“So, jetzt kannst du abfahren!” (1)
gesagt haben.
Foto: Wikimedia/Commons Fritz Pacher von Theinburg
Fritz antwortete ironisch:
“Das ist aber wirklich liebenswürdig, zuerst läßt du mich zu dir heraufkommen, quetschst mich aus und gibst mir dann den Laufpaß. Gut, ich gehe, wenn du genug von mir hast, aber eines glaube ich doch von dir verlangen zu können: einen Händedruck zum Abschied.” (2)
Elisabeth setzte sich darauf hin und gebot Fritz nochmals Platz zu nehmen.
Das freche, unkonventionelle Verhalten des jungen Mannes beeindruckte sie sehr.
Mit diesem Satz wandelte sich für die beiden der Abend. Elisabeth taute auf und ging nun am Arm von
Fritz Pacher von Theinburg durch den gesamten Ballbereich.
Sogar die Nebenräume sahen sich die beiden an. Fröhlich wurde über Politik, das Kaiserhaus und sogar über Allerlei (heute würde man small talk dazu sagen) gesprochen.
Elisabeh war nicht wiederzuerkennen. Fritz selbst benahm sich wie ein Gentlemen. Ließ schlüpfrige Witze, machte keine zweideutigen Andeutungen und ließ das Flirten. Später erzählte er Conte Corti, dass er wusste, es würde keinen Sinn machen.
Jeder der ihn an diesem Abend mit dem “gelben Domino” sah, ging erstaunt zur Seite. Zu königlich der Gang des Dominos. Zu schlank, zu hochgewachsen, zu schön die gesamte maskierte Gestalt.
Obwohl von Theinburg diese Szenen genoss, so war ihm innerlich unbehaglich. Die adelige Gesellschaft begann sich um das Paar zu platzieren und man tuschelte unentwegt und versuchte die Identität der gelben Dame zu erraten.
Foto: Wikimedia/Commons Miklós Pál Esterházy de Galántha “Sport-Nikki”
Nur einer war dabei, der wusste wer sie war.
Freund und Sportsmann Nikki Esterházy (Miklós Pál Esterházy de Galántha, genannt Nikki oder auch Sport-Nikki) (*5.12.1839, †7.5.1897) erkannte Elisabeth.
Zu oft war er zu Gast auf Schloss Gödöllö und an ihrer Seite, als dass er ihre Stimme, ihren Gang und ihre Art nicht erkennen würde. Doch er schwieg.
Fritz von Theinburg bat um ein weiteres Rendezvous. Elisabeth, die vorgab, keine feste Adresse zu haben, da sie permanent auf Reisen sei, gab ihm zu verstehen, dass vielleicht ein Treffen in Stuttgart oder München möglich wäre und ob er dorthin eilen würde.
Er würde überall hinreisen, gab er an, Hauptsache er könnte “seinen schönen Domino” wiedersehen. Als er darum bat, dass sie zumindest den Handschuh ausziehen solle, damit er ihre Haut und Hände bestaunen könne, lehnte Elisabeth ab. Das Geheimnis sollte bewahrt werden.
Mittlerweile war der Ball fortgeschritten. Weit nach Mitternacht und Ida wurde immer nervöser und kam immer öfter zu Elisabeth zurück. Sie hatte sich entfernt, als diese begann im Saal herumzulaufen.
Doch Elisabeth ließ sich die Adresse von Fritz geben und versprach alsbaldig zu schreiben. Die Kutsche fuhr vor und die beiden Damen entschwanden in der dunklen Nacht.
Kaiserin Elisabeth war bang beim Gedanken, dass er ihr folgen würde. Ida ließ den Fiaker noch in die Vorstadt fahren. Berauscht und glückselig saßen die beiden Damen in der Kutsche.
Angekommen, setzte sich Elisabeth noch an ihren Schreibtisch und dichtete folgende Zeilen:
Wo sich bunte Masken drängen,
Welch Summen, Toben, Lärmen, Schrei'n,
Wie sie zu tollen Walzerklängen
Den Mücken gleich, sich dreh'n und freu'n.
Doch wir zwei wählten uns das Beste;
Wir sassen in den Wagen ein,
Der ward uns bald zum warmen Neste:
Und Dunkelheit hüllt' rings uns ein...." (3)
Berauscht war auch Fritz von Theinburg, der in seine kleine Wohnung zurückging und nicht schlafen konnte. Täglich ging er in den Prater und versuchte die reitende Kaiserin zu erblicken. Ständig blieb er in der Nähe der Hofburg und hoffte, Sisi in einer Kutsche zu sehen. Und tatsächlich. Die Kutsche fuhr knapp an ihm vorbei. Schlagartig drehte sich Elisabeth um, hob den Vorhang zum hinteren Sichtfenster, erblickte den erstaunten Fritz von Theinburg und ließ ihn wieder fallen. Eine Woche später bekam er Post. Aus München.
“Lieber Freund!
Sie werden erstaunt sein, meine ersten Zeilen aus München zu erhalten. Ich bin seit wenigen Stunden hier auf der Durchreise und benütze die kurzen Augenblicke meines Aufenthaltes, Ihnen das versprochene Lebenszeichen zu geben. Und wie sehnsüchtig haben Sie es erwartet. Leugnen Sie nicht mit Ihrer ehrlichen deutschen Natur. Aber fürchten Sie nicht, ich fordere keine Erklärungen, ich weiß ja so gut wie Sie, was seit jener Nacht in Ihnen vorgeht. Mit tausend Frauen und Mädchen haben Sie schon gesprochen, sich auch unterhalten geglaubt, aber Ihr Geist traf nie auf die verwandte Seele. Endlich haben Sie im bunten Traum das gefunden, was Sie jahrelang suchten, um es für ewig vielleicht wieder zu verlieren. Ich bin auf dem Wege nach Englang, die Verwandten meiner Mutter in Geschäftssachen aufzusuchen, ein trockener geistermüdender Aufenthalt steht mir bevor. Ich werde lange zehren müssen an den letztverlebten Stunden. – So lange ich kann, gebe ich die Hoffnung auf Stuttgart nicht auf. Von London aus erhalten Sie wieder Nachricht. Schreiben Sie mir einstweilen
Hauptpost poste restante Wien unter der Adresse “Gabriele F.L.36”
Meine Cousine, deren blonde Haare so grossen Eindruck auf Sie machten, besorgt mir die Briefe.”
In Eile grüsst Sie Ihre Freunden G. (4)
Foto: Wikimedia/Commons Marie Gräfin Festetics Hofdame
Mit der Cousine war natürlich niemand geringerer als Hofdame Gräfin Ida von Ferenczy gemeint.
Fritz Pacher schrieb sofort zurück und nach 2 Tagen erfährt er, dass der Brief abgeholt worden sei.
Tage, Wochen danach beschäftigte Ida von Ferenczy noch immer das Geschehen am Ball. Kaiser Franz Joseph und Graf Gyula Andrássy kehrten nicht wie vorgesehen am 11.2.1874 von St. Petersburg zurück, sondern erst am 27.2.1874.
Und obwohl Hofdame Gräfin Marie von Festetics (*20.10.1839, †17.4.1923) ebenfalls eine Intima von Kaiserin Elisabeth war, wusste diese nichts von diesem Abenteuer. Insgeheim freute sich Ida darüber, obwohl sie sich mit Marie von Festetics außerordentlich gut verstand.
In der Zwischenzeit sammelte Fritz von Theinburg, alles was über die Kaiserin in der Presse erschien. Jeder noch so unbedeutende Schnipsel wurde ausgeschnitten. Er wollte das Geheimnis seiner schönen Begleiterin lüften, doch so einfach, wie er sich das vorgestellt hatte, war es nicht. Elisabeth verwischte gut ihre Spuren. Zu gut.
Mittlerweile langten immer wieder Briefe ein. Ein weiterer Brief war mit 23.3.1874 datiert. Ebenfalls aus London. Der nächste war nur mit “April 1874” datiert, wieder angeblich aus London.
Doch in den Zeitungen war nirgends zu lesen, dass sich Elisabeth dort aufhalten sollte. War er auf der falschen Spur? Oder lügt diese Gabriele nur wie gedruckt. In den Briefen war zu lesen, dass Gabriele Hunde hasste, im Orient sei und wieder gab es eine neue Adresse für ihn. Diesmal sollten die Briefe an “Leonard Wieland, General Postoffice” in London gehen.
Friedrich Pacher List von Theinburg wurde immer unsicherer. Der sehr hübsche junge Mann glaubte an einen Trugschluss, schrieb aber immer wieder zurück. Dass sich zu dieser Zeit allerdings Königin Marie von Neapel (*4.10.1841,†19.1.1925), eine Schwester von Kaiserin Elisabeth in London aufgehalten hatte, wusste er natürlich nicht.
Foto: Wikimedia/Commons Königin Marie von Neapel
Die ersten Briefe vergaß er “nochmals abzuschreiben”, damit er ihn ebenfalls in Händen halten bzw. für die Nachwelt bewahren konnte. Denn, sollte es Kaiserin Elisabeth gewesen sein, wäre dies für ihre Biographen sicherlich interessant. 1874 so weit vorauszudenken, war sicherlich von Vorteil.
Elisabeth wäre nicht Elisabeth, wenn sie nicht aus allem einen Wahn entwickelt hätte.
Und so geschah es auch hier. Ein kleiner unbedeutender Flirt an einem Faschingsdienstag, wurde für die gelangweilte Kaiserin eine Passion.
Sie steigerte sich so sehr in diese Geschichte, dass ihre Briefe zwischen Wahn und Wahrheit hin und her hüpften und aus einer kleinen zufälligen Begegnung wieder ein Gedicht machte.
Sie hoffte, dass sich ihr “Freund” Ferdinand Pacher nach ihr verzerrte. Sie lechzte nach Hinweisen in seinen Worten.
Als Kaiserin Elisabeth mit ihrer Tochter Erzherzogin Marie Valerie (*22.4.1868, †6.9.1924) wieder im Prater Ausritt, traf sie auf Fritz, der dort (zufällig?) spazieren ging. Überrascht grüßte er sie und lächelte sie überaus freundschaftlich an. Jahre später erzählte Elisabeth ihrer Tochter die Episode als Domino und erwähnte dabei diesen Ausritt. Sie war sich ab diesem Zeitpunkt sicher, dass er sie als gelben Domino erkannt hatte.
Doch trotzdem oder gerade deshalb schrieb sie über jenes Treffen ein Gedicht:
Ich seh dich reiten, ernst und traurig, In Winternacht im tiefen Schnee; Es bläst der Wind so eisig schaurig, Mir ist so schwer zumut, so weh!Im dunklen Osten, fahl verschwommen, Da dämmert jetzt ein blasser Tag, Mit Centnerlast das Herz beklommen, Trägst heimwärst du die bitt're Klag! (5)
Während Elisabeth vor sich hinträumte und meinte, ihren Seelenfreund gefunden zu haben, den sie doch nicht haben durfte, beging Fritz einen folgenschweren Fehler, den er büßen sollte. Er ging auf den letzten Brief “aus London” mit Argwohn ein. Er forderte “Gabriele” auf sich zu bekennen und schrieb ihr, dass er glaube, dass sie Elisabeth heiße. Außerdem sei ihm der kleine Flirt ganz Recht gewesen, mittlerweile sei das Spiel aber langweilig und es wäre an der Zeit die Wahrheit zu sagen.
Erst zu spät fiel ihm auf, dass er damit alles zerstört hatte. Der Flirt wäre von Elisabeth noch jahrelang betrieben worden, wäre Fritz von Theinburg nicht so unklug gewesen und hätte dieses Antwortschreiben verfasst. Er ärgerte sich massiv über sich selbst. Sein Brief wurde nie beantwortet.
Foto: Hofburg Redoutensaal Hofburg, heute
Monate später hoffte er, auf dem erneuten Faschingsball in der Wiener Redoute seinen Domino wiederzufinden.
Und so geschah es 1876, dass ein groß geblümter Domino plötzlich neben ihm stand, sich wie von selbst einhackte und mit ihm spazieren ging.
Doch es war ihm bald klar, dass es sich hier nicht um den “gelben Domino” handelte. Die Unterhaltung verlief aber außergewöhnlich intim, denn dieser “blumige Domino” wollte die Briefe von “Gabriele” zurück. Erstaunt über diese Forderung, antwortete er, nur wenn er seine zurück bekäme. Damit war der Abend zu Ende.
Am 6.3.1876 erhielt er folgenden Brief:
“Lieber Fritz, Obgleich Du denken wirst, dass ich Dich vergessen, so will ich Dich hiemit vom Gegentheil überzeugen, und Dir mitteilen, dass sich Gabriele sehr freute zu hören, dass Du ihrer noch gedenkst, dass ich ihr Deine Grüsse ausgerichtet ist selbstverständlich und lässt auch sie Dich bestens grüssen. Die Arme hat sich vorgestern den Fuss derart verstaucht, dass sie genöthigt ist, das Bett zu hüten, ich hoffe jedoch, dass der Unfall einen günstigen Verlauf nehmen wird. Ich theile Dir dies mit, da ich denke, dass alles was sie betrifft Dich interessieren dürfte; nun zu etwas anderem. Du sagtest mir auf der letzten Redoute, dass falls Gabriele ihre Briefe zurück will, Du geneigt bist, sie ihr zu senden, gegen Austausch der Deinigen. Trotzdem sie durchaus kein Misstrauen in Dich setzt, so wirst Du doch begreifen, dass es für sie eine Beruhigung wäre, wenn sie wieder in Besitz der Briefe käme, willst Du sie also zurücksenden, so kannst sie poste restante, Wieden unter Henriette B.R., wo ich sie dann abholen lassen werde, und Dir auch gleich die Deinen senden, jedenfalls antworte mir umgehend, wie es Dir geht, was Du noch getrieben, als ich Dich am Dienstag verliess, gewiss unzählige Rendez-vous gegeben nicht wahr? Nun will ich Dich nicht länger quälen, sondern bloss Dich bestens grüssen als Dein rother Domino Henriette B.R. poste restante Wieden.” (6)
Foto: Wikimedia/Commons Ida von Ferenczy
Doch “Henriette” hat nicht mit der Verweigerung von Fritz Pacher gerechnet. Sein Antwortschreiben war eher belustigt, als besorgt. Die Briefe sandte er nicht zurück und so wurde der Ton von Henriette entzürnter. Mittlerweile war der “rothe Domino” zum “Großgeblumten” Domino geworden und so kam er auf die Idee, dass es sich hierbei um die bekannte Friseurin im Dunstkreis der Kaiserin gewesen sein könnte, die ihm mittlerweile schreibe.
Egal wer ihm schrieb, die Damen amüsierten sich köstlich, allerdings ärgerten sie sich auch, denn die Briefe von “Gabriele” kamen nicht zurück.
Der Kontakt riss ab und Jahre gingen ins Land. Fritz von Theinburg wurde Fabrikant und reich. Er heiratete Mathilde Clara Schwäger von Hohenbruck und zeugte mit ihr 3 Töchter: Elisabeth, Edith und Mathilde.
An einem weinseligen Abend erzählte er seiner Mutter und seiner Frau Clara die Episode und seinen Verdacht. Die Damen lachten ihn aus und vermeinten er habe Halluzinationen gehabt.
Alle drei staunten daher nicht schlecht, als nach 11 Jahren ein Brief von “Gabriele” einlangte. Sie verlangte nach seiner richtigen Adresse und wollte nun – zu seinem großen Erstaunen – eine Photographie von ihm.
von Theinburg schrieb am 9.6.1885 zurück:
Lieber gelber Domino! Ich wüßte nicht, was mich hätte mehr überraschen können als dieses Lebenszeichen von Dir. “Aus allen Wolken bin ich gefallen”, wäre zu wenig gesagt, viel zu wenig. Was ist seit diesen elf Jahren alles geschehen? Du prangst wohl noch in alter, stolzer Schönheit – ich bin ein kahlköpfiger, ehrsamer aber glücklicher Ehemann geworden, habe eine Frau, die Dir an Größe und Gestalt ähnelt, und ein herziges kleines Mäderl. Du kannst, wenn Du es für passend findest, ohne Scheu nach diesen langen elf Jahren Deinen Domino ablegen und Klarheit in das räselhafte Abenteuer bringen, das mich von allen jenden, die ich erlebt, am meisten interessiert hat… Du siehst, ich bin noch immer das alte “deutsche”, aufrichtige Gemüt mit all den Fehlern von damals. Was mir von Dir kommt, kann nur Gutes sein, also sende immerhin, was Du zu senden hast. Was es auch sei, es wird mich, wie jede Nachricht von Dir, herzlich freuen…” (7)
Doch Fritz hat nicht mit der lustig gemeinten Antwort gerechnet, die er völlig falsch aufnahmt. Der “rothe Domino” meldete sich zu Wort und wollte den kahlköpfigen Ehemann Pacher sehen.
Fritz schrieb darauf hin entzürnt zurück. Elisabeth erhielt aus den Händen Idas den Brief mit den garstigen Worten
“Recht leid tut’s mir, daß Du nach elf Jahren noch immer nötig findest, mit mir Verstecken zu spielen. Eine Demaskierung nach so langer Zeit wäre ein hübscher Spaß und ein gutes Ende zu dem Faschingdienstag 1874 gewesen, eine anoyme Korrespondenz entbehrt nach so langer Zeit des Reizes. Dein erster Faschingsbrief hat mich gefreut, der letzte hat mich geärgert. Mißtrauen sieht der nicht gern, der weiß, daß er es nicht verdient. Leb wohl und nichts für ungut!” (8)
Zuerst ist sie entsetzt über den Ton den er ihr gegenüber anschlägt, dann jedoch besann sie sich, dass er ihr ja so schreibe, als wüsste er nicht, wer sie sei. Sie legte den Brief und das Gedicht, welches sie ihm zur Gegenleistung für ein Foto schicken wollte, zur Seite und schrieb nicht mehr zurück.
Doch sie wäre nicht Elisabeth, wenn sie nicht noch ein Spottgedicht hinten nach geschrieben hätte:
Ein ganz gemeines Beast;
Kahl war er auch, dazu noch schiech,
Gehör nur auf den Mist.
Von seiner Schmach ist voll,
Und jedes Echo heult's
Von Fels zu Fels, im Land Tirol -
Und Eine ist, die teilt's! (9)
Die Schmach die Briefe nicht zurückerhalten zu haben und auch den Ton, den er ihr gegenüber anschlug, den verlorenen Flirt, den Traum einer Faschingsdienstagsnacht, beschäftigten Kaiserin Elisabeth bis ins Jahr 1887.
Hier verfasste sie das letzte Gedicht für und an Fritz, der wie ein Nebel immer wieder vor ihr her zog:
Das Lied des gelben Dominos Long, long ago*
Denkst Du der Nacht noch im leuchtenden Saal? Lang, lang ist's her, lang lang ist's her, Wo sich zwei Seelen getroffen einmal, Lang, lang ist's her, lang ist's herWo unsre seltsame Freundschaft begann, Lang, lang ist's her, lang ist's her! Denkst Du, mein Freund, woh noch manchmal daran? Lang, lang ist's her, lang ist's her!Denkst du der Wort, so innig vertraut,Lang, lang ist's her, lang ist's her!Die wir getauscht bei der Tanzweisen Laut? Lang, lang ist's her, lang ist's her!Ach! nur rasch schwand die Zeit uns dahin; Lang, lang ist's her, lang ist's her!Ein Druck der Hand noch, und ich musste flieh'n, Lang, lang ist's her, lang ist's her!Mein Antlitz enthüllen durft' ich dir nicht. Lang, lang ist's her, lang ist's her!Doch dafür gab ich der Seele ihr Licht, Freund das war mehr, das war mehr! Jahre vergingen und zogen vorbei, Lang, lang ist's her, lang ist's her!Doch sie vereinten nie wieder uns zweiLang, lang ist's her, lang ist's her!Forschend bei Nacht frägt die Sterne mein Blick, Lang, lang ist's her, lang ist's her!Auskunft noch Antwort gibt keiner zurück, Lang, lang ist's her, lang ist's her!Bald wähnt ich nahe dich, dann wieder fern. Lang, lang ist's her, lang ist's her!Weilst du vielleicht schon auf anderem Stern? Lang, lang ist's her, lang ist's her!Lebst du, so gieb mir ein Zeichen bei Tag, Lang, lang ist's her, lang ist's her!Dass ich's kaum hoffen, erwarten vermag, So lang ist's her, so lang ist's her!Lass mich warten nicht mehr, Warten nicht mehr! (10)
(*Anmerkung Petra: Das Gedicht gibt es in englisch und deutsch; ich habe die deutsche Version abgeschrieben)
Foto: Wikimedia/Commons Kaiserin Elisabeth
1887 wurde Kaiserin Elisabeth 50 Jahre alt und ihre Schönheit war vergangen. Tiefe Falten durchzogen das einst so schöne Antlitz. Die Kosmetik von damals war noch nicht so weit, ein Gesicht, das wettergegerbt und Hungerkuren gezeichnet war, hinter Make-up oder Operationen zu verstecken.
Foto: Wikimedia/Commons Gräfin Marie von Larisch
Das Gedicht “Long, long ago” sandte sie an Fritz aus “Brasilien”. Hätte sie die Post abholen lassen, die noch immer auf ihren alten Adressen auf sie gewartet hätte, wäre sie ebenfalls in den Besitz eines Gedichtes aus der Feder von Fritz gekommen, welches er an die “Schöne Unbekannte von 1874” verfasst hatte.
Doch nach einem halben Jahr ging der Brief unbeantwortet zurück.
40 Jahre später wurde Fritz der Beweis zugespielt, dass es sich um Kaiserin Elisabeth handelte.
Gräfin Marie Louise Larisch (*24.2.1858, †4.7.1940) war durch den Selbstmord des Kronprinzen bei der Familie Habsburg in Ungnade gefallen. Marie war zuvor die Lieblingsnichte von Elisabeth. Doch der Tod des Sohnes überschattete fortan das Leben der Kaiserin.
Marie versuchte sich mit boshaften Memoiren über das Leben der bereits verstorbenen Kaiserin über Wasser zu halten. Zufällig kaufte er das Buch, als er auf eine lange Zugfahrt musste. Darin war in groben Zügen die Geschichte vom gelben Domino erwähnt. Wer Marie die Geschichte erzählte, oder ob sie Henriette war, wird wohl nie geklärt werden.
Als der Biograph Conte Corti von Ida von Ferenczy die Geschichte hörte und den Namen des “Flirts” erfuhr, nahm dieser Kontakt zu ihm auf. Fritz Pacher hatte nun den allerletzten Beweis erhalten.
Er übergab die Briefe von “Gabriele” Conte Corti und starb kurz nach dem Interview 87jährig am 12.5.1934.
– Petra –
Rechtliche Hinweise: Text: Petra Bildrechte: Wikimedia/Commons, Ludwig Angerer via Wikimedia/Commons, forum.alexanderpalace.org, Hofburg, photo.rmn.fr, thisversailles.com,
Literatur Hinweise:
(*) Egon C. Conte Corti interviewte persönlich Friedrich Pacher List von Theinburg und Ida von Ferenczy – S. 226/7,
1 – S. 227, 2 – S. 228, 7 – S. 311/2, 8 – 312 E.C.Conte Corti Elisabeth von Österreich Tragik einer Unsterblichen (nur noch antiquarisch erhältlich) Wilhelm Heyne Verlag, 15. Auflage, 1996
3 – S. 185, 4 – S. 185/6, 5 – S. 191/2, 6 – S. 193, 9 – S. 199, 10 – S. 200 Sigrid-Maria Größing Kaiserin Elisabeth und ihre Männer (nur noch antiquarisch erhältlich) Ueberreuter, 1. Auflage, 1998
Foto: Golfhotel Kaiserin Elisabeth Feldafing Kaiserin Elisabeth
Vorwort:
Oftmals entstehen auf Facebook hitzige Diskussionen, wenn es um die Eignung Elisabeths als Mutter geht.
Viele Followerinnen bzw. Leserinnen sind der Meinung, dass Kaiserin Elisabeth eine schlechte Mutter war.
Ich halte dagegegen.
Viele von ihnen, sehen die Mutterschaft mit dem Auge und überkompensieren das mit dem Zustand von Heute.
Eine Mutter im 19. Jahrhundert hatte jedoch nicht den Stellenwert, wie es eine Mutter im 21. Jahrhundert hat. Dieses Phänomen begleitet uns erst so richtig seit den 1950er Jahren.
Ich habe schon in den Berichten zu Herzogin Ludovika (hier) und Erzherzogin Sophie (hier) versucht zu erklären, wie eine Mutterschaft im 19. Jahrhundert aussah.
Bei Kaiserin Elisabeth kam noch hinzu, dass sich ihre Tante und Schwiegermutter derartig ins Geschehen einmischte und sie die Trauer über ihre verstorbene Tochter, noch dazu schwanger, nicht verwand, dass sie aufgab. Danach entfremdete sie sich von ihren Kindern und konnte das Versäumte nie wieder aufholen. Was sie bei Gisella und Rudolf falsch machte, wollte sie bei Marie Valérie richtig machen: deshalb ließ sie Erzherzogin Sophie nicht mehr an ihre Tochter.
Doch um dem Ganzen ein Bild zu geben, beginne ich meine Geschichte von Anfang an.
Ein kleiner Hinweis vorab: Dieser Beitrag dient als Vorabgeschichte zu den jeweiligen Beiträgen zu den Kaisertöchtern und dem Kronprinzen die noch folgen werden.
Er dient als Gesamteindruck für die Eignung Elisabeths als Mutter.
Viel zum Mythos der liebenden und verhätschelnden Mutter, haben natürlich auch die Sissi-Filme mit Romy Schneider beigetragen. Immer wieder ist das Entsetzen groß, wenn man bei mir liest, dass Elisabeth ihre Töchter (bis auf Marie Valérie) nicht so verwöhnt und verhätschelt hat, wie dies in dieser Trilogie gezeigt wird.
Elisabeth als Mutter
Nach der Verlobung (hier) und der aufwändigen Hochzeit (hier) war die einzige Pflicht, die Kaiserin Elisabeth hatte, ein Kind zu bekommen.
Foto: Wikimedia/Commons Sophie Gräfin von Esterházy
Die Flitterwochen verbrachte das junge Paar im Schloss und Schlosspark Laxenburg, welches Elisabeth zwar ans Herz wuchs, sie allerdings auch an Einsamkeit beinahe zu Grunde gehen ließ.
Foto: Schloss Laxenburg Schlosspark Laxenburg mit der Franzensburg
Kaiser Franz Joseph hatte kaum Zeit für seine junge schöne Braut und so musste sie sich mit den ihr völlig fremden Hofdamen begnügen, allen voran die verhasste Erzherzogin Sophie Prinzessin von und zu Liechtenstein, Gräfin Esterházy von Galántha, bekannt als “Gräfin Esterházy” (*5.9.1798, †17.6.1896).
Pünktlich um 5.00 Uhr früh verließ der junge Kaiser Laxenburg, fuhr mit der Kutsche zurück nach Wien, entweder in die Hofburg oder nach Schloss Schönbrunn, um an seinem Schreibtisch Staatsgeschäfte zu verrichten und kam erst abends zum Diner, welches um 18.00 Uhr serviert wurde, zurück.
Elisabeth blieb allein. Also allein in ihrem Kummer.
Denn vollkommen fremde Personen hatten es sich zur Aufgabe gemacht, das junge, verschüchterte, von Heimweh geplagten Mädchen zu zähmen und die Hofetikette einzudrillen.
Von Erzherzogin Sophie beauftragt, wurde jeder Fauxpas, den die junge Kaiserin betrieb, an diese gemeldet.
Kein Reiten ohne Begleitung, kein Spazieren gehen ohne neugierige Blicke ihrer ihr fremden Hofdamen. Sogar am Abend, während des Diners, durfte sie mit ihrem Mann nicht alleine Speisen. Flügeladjutant Hugo von Weckbecker (*1820, †1866) wurde neben Elisabeth platziert, damit die schüchterne Kaiserin endlich sprechen lerne.
Eine Kaiserin habe schließlich die Gäste des Kaisers charmant zu unterhalten. Und auch hier war Sophie von Esterházy stets an Elisabeths Seite. Jeder Fehler wurde sofort korrigiert. Auch coram publico. Ich glaube, es kann sich jeder selbst vorstellen, wie unangenehm dies ist.
Vierzehn Tage nach ihrer Hochzeit, schrieb sie verzweifelt in ihr Tagebuch:
Es kehrt der junge Frühling wieder Und schmückt den Baum mit frischen Grün Und lehrt den Vögeln neue Lieder Und macht die Blumen schöner blüh'n.
Doch was ist mir die Frühlingwonne Hier in dem fernen, fremden Land? Ich sehn' mich nach der Heimat Sonne, Ich sehn' mich nach der Isar Strand. (1)
Auch die ersten Wehklagen über ihre verlorene und einzig wahrhaften Liebe kamen wieder ans Tageslicht. Wir erinnern uns an ihren Jugendfreund Richard, der ihr seitens ihrer Mutter entrissen wurde. Die glücklichen Kindertage könnt ihr hier nachlesen.
Nur einmal konnt ich wahrhaft lieben Es war das erstemal. Nichts konnte meine Wonne trüben Bis Gott mein Glück mir stahl...
Nur kurz warn diese schönsten Stunden, Nur kurz die schönste Zeit. Nun ist mein Hoffen all entschwunden, Ihn geb ich nicht in Ewigkeit. (2)
Foto: Wikimedia/Commons Marie von Festetics
Viel später kehrte sie mit ihrer Hofdame und Vertrauten Marie Gräfin von Festetics (*20.10.1839, †17.4.1923) zurück und zeigte ihr den Schreibtisch, an dem sie stundenlang Briefe und Gedichte schrieb und sich die Seele aus dem Leib weinte.
Marie von Festetics notierte in ihr Tagebuch:
“Elisabeth ging von Zimmer zu Zimmer – sagte von jedem, was es war – aber ohne näheren Commentar, bis Sie endlich in einem Eckzimmer stehen blieb, wo ein Schreibtisch zwischen Fenstern stand u. ein Schreibsessel davor; lange stand Sie mäuschentill da – plötzlich sagte Sie: … Hier habe ich viel geweint, Marie. Allein der Gedanke an diese Zeit preßt mein Herz zusammen. Hier war ich nach meiner Hochzeit… Ich fühlte mich so verlassen, so einsam. Der Kaiser konnte tagsüber natürlich nicht hier sein, er ist täglich in der Früh nach Wien gegangen. Um sechs Uhr ist er zum Diner zurückgekehrt. Bis dahin war ich den ganzen Tag allein und hatte Angst vor dem Augenblick, da Erzherzogin Sophie kam. Denn sie kam jeden Tag, um jede Stunde zu spionieren, was ich tue. Ich war ganz à la merci dieser ganz bösartigen Frau. Alles war schlecht was ich tat. Sie urteilte abfällig über jeden, den ich liebte. Alles hat sie herausbekommen, weil sie ständig gespitzelt hat. Das ganze Haus hat sie so gefürchtet, daß alle zitterten. Natürlich haben sie ihr alles mitgeteilt. Die kleinste Sache war eine Staatsaffäre…” (3)
Foto: Wikimedia/Commons Erzherzogin Sophie
Elisabeth, welche in Possenhofen immer vor Gesundheit strotzte, wurde labil.
Ihre Stimmungsschwankungen waren enorm. Ihr Leiden wurde täglich mehr. Erzherzogin Sophie nahm dieses Leiden als Kränkung auf. Sie selbst, die immer Kaiserin werden wollte, musste zusehen, wie dieses Kind die Stellung die man ihr auftrug als Bürde ansah. Erzherzogin Sophie (*27.1805, †28.5.1872) kümmerte die instabile Lage ihrer Schwiegertochter nicht.
Sie sah nur das glückliche Gesicht ihres Sohnes und schrieb Briefe an ihre Schwestern nach Bayern und Sachsen, wo sie vom “glücklichsten Ehepaar aller Zeiten” schrieb.
Auch die Flitterwochen erwähnte sie als
“ländliche Idylle” und “herzerquickender Anblick der beiden glücklichen Kinder”.
Kaiserin Elisabeth sah dies jedoch ganz anders. Auch Erzherzogin Marie Valérie schrieb später darüber in ihrem Tagebuch.
Nach dem “ländlichen Idyll” der Flitterwochen, fingen die Pflichten der jungen Kaiserin an. Die erste Reise des Kaiserpaares führte Anfang Juni nach Mähren und Böhmen, wo ihnen ein wohlgesonnenes Volk entgegen winkte.
Foto: Wikimedia/Commons Carl Graf von Grünne
Foto: Wikimedia/Commons Dr. Johann Nepomuk Seeburger
Elisabeth sollte als erstes Böhmisch lernen, doch die Sprache war ihr verhasst, weshalb es außer dem Zählen bis 10 nicht recht voranging. Auch hier reiste das Paar natürlich nicht allein.
Neben demFlügeladjutant, reiste auch das Militär mit, Leibarzt Freiherr Dr. Johann Seeburger (*29.4.1800, †7.5.1870) , Graf Karl Grünne (*25.8.1808, †15.6.1884) und natürlich die Obersthofmeisterin und Obersthofmeister Ihrer Majestät, sowie zwei Hofdamen und ein Sekretär.
All diese Personen brachten natürlich wiederum ihre Diener, Friseure und Lakaien mit. Auch das Dienstpersonal des Kaiserpaares durfte nicht fehlen. Ein Tross der Unendlichkeit ritt dem Kaiserpaar voraus und hinten nach.
Ziemlich befremdlich für eine 16jährige, die gerade einmal ein paar Wochen Kaiserin war.
Elisabeth trat als charmante und liebreizende Kaiserin auf, deren Art mit den “einfachen” Leuten zu sprechen auffiel.
Die Hoffnung stieg bei Hofe, dass aus ihr doch noch einmal eine gute Kaiserin werden möge, die sich dem sozialen Engagement annehmen würde.
Auf dieser Reise wurde sichtbar, dass Elisabeth mit Böhmen und der böhmischen Aristokratie, die immerhin auch in Wien den Ton angab, nichts anfangen konnte.
Hauptsächlich waren sie es, die über die einfache herzögliche Abstammung die Nase rümpften und Elisabeth in allen Belangen auslachten. Kein Adel war ihr weniger Wohlgesonnen als der Böhmische. Immerhin waren dies aber die bekanntesten Namen des Landes: Schwarzenberg, Waldstein, Lobkowitz, Kinsky, Khevenhueller, Liechtenstein, Auersperg und einige andere.
Foto: habsburger.net Kaiser Ferdinand
Foto: Wikimedia/Commons Kaiserin Maria Anna
Ein kleiner Höhepunkt der Reise sollte der Besuch beim abgedankten Kaiser Ferdinand (*19.4.1793, †29.6.1875) und Kaiserin Maria Anna (*19.9.1803, †4.5.1884) werden, welche nun in Prag lebten.
Der kleine, gutmütige Mann, dessen Kopf schief auf seinem Körper hing, stundenlang Domino spielte und mit seinem Neffen Franz Joseph wenig anfangen konnte, freute sich über den Besuch der hübschen Nachfolgerin seiner Frau. Maria Anna war ebenfalls entzückt, hatte aber am Wiener Hof nichts mehr zu melden.
14 Tage sollte die Reise dauern, welche an Strapazen kaum zu überbieten war.
Doch zurück in Wien, wurde Elisabeth keine Ruhe gegönnt.
Fronleichnam stand vor der Türe, weshalb eine große Prozession geplant war.
Elisabeths Einwand noch nicht alt genug für diese Bürde zu sein, wurde abgeschmettert. Obwohl ihr die Verbindung Kirche und Politik völlig fremd war, erwartete man von ihr, dass sie eine große Staatstoilette trug.
Kaiserin Maria Anna hatte jahrelang diese Aufgabe mit vollem Glanz und Hingabe absolviert. Kaiserin Elisabeth fürchtete sich in die Fußstapfen der beliebten Kaiserin zu treten. Doch Kaiser Franz Joseph und seine Mutter Erzherzogin Sophie hatten kein Mitleid mit ihr.
Elisabeth galt als die große Hauptattraktion.
Mit Schleppkleid und Brilliantendiadem geschmückt, stieg sie in den Hofgalawagen, der mit acht Schimmeln bespannt war. Doch Elisabeths Sorgen waren unbegründet. In frommer, demütiger Haltung überstand sie den Tag gekonnt und meisterlich, als habe sie nie etwas anderes zuvor gemacht.
Foto: sammlung.belvedere.at Kaiserin Elisabeth in großer Staatsrobe, 1869 Bild: Franz Russ der Jüngere
Die ersten Zeichen einer Schwangerschaft stellten sich ein, welche Sophie mit Argusaugen beobachtete. Die junge Kaiserin litt unter schweren Schwangerschaftsproblemen:
sie erbrach ständig, litt an Schwindelgefühl und Müdigkeit.
Foto: Wikimedia/Commons Herzogin Ludovika
Elisabeth, die weiterhin Tanzstunden und Sprachunterricht nahm und immer noch gerne Ausritt, musste dies bald einstellen.
Die meiste Zeit vom Tag musste sie liegend verbringen. Mutter Ludovika wurde Bang um ihre Tochter, doch traute sie sich nicht nach Wien. Der Dank, dass ihre Schwester die junge Elisabeth als Heiratskandidatin ihres Sohnes anerkannte, war so enorm, dass Ludovika Sophie devot begegnete.
Foto: Wikimedia/Commons Gräfin Mathilde
Foto: Wikimedia/Commons Carl Theodor Herzog in Bayern
Der Sommer stand bevor und so zog die Familie nach Ischl. Hier kam es zu einem lustigen Vorfall, den ich euch unbedingt erzählen möchte: Herzogin Ludovika (*30.8.1808, †25.1.1892) telegrafierte nach Ischl, um Elisabeth die Ankunft von Spatz, Gackel und sich selbst anzukündigen.
Sie unterschrieb das Telegramm mit Mimi, da dies der Spitzname war, mit dem Elisabeth ihre Mutter seit ihrer Kindheit ansprach. Mimi gab noch den Zug und die Ankunftszeit in Lambach bekannt, da der Zug dort halten würde. Von dort sollte eine Kutsche für die Familie bereitstehen, um diese zur frisch umgebauten Kaiservilla zu bringen. So der Plan. Doch das Telegramm kam nicht in der Kaiservilla, sondern im Hotel Elisabeth an.
Als Herzogin Ludovika, Schwester Herzogin Mathilde und Bruder Herzog Carl Theodor in Lambach ankamen, stand jedoch keine Kutsche bereit. Helle Aufregung entstand, noch dazu in einer Zeit ohne Telefon. Wir können uns das heute kaum noch vorstellen, oder? Zumindest eine Telefonzelle haben wir älteren Leser schon gekannt.
Plötzlich erschien ein Hotelpage des Hotels Elisabeth in Ischl.
Er hielt in der Hand 3 Käfige. Diese sollten für die Vögel “Mimi”, “Spatz” und “Gackel” sein.
Foto: ÖNB Kaiserin Elisabeth und Kaiser Franz Joseph
Um hier eine kleine Erklärung abzugeben.
Ludovika hatte für alle Kinder Kosenamen. Spatz war Mathilde (*30.9.1843, †18.6.1925), Gackel war Carl Theodor (*9.8.1839, †30.11.1909) und Mimi war, wie gesagt, sie selbst.
Man mag sich das Gesicht des Pagen gar nicht vorstellen, als er den Irrtum bemerkte. Noch dazu wo er die Mutter und Geschwister Ihrer Majestät vor sich stehen hatte.
Natürlich klärte sich der Irrtum als baldigst auf und so wurde die Familie mit der grell lackierten Hotelkutsche zur Kaiservilla gebracht.
Schon während der Schwangerschaft zogen dunkle Wolken über das Mutterglück auf.
Erzherzogin Sophie riss alles an sich. Sie bestimmte, wo die Kindskammer eingerichtet wurde. Diese wurde so eng an ihre eigenen Appartements gelegt, so dass es Elisabeth niemals gelingen würde, ohne dem Wissen von Sophie ihr Kind zu besuchen. Auch die Einrichtung suchte Sophie aus.
Kaiserin Elisabeth wurde von Erzherzogin Sophie angeherrscht, sich beim Volk zu zeigen.
Später erzählte sie dies ihrer Hofdame, welche die Geschichte in ihr Tagebuch notierte:
“Kaum war sie da, schleppte sie mich schon hinunter in den Garten und erklärte, es sei meine Pflicht, meinen Bauch zu produzieren, damit das Volk sehe, daß ich tatsächlich schwanger bin. Es war schrecklich.” (4)
Sobald Kaiserin Elisabeth allein war, weinte sie sich in den Schlaf. Allein und von niemanden verstanden, durfte sie sich auch keinem in ihrer Umgebung anvertrauen.
Es wurde ihr von Sophie verboten, irgendjemand als Freund oder Freundin anzusehen.
Einzig Graf Grünne kümmerte sich väterlich um die junge verzweifelte Kaiserin, die das Hofleben immer mehr und mehr verabscheute.
Auch die Aja wurde von Erzherzogin Sophie gewählt.
Freifrau von Welden, kinderlos und Witwe, ohne Kindererfahrung wurde aus politischen Gründen dazu auserkoren, das erste gemeinsame Kind von Kaiserin Elisabeth und Kaiser Franz Joseph zu erziehen.
Die Einwände seiner Frau konnte Franz Joseph weder verstehen, noch hörte er ihr richtig zu. Was Mutter entschied, wird schon gut für alle sein, so sein unumstößliches Motto zu allen Dingen die Sophie entschied.
Umso mehr weinte sich die junge Frau immer mehr und mehr in den Schlaf.
Foto: ÖNB Huldigungsblatt zur Geburt der kleinen Tochter Sophie
Erzherzogin Sophie Friedericke
Am 5.3.1855 kam Sophie Friedericke Dorothea Maria Josepha um 3.00 Uhr nachts zur Welt.
Die Geburt und warum das kleine Mädchen bereits am 29.5.1857 wieder verstarb, könnt ihr hier nachlesen.
Wir sind also vom Sissi-Film Kitsch wirklich weit entfernt. Die (Film)Tochter, die auf die Namen Sophie Anastasia Amalie Elisabeth Franziska Stephanie Karoline Maria getauft wurde, hat nichts gemeinsam mit der kleinen Erzherzogin, welche am 5.3.1855 zur Welt kam. Und das ist nur die Spitze des Eisbergs an falschen Informationen aus den Filmen, der Weltruhm erlangen und leider bis heute als der Inbegriff einer Sis(s)i am Wiener Hof gelten.
Auch das zweite “s” im Namen von Sisi hält sich hartnäckig. Elisabeth hat sich niemals SiSSi genannt. Vielleicht kann ich mit dem Kitsch endlich ein wenig aufräumen.
Die erste Zeit verbrachte Elisabeth mit der kleinen Sophie in Laxenburg. Kaiser Franz Joseph schrieb beinahe täglich an seine Mutter und kündigte an, dass seine Frau im Juni für 10 Tage das Land verlassen würde, um nach Possenhofen zu fahren. Die kleine Sophie lernte also schon recht früh ihre bayrische Verwandtschaft kennen.
Am 7.8.1855 telegrafierte ein liebevoller Vater an seine Mutter:
“Wir sind sehr wohl und die Kleine war besonders heute sehr lustig. Sie jauchzte in einem fort und war sehr damit beschäftigt, ihren Fuß in den Mund zu stecken und daran zu schnullen. Sie scheint viele gymnastische Anlagen zu haben. Ich küsse Ihnen und dem Papa mit Sisi die Hände und bleibe Ihr treuer Sohn Franz.” (5)
Erzherzogin Gisella
Schon bald machten sich die nächsten Schwangerschaftszeichen bemerkbar.
Sobald diese öffentlich wurden, las der Erzbischof von Wien und der Bischof von Linz eine Messe, um eine glückliche Entbindung zu erbitten.
Selbstverständlich nicht ganz uneigennützig um einen Thronfolger zu bitten.
Foto: Dorotheum Wien Erzherzogin Gisella
Erzherzogin Sophies Gesicht soll starr gewesen sein, als man ihr mitteilte, dass am 12.7.1856 um 6.35 Uhr in Schloss Laxenburg eine kleine Erzherzogin zur Welt kam.
Auch bei dieser Geburt war Herzogin Ludovika nicht anwesend.
Ebenso erschien sie zur Taufe nicht, obwohl sie offiziell die Taufpatin war.
Am 13.7.1856 wurde die kleine Erzherzogin auf die Namen Gisella Ludovika Marie getauft.
Gisella wurde nach ihrer Hochzeit (!) mit Leopold Prinz von Bayern zu Gisela und Ludovika zu Louise, weshalb man heute in sämtlichen Geschichtsbüchern über Erzherzogin Gisela Louise Marie lesen kann.
Korrekt wäre aber: Erzherzogin Gisella und Gisela Prinzessin von Bayern; aber anscheinend ist das den Historikern/innen zu kompliziert.
Erzherzogin Sophie wurde als Taufpatin-Stellvertreterin bestimmt. Sie selbst hatte schon Sophie Friedericke getauft.
Elisabeth, nun stärker und selbstbewusster, fing an, um Sophie und Gisela zu kämpfen.
Die Enttäuschung ihrer Schwiegermutter, dass sie keinen Thronfolger auf die Welt gebracht habe, nutzte sie aus, um die Kinderzimmer in die “Radetzky-Räume” der Hofburg verlegen zu lassen.
Sophie tobte, doch diesmal hatte Elisabeth Schützenhilfe durch ihren Mann Franz Joseph.
Er stellte sich nicht nur vor seine Gemahlin, so nannte er sie auch eine hingebungsvolle Mutter.
Sophie drohte mit Auszug, was Franz Joseph verstimmte. Er schrieb einen Bettelbrief an seine Mutter:
“Nie würde ich es zugeben, daß Sie Ihre jetzige Wohnung verlassen oder gar, was ich nicht gelesen haben will, ganz aus der Burg ziehen würden. Ich hoffe noch immer, daß sich alles sehr gut machen wird; die Kinder bekommen eine viel bessere Wohnung, in der sie auch künftig bleiben können, und Alles wird zufrieden sein.” (6)
Foto: Wikimedia/Commons Erzherzogin Sophie Friederike
1856 unternahm das Kaiserpaar eine 4monatige Reise nach Italien. Kaiser Franz Joseph wollte Lombardo-Venetien wieder mehr an das österreichische Reich binden.
Obwohl Erzherzogin Sophie massive Einwände hatte, nahm Kaiserin Elisabeth die kleine Sophie mit auf die Reise.
Baby Gisella verblieb bei ihrer Großmutter in Wien. Das Weihnachtsfest verbrachte die Familie getrennt. Sophie mit Gisella in Wien, Franz Joseph, Elisabeth und Sophie Friedericke in Venedig.
Als Weihnachtsgeschenk wurde die Kaiserin mit einem Portrait von Gisella überrascht. Elisabeth wurde auf dieser Reise zum ersten Mal ernsthaft krank.
Ihre Lungen machten ihr große Probleme. Sie hustete unentwegt, was Kaiser Franz Joseph schwere Sorgen bereitete. Er kündigte bei seiner Mutter die Rückkehr für den 12.3.1857 an.
Erzherzogin Sophie Friedericke wurde bereits am 2.3.1857 mit ihrer Kinderfrau Anna Kathrein auf die Reise geschickt. Franz Joseph schrieb in einem Brief an seine Mutter, dass er hoffte, dass die Kleine ihr die Hände küssen möge und sie artig sei.
Wenige Monate später kam es in Ungarn zu einem folgenschweren Schicksal, von dem sich Elisabeth – vor allem als Mutter – nie wieder erholen sollte.
Aus Trotz setzte sie sich gegen ihre Schwiegermutter durch und nahm beide Kinder mit auf die Ungarnreise. Nicht nur, dass Erzherzogin Sophie Ungarn aus tiefstem Herzen hasste (das Libényi-Attentat hatte sie nie vergessen; hier nachzulesen), so riet sie dem Kaiserpaar, die Kinder in Wien zu lassen.
Das Unheil nahm seinen Lauf. Kaiserin Elisabeth verfiel das erste Mal in ihrem Leben in tiefe Trauer.
Kronprinz Rudolf
Im Dezember 1857 wurde erneut an Kaiserin Elisabeth eine Schwangerschaft festgestellt.
Zur unendlichen Trauer, mischte sich freudige Erwartung, welche Elisabeth mit ihren üblichen Schwangerschaftsleiden quittierte.
Sie erbrach ständig, war müde und bettlägrig. Die Abnabelung zu ihrer Tochter Gisella begann. Immer öfter war die junge Frau unpässlich, wollte das kleine Mädchen nicht sehen und machte sich selbst die größten Vorwürfe, ihre Tochter Sophie umgebracht zu haben.
Foto: mythoskaiserinelisabeth.com – Petra Kaiser Maximilian I von Mexiko und Kaiserin Carlota
Als am 27.7.1858 auch noch ihr Lieblingsschwager Erzherzog Ferdinand Maximilian, genannt Max (*6.7.1832, †19.6.1867), die schöne belgische Prinzessin Charlotte (*7.6.1840, †19.1.1927) heiratete und diese ab sofort ihr vorgezogen wurde, verfiel Elisabeth noch mehr in Depressionen.
Charlotte kam aus einem unfassbar reichen Haus, war gebildet und schön. Erzherzogin Sophie und ihre gesamte Anhängerschaft ließen keine Möglichkeit aus, um die Eheattin von Max zu loben, zu huldigen oder zu bezirzen.
Der labilen, schüchternen und unbeliebten Kaiserin muss das bis ins Mark erschüttert haben.
Noch mehr als jemals zuvor, zog sie sich zurück. Leider auch vor ihrer Tochter.
Mittlerweile vergingen Wochen bis sie Gisella wieder an sich ran ließ oder nach dem kleinen Töchterchen fragte.
Am 21.8.1858 setzten gegen 22.00 Uhr die letzten Wehen ein. Beide Mädchen waren leichte Geburten, kaum eine Wehe war zu spüren und schon waren die Kinder auf der Welt. So war es im August nicht. Erzherzogin Sophie und Gräfin Esterházy knieten am Boden und beteten, während sich Elisabeth die Seele aus dem Leib schrie. Um 22.15 Uhr war es endlich soweit. Der Thronfolger wurde geboren.
Völlig erschöpft fragte die Kaiserin ihren am Bett sitzenden Mann ob es ein Bub sei. Dieser erwiderte, dass die Hebamme Gruber es noch nicht so genau wisse. In Wirklichkeit wollte Kaiser Franz Joseph seine Frau schonen.
Die Geburt hatte sie stark geschwächt. Man wollte ihr jede Aufregung ersparen. Vor lauter Enttäuschung, dass sie keine Antwort bekam, glaubte sie, wieder “nur” ein Mädchen zur Welt gebracht zu haben. Doch Franz Joseph verneinte dies mit dem Satz
“Nun, und wenn es ein Knabe wäre?” (7)
Foto: mythoskaiserinelisabeth.com – Petra (Privatbesitz; Besitzer will nicht genannt werden) Lithografie Kaiserliche Familie mit Kronprinz Rudolf in der Wiege und Erzherzogin Gisella, Engel über dem Paar symbolisiert Sophie
Das ganze Land feierte die Geburt von Kronprinz Rudolf Franz Karl Joseph, dessen Vorname genauso aus den Habsburger Vorfahren gewählt wurde, wie Gisellas.
Nicht nur Wien feierte, auch das ganze Reich schloss sich den Huldigungen an. Kaiser Franz Joseph der seinen Sohn zwar nicht hübsch fand, dafür aber kräftig und stark, weinte jedes Mal vor Freude, wenn ihm ein Minister, das Militär oder ein Bediensteter gratulierte.
Seine Freude kannte kaum eine Grenze.
Elisabeth, die wieder einmal nicht stillen durfte, hatte extreme Probleme mit dem Milcheinfluss. Sie bekam hohes Fieber.
Trotzdem wurde ihr nicht erlaubt den Sohn zu stillen.
Sie gab jeden Widerstand auf. Sie ließ die Kinderzimmer in die Räumlichkeiten von Erzherzogin Sophie verlegen und übergab die gesamte Erziehung in ihre Hände.
Foto: ÖNB Karoline Freifrau von Welden “Wowo”, die Kinderfrau von Erzherzogin Gisel(l)a und Kronprinz Rudolf, Kaiserin Elisabeth
Ab sofort waren sich Gisella und Rudolf am Nächsten. “Wowo”, wie Aja Karoline Freifrau von Welden (*13.4.1812, †6.8.1892) und “Nono”, wie die Kammerfrau Leopoldine Nischer (*1813, †1883) von den Kindern genannt wurden, wurden für die beiden zum Lebensmittelpunkt.
Noch als Erwachsene sprachen beide überaus liebevoll über Wowo und Nono.
Gisella, die etwas herb wirkte und das stämmige Wesen von Franz Joseph geerbte hatte und Rudolf, der das Aussehen seiner Mutter, sowie deren Intelligenz und Sensibilität geerbt hatte, wurden unzertrennlich.
Obwohl Rudolf es nicht leiden konnte, wenn Gisella mit seinen Sachen spielte und sie sich beschwerte, wenn er die ihren versteckte, hielten sie zusammen wie Pech und Schwefel.
Foto: Wikimedia/Commons Gisela und Rudolf als Kinder
Die ersten Jahre fiel ihnen die Abwesenheit von Elisabeth gar nicht auf. Großmutter Sophie, Nono und Wowo kümmerten sich rührend um die Kinder und Kaiser Franz Joseph nahm sich so viel Zeit wie möglich.
Mittlerweile hatte sich die Beziehung zwischen Kaiser Franz Joseph und Kaiserin Elisabeth zu einer ambivalenten Ehe entwickelt (der Beitrag kann hier nachgelesen werden).
Um die Abnabelung von ihren Kindern zu verstehen, muss ich ins Jahr 1860 springen und euch bitten den Ehe-Beitrag zu lesen.
Kaiserin Elisabeth fing an, sich immer mehr gegen ihren Mann durchzusetzen, kränkelte aber stets vor sich hin.
Wie in meinem Bericht erwähnt, ist die Wahrheit über den Bruch zwischen Kaiser Franz Joseph und Kaiserin Elisabeth bis heute nicht erforscht. In allen Filmen wird es vereinfacht mit einer Lungenkrankheit dargestellt. So steht es auch in (wirklich) allen Geschichtsbüchern, dennoch bleiben Zweifel.
Schon der erste Biograf Conte Corti sprach vom “Deckmantel der Krankheit”. Ich bleibe ebenfalls dabei.
Im November 1860 verließ Kaiserin Elisabeth Laxenburg und kehrte erst am 16.8.1862 nach Wien zurück. Nur in Venedig hatte Elisabeth ihre Kinder gesehen. Viel zu kurz, wenn man bedenkt, wie klein die Kinder damals noch waren.
Foto: ÖNB kaiserliche Familie
Gisella war zum Zeitpunkt der Rückkehr bereits 6 Jahre alt, Kronprinz Rudolf knapp 4 Jahre alt.
Auch als Kaiserin Elisabeth zurück war, kümmerte sie sich nicht um die Kinder, die sie so sehr vermissten.
Vor allem der kleine Rudolf hing sehr an seiner Mutter. Er vergötterte sie Zeit seines Lebens und buhlte immer um ihre Liebe. Vergeblich.
Als er 6 Jahre alt war, wurde er von Gisella getrennt.
ACHTUNG TRIGGERWARNUNG! Kindesmisshandlung
Er sollte ab sofort von Graf Leopold Gondrecourt (*1816, †22.5.1888) militärisch erzogen werden.
Den Buben traf damit ein hartes Schicksal. Rudolf, der überhaupt nicht für den militärischen Drill geeignet war, weinte sich jeden Abend isoliert in den Schlaf. Er fürchtete sich allein vor der Dunkelheit, zitterte vor Angst vor dem Knallen der Pistolen und konnte die Einsamkeit nicht ertragen. Er wurde physisch und psychisch von Gondrecourt misshandelt.
Elisabeth weilte außerhalb von Wien, weshalb sie von den Qualen die Rudolf erlitt zunächst nichts wusste.
Vater Kaiser Franz Joseph sah geflissentlich weg und nannte seinen Sohn einen
“Kepierl”.
Erzherzogin Sophie vor Treue zur Krone blind, sah über den Leidensdruck des geliebten Enkels hinweg.
Gondrecourt sah seine Macht und quälte den Buben bis aufs Blut. Er zerrte ihn früh morgens mit Trompetenklänge neben dem Bett aus selbigen, ließ ihn bis zum Umfallen stehen und tränkte ihn für Disziplin und Ordnung im eiskalten Wasser. Rudolf wurde kränker und blasser als jemals zuvor in seinem Leben.
Eine der beliebtesten Übungen von Gondrecourt war, den Kronprinzen um 3.00 Uhr morgens aus dem Bett zu zerren, ihn in den Lainzer Tierpark oder irgendwo im Schönbrunner Park zu bringen und von dort musste der kleine Bub mutterseelenallein, mitten in der Nacht und ohne Anhaltspunkt wo er überhaupt war, ins Schloss zurück finden.
Foto: Wikimedia/Commons Graf Leopold Gondrecourt
Kaiser Franz Joseph und Kaiserin Elisabeth weilen gerade in Ischl, als Elisabeth von der Wildschwein-Affäre erfuhr, war das Maß voll.
Rudolf wurde von Gondrecourt zum Tierpark Lainz geschliffen, dort hinter die Mauer gestellt, während sich der General in Sicherheit brachte, schrie er, dass ein Wildschwein käme. Das Kind schrie in Todesangst wie am Spieß und je lauter es schrie, desto nervöser wurden die Wildschweine, die in der Nähe ihr Revier hatten.
ACHTUNG TRIGGERWARNUNG! Ende
Sie eilte zum Kaiser und schrie ihn förmlich an:
“Entweder Gondrecourt oder ich!” (8).
Danach eilte sie in ihr Zimmer und schrieb das berühmte förmliche Ulitimatum:
Ich wünsche, dass mir vorbehalten bleibe, unumschränkte Vollmacht in Allem, was die Kinder betrifft, die Wahl ihrer Umgebung, den Ort ihres Aufenthaltes, die complette Leitung ihrer Erziehung, mit einem Wort, alles bleibt mir ganz allein zu bestimmen, bis zum Moment der Volljährigkeit. Ferner wünsche ich, dass, was immer meine persönlichen Angelegenheiten betrifft, wie unter anderem die Anordnungen im Haus p.p. mir allein zu bestimmen vorbehalten bleibt.
Elisabeth, Ischl, 27.8.1865(9)
Foto: Wikimedia/Commons Josef Latour
Foto: Wikimedia/Commons Dr. Hermann Widerhofer
Kaiser Franz Joseph gab nach. Rudolf wurde aus den Klauen des Folterers befreit.
Zuerst wurde er in die ärztliche Obhut von Dr. Hermann Widerhofer (*24.3.1832, †28.7.1901) aufgenommen, danach übernahm ihn Josef Latour von Thurmburg (*2.2.1820, †28.12.1903), zu dem Kaiserin Elisabeth ein freundschaftliches Verhältnis hatte.
Doch es war zu spät. Gondrecourt hatte ganze Arbeit geleistet. Das Trauma begleitete Rudolf Zeit seines Lebens.
Erzherzogin Marie Valérie
Erzherzogin Gisella und Kronprinz Rudolf bekamen, als sie knapp 12 und 10 Jahre alt waren, noch eine Schwester.
Kaiserin Elisabeth war zum Zeitpunkt der erneuten Schwangerschaft 30 Jahre alt.
Foto: ÖNB Kaiserin Elisabeth im Krönungskleid
Am 8.6.1867 fand in Budapest die Krönung zur Königin von Ungarn statt.
Am 11.6.1867 fuhr das Königspaar nach Schloss Gödöllo, welches ihnen als Krönungsgeschenk übergeben worden war.
Im November 1867 wurde in Wien die Schwangerschaft bekanntgegeben.
Es stellte sich zum ersten Mal seit Jahren so etwas wie ein Familienleben ein, an welchem auch die Kinder Gisella und Rudolf teilnehmen durften. Im Jänner 1868 erfuhr Herzogin Ludovika von Sophie in einem Brief von der freudigen Botschaft.
Die Schwangerschaft verlief ruhig und ohne gröbere Vorkommnisse.
Elisabeth hatte es sich zum Ziel gesetzt, ihr Kind in Ungarn zur Welt zu bringen, weshalb sie sich im Februar 1868 Richtung Ofen auf machte.
Sollte es ein Bub werden, beschloss sie, sollte er Stefan heißen.
Stefan war der erste heilige König und beim ungarischen Volk sehr beliebt.
Kaiser Franz Joseph befürchtete, dass die Geburt in Ungarn ihr in Wien viele Minuspunkte einbringen würde.
Seine Frau war mittlerweile sehr unpopulär geworden. Nur noch Randnotizen in den Zeitungen und beim Volk nicht sonderlich beliebt.
Foto: Wikimedia/Commons Königin Marie von Neapel
Ihre Schwester Königin Marie von Neapel (*4.10.1841, †19.1.1925) war angereist, um ihr bei der Geburt beizustehen. Die Geburt selbst war musterhaft.
Erst kurz vor der Geburt, musste die Hebamme helfen, bis dahin hatte es Marie allein geschafft. Am 22.4.1868 wurde das letzte Kind des Paares, Erzherzogin Marie Valérie Mathilde Amalie geboren.
Kaiser Franz Joseph, stolz nochmals Vater geworden zu sein, telegraphierte an die daheim gebliebenen Kinder:
“Sie ist recht hübsch, hat große, dunkelblaue Augen, eine noch etwas zu dicke Nase, sehr kleinen Mund, ungeheuer dicke Backen und so dichte dunkle Haare, daß man sie jetzt schon frisieren könnte. Auch am Körper ist sehr stark, und sie schlägt sehr frisch mit den Händen und Füßen herum… sie schreit sehr selten…und stinkt …” (10)
Foto: ÖNB Erzherzogin Marie Valérie
Die Kinder erschrocken über so viel Liebe in wenigen Sätzen, rückten noch näher zusammen, da sie befürchteten, die neue Schwester würde alle Aufmerksamkeit auf sich lenken. Doch es kam für die beiden noch viel schlimmer.
Das “ungarische Kind” wie Marie Valérie bald genannt wurde,
bekam vom Wiener Hof den Beinamen
“die Einzige”.
Elisabeth selbst hatte ihr also den “Beinamen” nicht gegeben. Wieder eine bösartige Mär mehr, die sich bis heute hartnäckig hält.
“Das ungarische Kind” bzw. “die Einzige” entstand dadurch, dass der Wiener Hof unter dem Volk den Tratsch verbreitete, dass Kaiserin Elisabeth eine Affäre mit Julius „Gyula“ Graf Andrássy von Csík-Szent-Király und Kraszna-Horka (*8.3.1823, †18.2.1890) hatte.
Dieser unfassbare Tratsch hält sich bis heute noch! Hier kann man definitiv davon ausgehen, dass diejenigen die ihn heute noch verbreiten, nur böswillig irgend etwas nachplappern, ohne sich jemals mit dem Thema tatsächlich beschäftigt zu haben.
Elisabeth sorgte mit großem Pflichteifer dafür, dass Erzherzogin Sophie “ihr” Kind nicht in die Obhut bekam.
Die nächsten Jahre tat Kaiserin Elisabeth keinen Schritt ohne ihrer Valérie.
Entweder war sie in der Obhut ihr vertrauter Menschen oder direkt bei Elisabeth selbst. Kein Tag verging, an dem sie Valérie nicht zu Bett brachte oder dafür sorgte, dass es ihr gut ging.
Wollten die Geschwister sie sehen, war Elisabeth stets an der Seite ihrer Tochter. Rudolf und Gisella eiferten sehr und bemühten sich nicht sonderlich um ihre Schwester. Dies nahm ihnen ihre Mutter sehr übel.
Schon mit drei Wochen begann für Marie Valérie das Reisen.
Von Ofen nach Gödöllö, von Gödöllö nach Ischl, von Ischl nach Possenhofen usw.
In Schloss Garatshausen, wo Elisabeth zu Gast ihrer Schwester Helene von Thurn und Taxis (*4.4.1834, †16.5.1890) war, schrieb sie halb hysterisch an Franz Joseph, dass Valérie kränkelte.
Sie habe das grässliche Gefühl von unverlässlichen Menschen umzingelt zu sein, denn sie befürchtete, dass “ihr teuerster Schatz” durch die Amme die schlechte Milch abgebe, vergiftet worden sei.
Sie entledigte sich derer und stellte eine Neue ein. Über die Ungarin, die eine Männerstimme hatte, permanente Csárdás Lieder sang und fürchterliche Angst vor Mäusen hatte, amüsierte sie sich allerdings königlich, wenn nicht sogar kaiserlich.
Fotos: Wikimedia/Commons Stammbaum: mythoskaiserinelisabeth.com – Petra (vormals Sternenkaiserin)
Während sie sich fürsorglich um Marie Valérie kümmerte, vergaß sie leider vollends Gisella und Rudolf und sah diese nur ab und an in Wien oder Gödöllö, wenn sie diese besuchten.
Kurz Information zu Erzherzogin Gisella
Foto: Wikimedia/Commons Gisela und Leopold von Bayern
Erzherzogin Gisella verheiratete sie mit 16 Jahren an Leopold Prinz von Bayern (*9.2.1846, †28.9.1930) damit dieser nicht Amélie von Sachsen-Coburg und Gotha (*23.10.1848, †6.5.1894) ehelichen konnte.
Foto: Wikimedia/Commons Max Emmanuel und Amélie in Bayern,
In diese hatte sich ihr Bruder Max Emmanuel “Mapperl” in Bayern (*7.12.1849, †12.6.1893) verliebt.
Um Leopold von seiner Braut loszusagen, musste sie eingreifen und ihm die Hand ihrer Tochter anbieten.
Da Prinz Leopold diese nicht verwehren konnte, wurde alsbaldigst Hochzeit gefeiert. Die Trennung von Bruder Rudolf war tränenreich und kaum zu ertragen. Der 14jährige war ab nun wirklich auf sich allein gestellt. Sie starb am 27.7.1932.
Kurz Information zu Kronprinz Rudolf
Foto: Wikimedia/Commons Kronprinz Rudolf und Kronprinzessin Stephanie
Kronprinz Rudolf ehelichte auf Druck seines Vaters die belgische Prinzessin Stephanie (*21.5.1864, †23.8.1945) und ging mit ihr eine lieblose Ehe ein, die in kräftezehrenden Streitigkeiten ausartete.
Als er für sich keine andere Wahl mehr sah (lieblose Ehe, keinen politischen Einfluss, sein Vater ließ ihn bespitzeln, krank usw.) brachte er sich am 30.1.1889 in Mayerling um.
Kaiserin Elisabeth trug ab diesem Zeitpunkt nur noch schwarz, zumindest wenn sie in der Öffentlichkeit stand und nur, wenn sie sich beobachtet fühlte.
Mit dem Tod des Sohnes verlor sie das zweite Kind. Sie versank in Selbstmitleid und schweren Depressionen. Sie wurde rastlos und reiste von Land zu Land, um nirgendwo zu bleiben.
Ihr Tod war eine Erlösung für sie.
Kurz Information zu Erzherzogin Marie Valérie
Foto: Wikimedia/Commons Marie Valérie und Franz Salvator,
Erzherzogin Marie Valérie verliebte sich auf einem Ball in Erzherzog Franz Salvator (*21.8.1866, †20.4.1939) und musste lange für diese Liebe kämpfen.
Im Trauerjahr von Kronprinz Rudolf feierte sie in Bad Ischl Hochzeit.
Kaiserin Elisabeth trauerte sehr um ihre Tochter und konnte deren Entscheidung so früh zu heiraten nicht verstehen.
Sie reiste zu den Geburten der ersten Kinder an, was sowohl Prinzessin Gisela, als auch Schwiegertochter Stephanie versagt blieb.
Erzherzogin Marie Valérie war Zeit ihres Lebens ihrer Mutter für die tiefempfundene Liebe dankbar und bemühte sich nach deren Tod um ein Familienleben am Wiener Hof. Sie starb am 6.9.1924.
Alles in allem war Kaiserin Elisabeth eine Mutter die viel zu geben hatte, aber durch die frühen Schwangerschaften einfach zu überfordert war.
Auch das strenge spanische Hofzeremoniell, mit dem die Kinder aufgezogen werden sollten, war ihr fremd (hier nachzulesen).
Sie selbst wurde frei und ohne großartige konventionelle Erziehungsmaßnahmen erzogen, sollte ein strenges Protokoll abhalten, was sie selbst hasste.
Nur mit Marie Valérie und gereifter durch ihr Alter, konnte sie die Mutter sein, die sie sein wollte und konnte.
– Petra –
Foto: Wikimedia/Commons kaiserliche Familie vor dem Schloss Gödöllö Kronprinz Rudolf, Kaiser Franz Joseph, Kaiserin Elisabeth mit Erzherzogin Marie Valérie und Erzherzogin Gisella (gestellte Idylle; so ein Foto hat es nie gegeben)
Rechtliche Hinweise: Text: Petra Stammbaum: mythoskaiserinelisabeth.com – Petra Bildrechte: Österreichische Nationalbibliothek (ÖNB), habsburger.net, sammlung.belvedere.at, mythoskaiserinelisabeth.com – Petra, Golfhotel Kaiserin Elisabeth Feldafing, Wikimedia/Commons, Dorotheum Wien, Schloss Laxenburg
Literarische Hinweise:
1 – S. 75/76, 2 – S. 76/77, 3 – S. 79/80, 4 – S. 91 Elisabeth Hamann Elisabeth Kaiserin wider Willen Piper Verlag, TB, 8. Auflage 2017,
5 – S 22, 6 – S. 29, 10 – S 92 Martha Schad Kaiserin Elisabeth und ihre Töchter Piper Verlag, TB, 2. Auflage 2013
7 – S 79, 8 – S 121 E.C. Conte Corti Elisabeth von Österreich, Tragik einer Unpolitischen Wilhelm Heyne Verlag, 15. Auflage, 1975 (nur noch antiquarisch erhältlich)
9 – S 26 Sisi Magazin, Kronen Zeitung – vergriffen (nur noch antiquarisch erhältlich)
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