Aberglaube, Geister, Spiritismus, Totenfotos

Kaiserin Elisabeth im Wandel ihrer Zeit

Foto: Scherl/Keystone
Kaiserin Elisabeth

Vorwort

Der Stellenwert der Religion stand im 19. Jahrhundert noch vor dem Familienleben. Dabei hatte auch – wie könnte es anders sein? – der Mann das Sagen.

Frauen zählten im 19. Jahrhundert so gut wie gar nichts und mussten sich in allem dem Mann unterordnen. So auch im Glauben.

Während sich die Frau in allem zurückhalten, keusch, rein und sittsam sein musste – übrigens in jeder Volksschicht, hatte der Mann – und hier war es egal, ob es die Rolle des Vaters, Bruders oder später des Ehemannes war -, jegliche freie Auswahl seiner sexuellen Triebhaftigkeit nachzugehen.

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Herzogin Sophie nach ihrem Psychiatrieaufenthalt. Eine gebrochene Frau blickt uns an.

Ging ein Mann im 19. Jahrhundert fremd, gehörte das (beinahe) zum guten Ton und musste von der Frau im stillen Ertragen werden. Ging eine Frau fremd, wurde sie ins Irrenhaus wegen „geistiger und sexueller Abartigkeit“ geliefert. Vor allem im Adel war das ein gern gesehener Abschiebeaspekt. Beispiele dieser Art gibt es viele.

So harrte die Schwester von Kaiserin Elisabeth Sophie Herzogin d’Alençon (*22.2.1847, †4.5.1897) 8 Monate in Mariagrün in der Steiermark aus. Ihre tragische Leidensgeschichte kann hier nachgelesen werden.

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Louise Prinzessin von Sachsen Coburg

Die Schwester von Kronprinzessin Stephanie (*21.5.1864, †23.8.1945) Louise Prinzessin von Sachsen-Coburg (*18.2.1858, †1.3.1924) sollte „für immer“ in der Irrenanstalt Döbling verweilen. Ihre Verfehlung hieß „intellektuelle und moralische Minderwertigkeit“.

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Richard von Krafft-Ebing

1899 wurde sie vom berüchtigten Prof. Richard Krafft-Ebing (*14.8.1840, †22.12.1902), der schon Sophie mit Wasserkuren weich klopfte, für „schwachsinnig“ erklärt und unter Kuratel gestellt. Louise wurde in den „Linderhof“ nach Dresden gebracht, wo sie mit Hilfe ihres Geliebten und zwei Fluchthelfern 1902 fliehen konnte.

Ihr Vergehen?

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Philipp Prinz von Sachsen-Coburg

Sie konnte ihren brutalen, animalischen und auf Sadomaso stehenden Ehemann Philipp Prinz von Sachsen-Coburg und Gotha (*28.3.1844, †3.7.1921) nicht ertragen, der noch dazu jahrelang der Geliebte ihrer despotischen und sie misshandelten Mutter war.

Doch nicht nur die Sexualität wurde von den Männern diktiert, auch der Glaube. So musste die Braut, sofern sie anderer Konfession war, den Glauben des Mannes annehmen. Auch hier gibt es zahlreiche Beispiele in den Königshäusern des 19. Jahrhunderts.

Um es nicht ausufern zu lassen, schreibe ich zwei Beispiele, die unmittelbar mit Kaiserin Elisabeth in Zusammenhang stehen.

Ihre Patentante, Königin Elisabeth „Elise“ von Preußen (*13.11.1801, †14.12.1873), war eine geborene Prinzessin von Bayern und somit erzkatholisch. Als sich Friedrich Wilhelm Prinz von Preußen (*15.11.1795, †2.1.1861) in Elise verliebte, musste er 4 Jahre warten, da sie sich für den protestantischen Glauben, der in Preußen herrschte, nicht entscheiden konnte. Ohne Änderung der Konfession, hätte es aber keine Eheschließung gegeben.

Bei Königin Karoline in Bayern, Elisabeths Großmutter mütterlicherseits, war es genau umgekehrt. Sie war protestantisch und blieb dies auch bei der Eheschließung mit Kurfürst Maximilian Joseph (*27.5.1756, †13.10.1825), welcher später der erste König Bayerns wurde. Erst als Karoline starb, machte die katholische Kirche, unter ihrem Stiefsohn König Ludwig I (*25.8.1786, †29.2.1868), der sich nicht durchsetzte, ein Drama daraus. Ihr beschämendes Begräbnis wurde zu einer riesigen Farce.

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Herzogin Ludovika

Auch Elisabeth Herzogin in Bayern wuchs schon als kleines Mädchen erzkatholisch auf. Ihre Mutter Ludovika (*30.8.1808, †26.1.1892) galt als streng gläubig, keine Messe, kein Kirchgang, kein katholischer Feiertag wurde ausgelassen.

Ihre Schwester Helene „Néné“ (*4.4.1834, †16.5.1890) wurde als Erwachsene beinahe zur Nonne und je älter sie wurde und je mehr Schicksalsschläge sie ereilten, desto mehr zog sie sich in ihren – zum Teil schon extremen – religiösen Wahn zurück. Das ging so weit, dass Néné beinahe den ganzen Tag betete und ständig einen Rosenkranz bei sich trug.

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Kaiserin Elisabeth und Helene von Thurn und Taxis
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Erzherzogin Sophie
Bild: Franz Schrotzberg

Auch Erzherzogin Sophie (*27.1.1805, †28.5.1872) war strenggläubig und erzog nach der Bibel ihre Kinder. Von jeher waren Pfarrer vertraute Ansprechpersonen für die jungen Erzherzöge am Kaiserhaus.

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Erzherzog Karl Ludwig

Karl Ludwig (*30.7.1833, †19.5.1896) ging so weit in seinem religösen Wahn, dass er in seinen späteren Alter, aus der Kutsche heraus, fremde Leute segnete. Er starb qualvoll, nach dem er seinen todkranken Sohn Erzherzog Franz Ferdinand (*18.12.1863, †28.6.1914)(der sich wieder erholte) in Ägypten besuchte und aus Religiosität Wasser aus dem Jordan trank. Die Vergiftungen die er sich zuzog, konnten nicht geheilt werden.

Aber nicht nur die Religion hatte einen Stellenwert im 19. Jahrhundert, sondern auch der Aberglaube, der Spiritismus und die immer mehr vorrückende Idee mit „Geistern sprechen zu können“.

Spiritismus

Begonnen hat alles – wie so vieles – in Amerika. Ausgangspunkt waren zwei Ereignisse.

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Andrew Jackson Davis

Zum einen begann Andrew Jackson Davis (*11.8.1826, †13.10.1910) in angeblicher Trance mit Geistern zu sprechen und diktierte 1845 in diesem Zustand ein komplettes Buch (The principles of nature, her divine revelations and a voice to mankind.) Dieses Buch stellte sogar die Göttlichkeit Jesus in Frage und sorgte für enormes Aufsehen, so dass er weit über alle Grenzen hinaus bekannt wurde.

Zum anderen begannen 1847 die Geschwister Leah (*8.4.1813, †1.11.1890), Margaretta (Maggie) (*7.10.1833, †8.3.1893) und Catherine (Kathie) (*27.3.1837, †2.7.1892) Fox zu behaupten, dass sie in ihrem Haus in Hydesville, (heute Arcadia) New York, Klopfzeichen eines ermordeten fahrenden Händlers hörten, der nun über die Schwestern seine Geschichte erzählen möchte.

Die Fox-Geschwister gingen nicht nur in die amerikanische Geschichte ein, sondern gelten auch als Gründerinnen des Spiritismus. Zuerst gingen sie auf USA-Tour, danach auf Europa-Tournee.

1855 glaubten bereits 2 Millionen Amerikaner an den Spuk. Auf der ganzen Welt traten sogenannte „Medien“ an die Öffentlichkeit die ebenfalls Klopfgeräusche hörten, Geister sahen oder behaupteten mit diesen kommunizieren zu können.

Tischerlrücken wurde dabei die häufigste und modernste Variante der Kontaktaufnahme.

Dabei wurde darauf geachtet, dass der immer gleiche Ablauf stattfand. Ein Tisch wurde in die Mitte des Raumes gestellt und die darum sitzenden oder (manchmal) stehenden Personen mussten die Hände auf den Tisch legen und sich mit dem kleinen Finger jeweils berühren, um so eine Menschenhändekette zu bilden. Diese durfte unter keinen Umständen unterbrochen werden.

Foto: brill.com
Tischrücken, ca. 1850

Das Medium nahm nun Kontakt zum Geist auf, welcher über ein Klopfen kommunizierte.

Die Ausführung […] geschah […] gewöhnlich durch eine […] Kettenbildung mehrer[er] Personen um einen Tisch, und bestand dann darin, dass, sobald Anzeigen vorhanden waren, der Tisch setze sich überhaupt in Bewegung, nunmehr Fragen aufgeworfen wurden, deren Antwort, wenn die Frage blos auf Ja oder Nein gestellt war, dadurch erfolgte, dass im Bejahungsfalle Alles still blieb, oder, sobald die Antwort Zahlen verlangte, diese Zahl, durch so vielmaliges Klopfen gegeben wurde, oder endlich, wenn Worte erforderlich waren, dieselben herausgezählt wurden durch einzelne Buchstaben, welche nach ihrer Stelle im Alphabet wieder durch so vielmaliges Klopfen angedeutet werden sollten.(1)

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Sir Arthur Conan Doyle

Einer der größten Anhänger der Fox-Schwestern war Sir Arthur Conan Doyle (*22.5.1859, †7.7.1930), der vielen als Sherlock-Schriftsteller, bekannt sein dürfte. Er war ein großer Spiritist, glaubte auch an Elfen, Geister und Waldnymphen und wollte sogar seinen Helden Holmes in den spirituellen Glauben führen. Doch sein Brot war ihm dann doch näher, als sein Glaube, denn er wusste nur allzu gut, dass dies ein Aufschrei bei der Leserschar gegeben hätte.

Nichtsdestotrotz photographierte er seine Kinder mit „Elfen“ und „Nymphen“ und glaubte in Fotos „Geister“ erkennen zu können.

Als 1888 der Schwindel von Kathie und Maggie Fox zugegeben wurde, brach die spiritische Welt beinahe zusammen. Viele Scharlatane wurden entlarvt; einige von ihnen landeten sogar im Gefängnis oder hatte hohe Geldstrafen zu bezahlen.

Die Fox Schwestern gaben zu, die Klopfgeräusche mit ihren „Zehenknochen“ herbeigeführt zu haben.

Doch nicht nur vor Schriftstellern und dem „normalen“ Volk machte dieser Spuk Halt, auch der Adel fiel darauf herein.

Im Kaiserhaus hatte längst mit Kaiserin Elisabeth der Aberglaube, die Wahrsagerinnen und Kartenlegerinnen Einzug gehalten. Tischerlrücken war nur eine ganz normale weiterführende Entwicklung.

Doch ich beginne von vorne…

Kartenlegerinnen im Kaiserhaus

Foto: mythoskaiserinelisabeth.com – Petra
Lithographie der kaiserlichen Familie (Kronprinz Rudolf in der Wiege, Gisela an der Hand von Elisabeth und als Engel schwebt Sophie über Kaiser und Kaiserin)
im Privatbesitz; Besitzerin will nicht namentlich erwähnt werden

Bereits 1856 holte sich Kaiserin Elisabeth Rat und Hilfe von Kartenlegerinnen aus dem ganzen Land, da sie endlich einem Buben das Leben schenken wollte.

Von überall her trudelten Briefe mit guten Ratschlägen für die Kaiserin ein, wie sie sich nun in der erneuten Schwangerschaft zu verhalten habe. Einige davon enthielten eben auch Neuigkeiten zum Geschlecht des Kindes, da die Absenderinnen „rumänische Wahrsargerinnen“ waren.

Diese lud Elisabeth ein und ließ sich die Karten legen. Sehr zum Verdruß von Kaiser Franz Joseph, der an den Humbug nicht glauben wollte.

Wahrsagen und die dazugehörigen Seher:innen gab es schon immer. Die erste richtige Aufzeichnung gibt es aus der Antike, wobei hier der Name „Orakel“ noch niedergeschrieben wurde.

Schon im frühen Kindheitsalter kam Elisabeth mit dem Wahrsagen in Berührung:

Wie eine Legende erzählte, habe eine Wahrsagerin Sisi schon in der Kindheit ihr ihr Ende vorausgesagt. So spielte Sisi einmal mit ihrem Vetter Ludwig (*) und mit ihrer Schwester Sophie im Schlosspark von Possenhofen. Da kam eine Zigeunerin vorbei und las den Kindern aus den Händen. Bei Ludwig erkannte sie den Tod im Wasser, bei Sisi das Ende durch einen spitzen Stahl und bei Sophie den Verbrennungstod. (2)

(*) Anmerkung Petra: Mit Ludwig ist Elisabeths Cousin 2. Grades, späterer König Ludwig II gemeint.

Etwas später erinnerte sich ihre Nichte Marie Gräfin von Larisch (*) (*24.2.1858, †4.7.1940):

„Einmal besuchte Tante Sissi inkoginto eine Kartenlegerin; doch sie weigerte sich, über die Enthüllungen der „Seherin“ Mitteilungen zu machen und sagte nur, daß sie prophezeit habe, sie würde nicht in ihrem Bette sterben.

„Und das ist sehr wahrscheinlich“, meinte sie, denn wenn Valerie erst erwachsen ist, werde ich in ferne Weltteile reisen, und einmal werde ich nicht wiederkehren.“ (3)

(*) Anmerkung Petra unten

Foto: Wikimedia/Commons
Gräfin Marie von Larisch

Doch die Sehnsucht der Kaiserin und die Prophezeiungen waren umsonst.

Erzherzogin Gisella (*12.7.1856, †27.7.1932) wurde geboren (Anmerkung Petra: das zweite „l“ legte Gisella erst mit der Heirat mit Prinz Leopold ab).

Im Winter 1857 wiederholte sich das Spektakel erneut.

Kaiser Franz Joseph schlug entnervt die Hände zusammen, als ihm wieder allerlei „Gesindel“ zu Gesichte kam, die zu seiner Ruhe bedürftigen Frau wollten, welche erneut schwanger war.

Doch Elisabeth ließ die Wahrsagerinnen erneut vor.

Diesesmal sollten die Karten (oder die Biologie) Recht behalten:

Kronprinz Rudolf kam am 21.8.1858 (†30.1.1889) in Schloss Laxenburg auf die Welt.

Des Habsburgs Throne hatte endlich seinen Thronfolger!

Foto: Wikimedia/Commons
Gisela und Rudolf als Kinder

Der Beitrag zu Kaiserin Elisabeth als Mutter kann hier nachgelesen werden.

Aberglaube im Kaiserhaus und beim Volk

Doch Kaiserin Elisabeth war nicht nur von jeher erpicht auf Kartenlegen und Wahrsagen, sie war auch extrem abergläubisch.

Schon immer galt der Aberglaube als nicht vereinbar mit dem Glauben und die katholische Kirche sah in dem eine Sünde gegenüber Gott.

Maria Theresia (*13.5.1717, †29.11.1780) und ihr Leibarzt Dr. Gerard Freiherr van Swieten (*7.5.1700, †18.6.1772) gingen massiv gegen das Volk und dem Aberglauben vor. Sie ließen Amulette und Bücher verbrennen, abergläubische Rituale wurden verboten und wer sich nicht daran hielt wurde mit Gefängnis bestraft (im 18. Jahrhundert sicher kein Honig lecken in den verdreckten Gefängniszellen). Sie war so extrem hinter dieser „Ketzerei und Scharlatanerie“ hinterher, dass sie jeden

„dergleichen veralteten Aberglauben auszurotten“ (4)

versuchte.

„Unsere Religion braucht nicht mehr solche Überzeugnisse […], seither daß Gott vor uns gestorben und uns erlöst hat […]. Zwischen Maria Theresia und Elisabeth wäre es diesbezüglich mit Sicherheit zu heftigen Auseinandersetzungen gekommen. (5)

Ich schließe mich dieser These von Autor Alfons Schweiggert an.

Doch wie jede Anordnung, hatte auch diesen einen Grund und diese möchte ich kurz einfügen, auch wenn es nicht „unser“ Jahrhundert ist.

Im 18. Jahrhundert glaubte man noch extrem an Hexen, Werwölfe und Vampire.

1701 endete in Obdach (Steiermark) ein Almhirte durch Enthauptung. Er war nicht der Intelligenteste und behauptete laut im Wirtshaus, dass sein Nachname „Perwolf“ ihm die Macht über die (damals noch) ansäßigen Wölfe gab. Die aufgeschreckten und ängstlichen Bauern zeigten ihn an und so landete der Almhirte vor Gericht, wo er dummerweise immer noch behauptete seltsame Riten und Fähigkeiten mit Wölfen durchführen zu können, die in Zusammenhang mit seinem Nachnamen „Perwolf“ stünden. Der Teufel höchstpersönlich habe ihm erzählt, dass man der ortsansässigen Wolfsplage mit einer „Freikugel“ aus einem „Ablasspfennig“ oder aus „Blei“ und aus „Donnerstrahlen“ (=ein kristallisiertes Metall) Herr werden könne.

Foto: Richard G. Martin
Werwolf in der Fantasie der Menschheit – bis heute!

Aus Perwolf wurde Werwolf und so wurde eine Legende geboren die bis heute anhält.

Der arme Wicht wurde hingerichtet, doch die Wolfsplage konnte nicht ausgerottet werden. Und die Bleikugeln halfen natürlich auch nicht.

Doch der Mythos „Werwolf“ war erschaffen und zog durch das Land und die Welt.

Danach endete das Leben für viele Hirten gar schauerlich. Immer wenn viele Tiere getötet, aber nicht gefressen wurden, zog der wütende Mob los „Werwölfe“ jagen. Gefunden wurden immer irgendwelche armen Wichte, die nicht intelligent (oder reich genug) waren, sich zu wehren. Unter Folter gaben diese dann zu, das Vieh gerissen und getötet zu haben. Es endete für die jungen Burschen immer am Galgen oder mit Lynchjustiz.

Foto: oldthing.at
venezianische Staatsgaleere „Bucentoro“
18. Jahrundert
Bild: Christopher Rave

Manche behaupteten sogar, vom Teufel eine Art „Zaubersalbe“ bekommen zu haben, um keinen Hunger zu erleiden. Diese könnten sie eincremen so oft sie wollten und sich für immer satt fressen. Wurde dieses Geständnis erhört, begnadigte sie der Fürzerzbischof zu lebenslanger Galeerenstrafe in der venezianischen Flotte (ich persönlich frage mich, was wirklich humaner war: der Galgen und der sofortige Tod oder die Folter auf den Galeeren *uff*).

Natürlich konnte sich das Römische Reich unter Maria Theresia damals die hohen Kosten für einen Scheiterhaufen oder Galgen sparen.

Foto: darksouls1 via pixabay.com
Vampire faszinieren bis heute Film, Bücher und Fernsehen.
Dabei geht es immer um Sex, Blut und Ewiges Leben

1755 kam es schließlich zu einem Vorfall, der schließlich das Fass zum Überlaufen brachte.

Vampire waren am Werk und vergingen sich an Leichnamen von toten Männern.

Der Leumund hatte tote Männer verdächtigt als Vampire durchs Leben zu Wandeln und als diese „starben“, wurden sie wieder ausgegraben, gepfählert und verbrannt. Und das im Beisein der Geistlichen Obrigkeit.

Das empörte Maria Theresia so derartig, dass sie oben zitiertes „Magia poshuma“ aufsetzte und jeglichen Aberglauben verbieten ließ.

…gegen törrichte Aberglauben, Possen und Superstition unseren gnädigsten Geistlichkeit nichts unternommen. Immer dann, wenn ein Fall von Gespenstern, Hexerei, Schatzgräberei oder eines angeblich vom Teufel Besessenen vorkommen „soll“, „sei er von den Behörden“ und „einem vernünftigen Arzt“ darauf zu untersuchen, „ob und was für ein Betrug dahintersteckt und wie die Betrüger bestraft werden sollen“. (16)

Ein Jahr später fügte sie noch die Hexerei hinzu, da die Geistliche Obrigkeit wieder einen Schlupfwinkel gefunden hatte, um einen böhmischen Viehhirten zu quälen und an ihm „Teufelszeichen“ suchte und einen öffentlichen Zauberei-Schauprozess abhielt. Königin Maria Theresia ließ den Prozeß sofort mit den Worten stoppen:

„Eine abergläubische Idee, indem keine Hexen existieren. Das ist sicher, dass sich Hexen nur dort finden, wo Unwissenheit besteht. Beseitigt man diese, so wird keine Hexe mehr gefunden. Dieser Mann ist so wenig ein Hexenmeister wie ich.“ (17)

Bevor ich zur weiteren Ausführung komme, möchte ich die beiden wichtigsten und gefährlichsten missverstandesten Symbole der damaligen Zeit erklären:

das Pentragramm und das Hexagramm

Kein Wicca-Symbol wird so falsch verstanden, wie das des Pentagramms. Obwohl es „das Schutzsymbol gegen das Böse“ ist, wird es auch immer wieder mit dem Teufel, den Satanisten und sonstigen bösen Horrorgeschichten denunziert.

Es symbolisiert die 5 Elemente: Feuer, Wasser, Luft, Erde – während der Spitz der Sterne den Geist darstellt

Ursprünglich verehrten die Christen im Altertum das Pentagramm, da für sie die Spitzen die Wunden Jesu Christi darstellten.

Doch im Mittelalter wendete sich das Blatt dramatisch für das Pentagramm und die radikale Kirche begann einen Feldzug gegen Alle und Jeden, die heidnische und nicht religiöse – gemeint war alles was nicht das Kreuz darstellte – Gegenstände anbeteten. Dabei wurden Frauen am Scheiterhaufen verbrannt, Männer geköpft oder gehängt usw. Das Pentagramm wurde zum Symbol Satans erklärt und hat seit dem seinen Ruf.

Die Freimaurer rotteten sich daraufhin heimlich zusammen und schützen das Pentagramm und seine ursprüngliche Symbolik.

Heute bemühen sich weiße Wiccas das Pentagramm wieder in seine ursprüngliche Symbolisation zurückzuführen und den Menschen die Angst vor dem wunderschönen Schutzzeichen zu nehmen.

Dem gegenüber steht das noch bösere Hexagramm, welches von den Satanisten als das Teufels“merkmal“ benutzt wurde. Es wird als das Goth-Symbol schlechthin bezeichnet und durch die 6 Punkte und 6 Seiten hat es dieselbe Assoziation wie die berühmt berüchtigte Zahl 666.

Um Machtmissbrauch, auch schon im Mittelalter und im 18. Jahrhundert zu demonstrieren, wurde das Hexagramm an Hausmauern gemalt und die Menschen glaubten fortan, sie wären verflucht und dem Tode geweiht. Alleine diese Angst führte oft tatsächtlich zum Tod, da Herzinfarkte oder sonstige Krankheiten ausbrachen, die man im 18. Jahrhundert nicht erkannte, aber natürlich mit dem Hexagramm in Verbindung gebracht wurden und noch mehr Angst verbreiteten.

Ebenso wie beim Pentagramm ist das Hexagramm ein starkes Schutzsymbol. Mittlerweile bemühen sich weiße Wiccas, dieses Zeichen ebenso wieder der Menschheit ohne Angst zurückzuführen und richtig eingesetzt, dient es dem Schutzsuchenden mit dem Leben zu versöhnen und zur Ruhe zu finden.

10 Jahre später führte sie die allgemeine Schulpflicht mit dem bis heute bestehenden Satz ein:

„Die Neigung des einfältigen Volkes zu abergläubischen Dingen entsprang der Leichtgläubigkeit, die unbegreifliche oder ganz natürliche Dinge dem Zauber- und Hexengeschmeiß zuschreibt, von Alter zu Alter fortpflanzt und den Kindern fast in der Wiege mit fürchterlichen Geschichten und Märchen eingprägt, wodurch dieser Wahn allgemein verbreitet und immer mehr bestärkt wurde.“ (18)

Aber nun zurück ins 19. Jahrhundert und zu Kaiserin Elisabeth:

Um euch Einblick in den Aberglauben von Elisabeth zu geben, führe ich hier einige Beispiele auf, was sie alles unternommen hat, damit ihr kein „Unglück“ widerfährt.

Wobei, je älter sie wurde und vor allem nach Kronprinz Rudolfs Tod, desto massiver führte sie manche Rituale durch. Nicht alle sind in chronologischer Reihenfolge, da es beim recherchieren nicht möglich war herauszufinden, was sie wie lange anwand oder bei sich trug.

  • Sie schlug hie und da ein Ei auf und trennte dabei das Eiklar vom Dotter. Das Eiklar wurde in ein Glas mit fließenden Wasser geschüttet. Die Formen die nun das Eiklar und das Wasser annahmen, nutzte die Kaiserin für Zukunftsvoraussagungen.
  • Zu Ostern wusch sie sich immer mit dem sogenannten „Osterwasser“. Dabei wurde aus einem Seitenarm der Donau Wasser geholt (vor Sonnenaufgang), mit dem sich Elisabeth dann wusch. Dieses Wasser soll die Haut besonders zart und schön gemacht haben.

Über diesen Brauch, schrieb sie sogar ein Gedicht:

Mehadia, April 1887

Simbota Marre*
(Osternacht)

In der stillen Osternacht, 
Wenn in Vollmondsilberstrahlen
Cserna's Nixe tanzt und lacht, 
Wo die Wasser rauschend fallen; 

Wenn geheimnisvoll sie winkt, 
Deutend auf die grünen Fluten, 
Wie der Mondschein drauf erblinkt
Und sie schäumend fort sich sputen, 

Dann nah' ich des Flusses Rand
Lange vor dem Morgengrauen; 
Und nach Osten hingewandt, 
Darf ich regungslos nur schauen.

Doch die Nixe schöpft das Nass, 
Und aus ihren weissen Händen
Fliesst es ohne Unterlass, 
Schönheit, Jugend mir zu spenden. 

Von dem Haupte rinnt und quillt 
Sprühend mir der Silberregen, 
Und die Nixe, wohl gewillt, 
Gibt dazu noch ihren Segen. 

Leise, dass sie kaum es hört, 
Sprech' ich jene Zauberworte, 
Die die Nixe mich gelehrt, 
Heimlich erst an diesem Orte. 

Nixe, was du zugesagt, 
Sollt' es in Erfüllung gehen, 
Wird die nächste Osternacht
Wieder hier bei dir mich sehen. (6)

* Anmerkung: rumänisch "Karsamstag" 
Foto: Kostic/Shutterstock
  • Sie ging unter keiner Leiter durch.
  • Sie wich jeder schwarzen Katze aus.
  • Jedes Hufeisen und jeder Nagel wurde höchstpersönlich vom Boden aufgehoben, gesäubert und bronziert oder vernickelt.

Der Spruch

Ein Nagel kann ein Hufeisen retten, ein Hufeisen ein Pferd, ein Pferd einen Reiter und ein Reiter ein Land (7)

war für Kaiserin Elisabeth nicht nur symbolisch.

So trug sie seit der ungarischen Krönung 1867 einen an ein Lederbändchen gebundenen Behälter, der die aufgeschichtete Krönungserde enthielt.

Die reiterliche Herausforderung für Kaiser Franz Joseph kann hier nachgelesen werden.

Foto: PePraline via ebay-kleinanzeigen.de
Hufeisen mit Nägeln;
symbolisches Bild

Bei den aufgefundenen Hufeisen war es ihr besonders wichtig, dass sie diese zufällig fand. Waren auch noch 3 Nägel darin, war Elisabeths Glück kaum zu bändigen.

Hufeisen brachten Glück und hielten Krankheiten ab. Um dies zu gewährleisten, durften sie niemals mit der offenen Seite nach unten zeigen. War dies passiert, brachte das Hufeisen Unheil, denn das Glück sei aus ihm herausgefallen.

Sogar Seeleute nagelten Hufeisen auf Schiffmasten.

Tattoo als Glücksbringer

Tattoos in adeligen Kreisen waren gar nicht so unüblich wie man allgemein glauben mag.

Foto: Wikimedia/Commons
König

König Karl XIV Johann von Schweden (*26.1.1763, †8.3.1844) hatte auf seinem Oberkörper

Tod dem König

sowie seinen Namen und seine Geburtsdaten eintätowiert. Zeit seines Lebens verbot er sämtlichen Ärzten seinen Oberkörper zu untersuchen.

Der Spruch wurde erst nach seinem Tod gefunden.

Er war vor seinem König-Dasein in Schweden französischer Revolutionsführer in Frankreich und hieß Jean-Baptiste Bernadotte.

Auf ihn gehen bis heute alle schwedischen Bernadottes im Königshaus zurück.

Tattoos waren im 19. Jahrhundert immer mehr im Kommen, auch wenn diese heimlich getragen wurden.

Der moderne mensch, der sich tätowiert, ist ein verbrecher oder ein degenerierter. Es gibt gefängnisse, in denen achtzig prozent der häftlinge tätowierungen aufweisen. Die tätowierten, die nicht in haft sind, sind latente verbrecher oder degenerierte aristokraten. Wenn ein tätowierter in freiheit stirbt, so ist er eben einige jahre, bevor er einen mord verübt hat, gestorben.

Adolf Loos

Auch im Kaiserhaus zogen sie ein.

Die „degenerierten“ Aristokraten waren demnach: Erzherzog Franz Ferdinand (*18.12.1863, †28.6.1914), Erzherzog Otto und natürlich die berühmteste unter den Habsburgern: Kaiserin Elisabeth

Erzherzog Franz Ferdinand ließ sich auf seiner Weltreise einen „Drachen“ tätowieren.

Die Kuratorin der Hermesvilla Michaela Lindinger behauptet auf einem Webseitenbeitrag zum Thema Tattoo und das 19. Jahrhundert auf der Plattform Wien Museum (Hermesvilla und Wien Museum gehören zusammen), dass Kronprinz Rudolf tätowiert war.

Ich habe nicht nur einige Historiker danach befragt, sondern auch so ziemlich die ganze Quellen durchgesucht. Es gibt von niemanden einen Hinweis auf ein Tattoo bei Kronprinz Rudolf. Ich habe das Wien Museum angeschrieben und Frau Lindinger um Stellungnahme gebeten: Wie immer wurde ich von diesem Haus ignoriert.

Frau Lindinger konnte das Tattoo auch nicht von Erzherzog Franz Ferdinand benennen. Das war mir allerdings möglich. Wie oben bereits beschrieben, hatte er sich einen „Drachen“ stechen lassen. Es muss auf der Überfahrt nach Ägypten gewesen sein, mehr ist nicht bekannt.

Die gesamte (Vor)Geschichte und das Video aus Marseille:

Video: mythoskaiserinelisabeth.com – Petra

1888 ließ sich Kaiserin Elisabeth in Marseille in einer Hafenkneipe einen Anker einbrennen.

Erzherzogin Marie Valérie beschrieb am 3.12.1888 die Szene in der Hofburg wie folgt:

… als Papa eintrat und mich fragte, ich wohl schon über die furchtbare Überraschung geweint habe, dass sich nämlich Mama einen Anker auf der Schulter einbrennen liess, was ich sehr originell und gar nicht entsetzlich finde. (7)

Historiker Conte Corti zitiert, dass der Anker blau war.

Foto: tattooday.nl
So könnte der Anker von Elisabeth als „Tattoo“ ausgesehen haben.
Foto: line-and-dotes.com
So könnte der Anker von Elisabeth als „Branding“ ausgesehen haben.

Bis heute wird kolpotiert, dass die LINKE Schulter von Kaiserin Elisabeth tätowiert war. Dies ist aber nirgendwo festgehalten!

Im Obduktionsbericht steht ebenfalls nur, dass auf dem Schulterblatt (ohne die Seite zu nennen) ein Branding vorzufinden ist.

Kaiserin Elisabeth war zum Zeitpunkt ihres Brandings knapp 51 Jahre alt.

Wörtlich bedeutet das Anker Symbol folgendes:

Nicht nur Seeleute glauben an den Anker als Symbol für eine gut verlaufende Reise, aber auch für eine gesunde und glückliche Heimkehr. Der Anker steht auch für die Hoffnung, was wiederum bedeutet, dass man immer hoffen darf und von den höheren Mächten nicht im Stich gelassen wird, wenn auch manchesmal die Wege mühsam und gefahrvoll sind. Den Anker träg man an der Uhrkette, als Anhänger um den Hals, manche lassen sich einen tätowieren und sind damit sozusagen rund um die Uhr geschützt, denn den kann man ja nicht verlieren. (19)

Elisabeth liebte das Meer, die Freiheit und die Seefahrt.
Somit alles Komponente, womit der Anker erklärt wäre.

Fotos: mythoskaiserinelisabeth.com – Petra
Madame Tussaud’s Wien – Kaiserin Elisabeth Wachsfigur

Nicht erklärt werden kann, wo die Mär der linken Schulter herkommt und warum die hässliche Wachsfigur bei Madame Tussaud’s in Wien in der Darstellung einer 27jährigen Kaiserin Elisabeth, im hässlichsten Sternenkleid das ich je gesehen habe, mit noch hässlicherer Sternendiamanten-Perücke, mit einem tätowierten Anker herumstehen muss.

Elisabeth hätte sich niemals öffentlich mit dem Anker gezeigt. Nicht umsonst war das Tattoo am SchulterBLATT! 1888 war Kronprinz Rudolf noch am Leben und somit hatte sie für die zukünftige Ballsaison vorgesorgt und man hätte das Branding nicht gesehen.

Medaillons als Glücksbringer

Von jeher trug man Haare von verstorbenen liebgewonnener Personen bei sich als Glücksmomente oder -bringer. Auch zur Erinnerung bewahrte man diese auf, da es natürlich in früherer Zeit keine Fotografien gab und sich auch viele Maler und Zeichner nicht leisten konnten.

Kaiserin Elisabeth trug ab 1886 bzw. ab 1889 Medaillons mit Haaren vom toten Ludwig bzw. vom toten Sohn bis zu ihrem Lebensende bei sich. In Genf fand man beide Schmuckstücke unter den persönlichen Gegenstände der Kaiserin und man brachte sie zu Kaiser Franz Joseph nach Wien.

Von einem dieser Medaillons habe ich ein Foto, da sich dieses heute im Schlosshotel Fuschl im „Sissi Ladl“ im kleinen Museum befindet. Das andere ist bis heute im Privatbesitz und somit ohne Foto.

Königin Marie von Bayern (*15.10.1825, †17.5.1889) übergab Kaiserin Elisabeth höchstpersönlich ein wunderschönes Medaillon mit Bildnis ihres verstorbenes Sohnes König Ludwig II (*25.8.1845, †13.6.1886), welches eine Haarlocke enthielt.

Da Elisabeth sehr um den Verlust ihres Cousin 2. Grades trauerte (obwohl sich die beiden gar nicht so oft trafen, wie es der Aberglaube und die Mär gerne hätten), trug sie dieses Medaillon ab sofort immer bei sich.

Foto: online.landessammlungen-noe.at
als Symbolbild gedacht
Kronprinz Rudolf Medaillon, Goldumfassung, Emailmalerei, Rückseite graviert

Als sich am 30.1.1889 Kronprinz Rudolf umbrachte, ließ sie ebenfalls eine Haarlocke ihres Sohnes entfernen und schloss diese mit einem Bildnis in ein Medaillon ein.

Dieses Medaillon trug sie ab sofort von nun an immer bei sich. Das Medaillon befindet sich – wie erwähnt – immer noch im Privatbesitz und kann nicht öffentlich besichtigt werden.

Totenfotografie

!! TRIGGERWARNUNG – FOTOS VON TOTEN!!

Da sich viele Menschen eine Lebendfotografie nicht leisten konnten, entwickelte sich die Sparte der Postumbilder.

Die Postumbilder oder auch Totenbildnisse begannen ihren Einzug ins Leben der Menschheit mit Beginn der Fotografie.

Dabei wurden die Leichen von Kindern, Müttern, Vätern, Schwestern, Brüdern, Großeltern etc. so hergerichtet, als ob sie noch am Leben wären.

Sie wurden nicht nur wie zu Lebzeiten gewandet, sie wurden mit einer Art Theaterschminke geschminkt, den Kindern wurde Spielzeug oder sonst ein Gegenstand in die toten Hände gedrückt, sie wurden auf Schaukelstühle, ins Bett, in Sessel oder mit der gesamten Familie an den gedeckten Tisch gesetzt.

Es gab sogar fertig angezogene Braut oder Bräutigame, Mädchen die für ihren ersten Ball hergerichtet wurden, weil sie diesen nicht mehr erleben durften, Erstkommunion oder sogar Hunde, die auf ihren toten Herren gesetzt wurden.

Leichen die standen, denen wurde ein Gestell in den Rücken geschraubt, damit sie für die Fotografie stramm stehen konnten.

!! TRIGGERWARNUNG – FOTOS VON TOTEN!!

Aber wer glaubt, dass es damit vorbei war, irrt. Auch die Psychiater entdeckten die Fotografie für ihre Zwecke.

Hier wird gezeigt, wie eine psychisch beeinträchtigte Patientin, die wie eine Madonna gewandet wurde, mit Stromstößen gequält wird.

Foto: Kwerfeldein.de (dort allerdings ohne Urheberrecht)

Stellvertretend für alle die jemals Missgebildet geboren wurden und „verkauft wurden, möchte ich Myrtle Corbin (*12.5.1868, †6.5.1928) nennen. Sie wurde mit 4 Beinen geboren. Bereits im Kindesalter nahm ihr Vater von den Nachbarn Eintritt, um sie wie ein Stück Vieh zur Schau zu stellen.

Foto: Wikimedia/Commons
Myrtle Corbin

Später tingelte er mit ihr von Zirkus zu Zirkus und verkaufte sie an den Höchstbietenden.

So extrem das für uns auch klingen mag – Zeit ihres Lebens hatte sie ein gutes Auskommen und konnte für sich sorgen.

Kaiserin Elisabeth war übrigens eine glühende Verehrerin dieser Schau-Jahrmärkte. Je missgebildeter ein Mensch war, desto mehr zog es sie an.

Es galt damals als „unschicklich“ so was „nicht gesehen zu haben“.

Natürlich ging der Trend der postumen Fotografie auch nicht am Habsburg oder Wittelsbach Haus vorbei und so gibt es unzählige Fotos aus beiden Häusern.

Einige möchte ich euch zeigen.

Seit der französischen Revolution und der Enthauptung des Herrschers, begann man mit der Erfindung der Linse „tote Kaiser und Könige“ zu fotografieren.

Dies hatte den Vorteil, dass die Proklamation „Der Kaiser/König ist tot“ von Fotos fürs Volk untermauert wurde.

Die Fotos wurden in den kaiserlichen Schaukästen im ganzen Land aufgehängt und sobald die Druckerpressen ausgegangen sind, landeten sie als „Carde de visite“ zum Verkauf bei den Händlern.

Ab sofort machte die „Postmortemfotografie den Kaiser oder den König zum modernen Herrscher“.

Die monarchische Postmortemfotografie Franz Josephs sagt folgendes aus: „Er ist tot, aber im Tod ist er mehr als nur einer, und in dieser Vielheit agiert sein Bild gegenüber seinen Untertanen aktiv und so souverän wie nie zuvor“. Und so zirkulierten die unterschiedlichen Fotos von Kaiser Franz Josephs Leichnahm nicht nur singulär, sondern als Mehrfachpackung, etwa im Set von sechs Postkarten zu den „Begräbnisfeierlichkeiten für den Kaiser Franz Joseph I am 30. November“ die neben der Aufbahrung vor allem auch den pompösen Leichenzug darstellten.(22)

!! TRIGGERWARNUNG ENDE !!

Totenmaske

Die erste Totenmaske die je gefunden wurde, ist ungefähr 3300 Jahre alt.

König Ludwigs Totenmaske wird am 14.6.1886 auf Geheiß von Kaiserin Elisabeth entnommen und ihr auch anschließend übergeben. Nach ihrem Tod wird sie in der Hermesvilla gefunden. Heute befindet sie sich im „Haus der Bayerischen Geschichte“.

Kaiserin Elisabeths Totenmaske wird in Genf entnommen und wurde im 2. Weltkrieg unwiderruflich zerstört.

Bis heute gibt es nur ein einziges Foto der echten Totenmaske!

Unfassbar für mich ist es, dass das Sisi Museum Wien nicht imstande ist, bei der ausgestellten Totenmaske hinzuschreiben, dass es sich um (eine wohlgemerkt schlechte) Replik handelt. Bis heute (!) glauben die Besucher, die echte Totenmaske dort vorzufinden. Fragt man die Museumsbesucher nach der seltsam anmutenden Maske, erntet man leider nur ein fragendes Gesicht.

Foto und Malerei von Kaiserin Elisabeth

Foto: Imago/alimdi
Kaiserin Elisabeth
relativ unbekanntes Foto aus der 1865er Serie im Reitkleid
von Ludwig Angerer

Wer im Google die Stichworte „Kaiserin Elisabeh“, „Kaiserin Sisi“ oder „Kaiserin Sissi“ eingibt, wird von zig 100 Fotos fündig.

Foto: Samantha Gold
eine der besten Draqqueens unserer Zeit
Ich verehre sie.
(Insta: gold.samantha)

Irgendwann sind es natürlich immer wieder dieselben und irgendwann vermischen sich Cosplayerinnen, Dragqueens, Schauspielerinnen und Musicaldarstellerinnen.

Aber zuerst findet man die originale, wunderschöne und einzigartige Elisabeth, die vielerorts von vielen Historikern:innen nur noch „Sisi“ genannt wird, da man meint, in diesem Namen eine Marke gefunden zu haben und sie damit besser erkannt wird. Ich drehe jedesmal durch, wenn ich das lese. Ein No Go!

Am schlimmsten sind die, die schreiben, ich beschäftige mich seit 40 Jahren mit Kaiserin Sissi. Dann bekommt man von mir leider die Antwort, ich bin für Romy Schneider nicht zuständig. Dann ist sowieso gleich Ruhe, allerdings stoße ich immer auf Unverständnis, denn meine Antwort wird weder verstanden, noch akzeptiert.

Ich bin der Meinung, wer sich mit ihr auch nur 10 Minuten beschäftigt, weiß, dass ihr Name „Elisabeth von Österreich“ war, ihr Titel „Kaiserin“ und man sie als „gemeines Volk“ niemals mit „Sisi“ anzusprechen hatte. Und wer diese 10 Minuten investiert hat, weiß auch, dass sie sich Zeit ihres Lebens, niemals Sissi geschrieben hat. Warum man das also nach 40 Jahren „Interesse“ noch tun sollte, ist mir schleierhaft.

Warum also, sollte ich das am Blog, in Büchern oder im Internet tun? Wer sich mit dem Hofzeremionell beschäftigen möchte, ist hier richtig.

Es gibt zig Bildbände, die nur ihre Fotos füllen.

Obwohl – bis heute (!) kolportiert wird, dass sie Fotoscheu war, war

Kaiserin Elisabeth die einzige im Kaiserhaus, die beinahe ständig vor der Kamera stand. Von ihr gibt es mehr Fotos, als von jedem anderen (!) Habsburger zu jener Zeit.

Sie hat einfach nur selbstgewählt mit wem (!) sie vor der Kamera stehen wollte. Und das wurde ihr angelastet.

So gibt es nur ein einziges Familienfoto!

Foto: Wikimedia/Commons
Erzherzogin Sophie und Erzherzog Franz Karl mit Familie Familie Kaiser Franz Joseph mit Kaiserin Elisabeth, Rudolf und Gisela, Erzherzog Maximilian mit Erzherzogin Charlotte, Erzherzog Karl Ludwig, Erzherzog Ludwig Viktor). Fotografie von Ludwig Angerer, 1860

Ansonsten wählte sie Hunde, Pferde oder stand alleine vor der Kamera. Hier ein paar ausgewählte Schmankerln…

Ab ihrem 36. Lebensjahr ließ sich Elisabeth nicht mehr fotografieren. Dies hatte zum einen den Grund, da sie als „jugendliche Schönheit“ in die Geschichte eingehen wollte und zum anderen hatte dies mit ihrem Aberglauben zu tun:

„Ich bin ein Sonntagskind und ich stehe in Verbindung mit der andern Welt. Kann Glück und Unglück bringen. Es liegt ein Unstern über allem, was ich tue, und wer nur immer um mich ist, muß auch darunter leiden.
Jedesmal wenn ich ein Photo [von mir] habe machen lassen, hatte ich Unglück.“ (8)

Leider ist nicht überliefert, was sie mit „Unglück nach den Fotographien“ meinte.

Körperliche Beschwerden von Menschen – im 19. Jahrhundert ein Zeichen von Glück oder Unglück

Der Aberglaube im 19. Jahrhundert kannte kaum eine Grenze und hörte auch bei Kaiserin Elisabeth nicht auf.

Sie fürchtete sich massiv vor Menschen die den „bösen Blick“ hatten. Dagegen musste sie sofort „3x auf Holz klopfen“ oder 3x über die Schulter spucken“, damit das Unglück, dass ihr der Mensch angetan hatte, abgewendet werden konnte.

Bucklige, Kleinwüchsige oder behinderte Menschen galten als „Glück“.

In Amsterdam, in Begleitung ihrer Lieblingsnichte Marie Gräfin von Larisch, kam ihr ein Buckliger entgegen. Normalerweise ging die Kaiserin auf diese Menschen zu und fragte höflich, ob sie den „Höcker“ berühren dürfte. Doch aus irgendeinem Grund steuerte sie diesen Mann wortlos an und wollte ihn berühren, als sie plötzlich zusammenstießen und der Fächer von Elisabeth durch die Lüfte flog und sie taumelte.

Marie von Larisch zog Elisabeth sofort eilig zur nächsten Tram, um einen Tumult und Streit aus dem Weg zu gehen. Elisabeth jedoch amüsierte sich köstlich.

Ähnliches berichtete auch Marie Gräfin von Festetics (*20.11.1839, 17.4.1923) ihre engste Hofdame und Vertraute. Auch ihr waren solche Szenen nicht unbekannt.

Wegen seiner körperlichen Auffälligkeiten und seines Buckels stellte Kaiserin Elisabeth den behinderten Griechischlehrer Constantin Christomanos (*1.8.1867, †14.11.1911) ein.

Er würde ihr Glück bringen. Sie war fest davon überzeugt.

Aberglaube auf die Naturgewalten und die Tierwelt

Hier hole ich etwas weiter aus, denn vor allem die Tierwelt war eine weitverbreitete Welt im Bereich des Aberglaubens. Mit Tieren wurden sogar allerlei Heilmittel und Zaubertränke hergestellt.

Foto: Freepik
Zaubertränke, Symbolfoto

Von Schnecken, Pferdeschwamm, Tintenfisch, Egel, Regenwurm, Spinnen, Holzbock, Assen, Röhrenatmer, Froschlurch, Frösche, Eidechsen, Schlangen, Vögel, Schleie, Lurche, Rebhuhn, Bienen, Ameisen, Heuschrecken, Holzwürmer, Maikäfer, Weidenbohrer, Schmetterlinge und Fledermäuse gab es kaum ein Tier, dass nicht zu einem Heiltrank, Zaubermittel oder Wunderheilsalbe verarbeitet wurde.

Die Rezepte sind erhalten und ich schreibe hier 3 Rezepte ab. Würggefahr nicht ausgeschlossen.

  • Eine ungerade Zahl von Mauerasseln (mindestens 7, eher 9 Stk.) in Wein zerteilen oder in Milch sotten und trinken. Hilft gegen Fieber (wurde in der Steiermark angewendet) (9)
  • Der austretende Schleim einer Rotschnecke (Nacktschnecke) muss lebend in Zucker gesetzt und gegessen werden. Hilft gegen Keuchhusten. (10) (Mahlzeit *lol*)
    Schnecken wurden im übrigen zu Millionen getötet: sie halfen bei Keuchhusten, Augenleiden, Brandwunden, Fisteln, Entzündungen, Schwindsucht, Pestbeulen, Nasenbluten usw.
    Dabei wurden sie lebend gegessen, lebend zermalmt, gekocht, zerstampft, zerschnitten, gepresst, in Honig eingelegt, in Wein, in Branntwein, in Zucker und in kochendes Wasser.
    Der Phantasie (und Grausamkeit) waren kaum Grenzen gesetzt.
  • Schwalben:
    Schwalbennester wurden geraubt, da sie bei erlebten Schrecken helfen sollten
    Schwalbenfleisch half angeblich bei Schlangenbissen
    Schwalbengalle wurde als Enthaarungsmittel eingesetzt
    Schwalbenherz wurde als Zaubertrank für ein Liebesmittel entnommen
    findet man einen Stein im Magen einer jungen Schwalbe hatte man Glück vor dem Bösen
    brütete ein Schwalbenpaar 7 Jahre lang ein und dasselbe Ei aus und war dieses rötlich gefärbt, half es gegen Mondsucht, Siechtum, Wahnsinn und Epilepsie. Man musste den Stein in ein Leinentüchlein einwickeln und Zeit seines Lebens unter dem Arm tragen. (11)
    Ich möchte nicht wissen, wieviele Schwalben ihr Leben lassen mussten, für diesen Unsinn. Und vor allem auf welche grausame Art und Weise.

Auch Kaiserin Elisabeth glaubte an Tier-Aberglauben.

So hatte sie Zeit ihres Lebens – wie schon kurz erwähnt – Angst vor schwarzen Katzen.

Und sie fürchtete sich massiv vor Raben. Sie war fest davon überzeugt, dass diese den Tod brächten.

Um ihrer Angst Ausdruck zu verleihen, hat sie 1886 nicht nur für König Ludwig ein Gedicht geschrieben, sondern auch die Raben und den Tod mitverarbeitet:

Ischl, Sommer 1886

Ich habe verzweifelt 

Jehova! Ich habe verzweifelt
An deiner Barmherzigkeit, 
Da ich die Raben gesehen
Mit all' ihrem schweren Leid. 

Ich sah sie stürzen und fallen 
Hinab in den tiefen Schnee 
Wo sie sich krümmten und wanden, 
Verendend im bitt'ren Weh. 

Den schwarzen Fittig gespreizet, 
Das lichte Auge verdreht, 
Ein himmelschreiender Vorwurf, 
So war'n sie am Schnee versät. 

Die kahlen Bäume die rangen
Die nackten Äste empor; 
Es klangt wie sprachloses Jammern, 
Es ächzte ein stummer Chor. 

Jehova! Ich habe verzweifelt
An deiner Barmherzigkeit, 
Da ich den Frevel gesehen, 
Der jüngst einen Schwan* entweiht. 

Verzweifelt lief ich am Ufer
Und schrie hinaus in den See: 
"Jehova hat uns verlassen, 
Er spielt nur mit unserem Weh!"

Wo ist die Seele des Schwanes, 
Den man im Wasser erwürgt?
Wo ist das ewige Leben, 
Das man uns heilig verbürgt? 

Und sieh', als die Nacht gekommen, 
Da stieg ein Engel hervor
Aus weinenden Wasserfluten 
Und flüstert' mir leise ins Ohr: 

"Die Seele, die du verlangest, 
Sie gleitet im grossen All; 
Doch mit der deinen sich mengen, 
Darf sie nun von zu Fall zu Fall.**

Du sollst ihr Leiden teilen,
Musst opfern ihr deine Ruh',
Bis eure Seelen eins eilen'
Vereint der Ewigkeit zu."

Jehova! Ich habe verzweifelt
An deiner Barmherzigkeit! 
Drum lieg ich, im Staube das Antlitz, 
Zur Buss' und Sühnung heut'; 
"Jehova ist gross und mächtig, 
Doch grausam ist die Natur!" (12)

*König Ludwig II
**Elisabeth war der Meinung, mit dem toten König Ludwig spiritischen Verkehr zu haben und empfand dies als Geschenk und Beruhigung 

Doch das Thema Raben geht noch weiter:

Foto: Wikimedia/Commons
Irma Gräfin Sztáray

Als 3 Tage vor ihrem eigenen Tod während des Ausfluges nach Rochers de Naye ein Rabe herabstürzte und sich mit seinen Krallen kurz in Elisabeths Haaren verfing, hielten das nicht nur der anwesende Griechischlehrer Frederic Barker und Hofdame Irma Gräfin Sztáray (*10.7.1863, †3.9.1940) für ein böses Omen.

Foto: Wikimedia/Commons
Elster

Sah sie aber eine Elster, so verbeugte sie sich dreimal vor ihr. Elisabeth ängstigte beinahe zu Tode vor dem Geschrei des Vogels. Um das Unheil der Elster abzuwenden, verbeugte sie sich dreimal vor dem Vogel. Dies – so Elisabeth – wand das Unheil vor ihr ab.

Bei den Naturgewalten unterschied Kaiserin Elisabeth zwischen Vollmond, Regenbogen, Meer und Sturm:

  • Meer: heilende Kräfte und konnte Krankheiten heilen.
Foto: de.gde-fon.com
aufgewühlte See
  • Sturm; vorallem auf hoher See: konnte laut Elisabeth eine aufgewühlte Seele heilen
  • Regenbogen: brachte Glück
  • zunehmender Mond: schien Mondlicht in die Geldbörse, so glaubte Elisabeth, würde sich das Geld vermehren
  • Neumond: betrachtete Elisabeth voller Neugier den Himmel und meinte das brächte Glück
  • Vollmond: murmelte Elisabeth Wünsche gegen den Himmel, die in Erfüllung gehen sollten

Elisabeths Visionen und andere Jenseitsstimmen und Medien

Ursprünglich ist der Spiritismus ein moderner Versuch, das Jenseits der Verstorbenen zu erforschen. „Der Spiritismus befaßt sich ausschließlich mit dem persönlichen Weiterleben des Menschen nach seinem Tode, mit der Erforschung der Zustände im Jenseits und mit den Methoden, mittels denen Verbindungen zu den Abgeschiedenen hergestellt werden können, formuliete einer der führenden deutschsprachigen Spiritisten. (13)

Aber was ist ein Spiritist genau? Ich erkläre es mit dem Buch von „Rendezvous mit dem Jenseits“ aus dem Jahr 1973.

1956 starb bei einem Autounfall der junge Arzt Dr. Gerd Böhm in Paris. Er wurde in Paris auf dem Friedhof in Pantin beerdigt und die gramgebeugten Eltern widmeten dem verlorenen Sohn ein trauriges Grabdenkmal und -gedicht.

Zwei Jahre später nahmen sie an einer Seánce teil und plötzlich fühlte der Vater auf seiner linken Schulter eine Berührung. Obwohl er strikte Anweisung hatte, sich ruhig zu verhalten, schrie er laut auf und konnte seine Freude nicht verbergen. Sein Sohn, sein totes, geliebtes Kind war zurückgekehrt und hatte ihm ein Zeichen gegeben. Auch die Mutter war komplett entzückt, da sie ebenfalls die Berührung fühlte. Danach war das Leben für die beiden ein völlig anderes. Sie wussten, dass es ihrem Gerd gut ging.

Dazu schrieb der Autor folgendes:

Hat ein Mensch einmal diesen Kontakt erlebt und ist er dadurch zum Gläubigen des Spiritismus geworden, dann ist er in eine eigenständige religiöse Welt mit ihren eigenständigen Denkmodellen und einem eigenen Welt- und Menschenbild eingetaucht. (14)

Dazu stellte eine Spiritistin in der Zeitschrift „Die Andere Welt“ folgende These auf:

„Die Geister wollen mit uns leben! Die Geister leben mit uns! Ihr Gegenwart aber können wir nur dann fühlen, hören und sehen, wenn wir sie anerkennen. Sie wollen uns überzeugen, daß sie da sind. Es handelt sich ja um die Seelen, die einst als Angehörige, als unter uns Lebende auf Erden wandelten, die nur früher abberufen wurden.“ (15)

Doch dies galt im 20. Jahrhundert. Was war mit dem 19. Jahrhundert und wie ging man hier mit dem Geistwesen um?

Auch hier wurde viel Schindluder betrieben. Betrüger bei den Séancen und bei den Geisterfotografien waren an der Tagesordnung.

Eine Geistergeschichte ist allerdings sehr imposant und gilt bis heute als „echt“ und wird bei den Spiritisten dieser Welt als die erste Geistsichtung des 19. Jahrhunderts diskutiert.

Und indirekt hat sie sogar mit Kaiserin Elisabeth zu tun – denn sie war bei ihm früher gern zu Gast und eine gute Reitfreundin von ihm.

Die Rede ist von Lord Wellington Stappleton-Cotton 2nd Viscount of Combermere (*24.11.1818, †1.12.1891), welcher auf Combermere Abbey – einer ehemaligen Abtei – lebte.

Als er starb stellte seine Schwester Sybell eine Kamera mit offenem Verschluss für eine Stunde in der Bibliothek auf.

Das gesamte Personal befand sich zur gleichen Zeit in der St. Margarets Church in Wrenbury und nahm vom Lord Abschied, so dass das Schloss komplett ohne Menschen und leer war.

Als Sybell wieder in die Bibliothek kam, bemerkte sie, dass die Platte in der Kamera voll war und fragte sich, wie das sein könne. Sie ließ diese entwickeln und als sie das Foto sah, traf sie beinahe der Schlag…

…ihr Bruder saß als Geist im Lieblingssessel, während das gesamte Schloss nachweislich leer war.

1884 sprengten Erzherzog Johann Salvator (*25.11.1852, verm.(†)12.7.1890) und Kronprinz Rudolf eine Séance eines damals sehr berühmten Spiritisten und entlarvten ihn als Scharlatan:

Die Geschichte des Harry Bastian

Der Amerikaner war zu dieser Zeit ein sehr berühmtes Medium mit außergewöhnlichen Begabungen. Jeder riß sich um ihn und wollte eine Sitzung mit ihm.

Foto: anno.onb.ac.at
Das Interessante Blatt vom 21.2.1884

Kronprinz Rudolf von jeher sehr skeptisch ob dieser Geistesbeschwörungen, bat Johann hinzu und gemeinsam machten sie sich auf, den Scharlatan das Handwerk zu legen. Erzherzog Johann hat danach ein kleines Büchlei darüber geschrieben.

Ich habe mich köstlich amüsiert (Achtung nur noch antiquarisch erhältlich und nur in Sütterlin Schrift).

Um 20.30 Uhr ging die Séance in der Privatwohnung von Erzherzog Johann Salvator (Wollzeile 40; heute hat sich die Adresse in Dr. Karl Lueger-Platz 2 geändert) statt.

In jeweils 3 Zimmern, abgetrennt durch Vorhänge.

In der dritten Sitzung machten die beiden den Spiritisten dingfest. Während vorher wie von „Geisterhand“ Dinge durch den finsteren Raum zu schweben schienen, baute man jetzt heimlich eine Falltüre zwischen Raum 2 und 3 ein, die mit einem Seil und einem Ruck geschlossen werden konnte.

Bei der Sitzung am 14.2.1884 rissen nun Rudolf und Johann an dem Seil und Henry stand in einem weißen langen Hemd und Socken in der Falltüre mit einem Gegenstand in der Hand da, den er gerade „schweben“ lassen wollte.

Das Gespött war groß, die Sitzung beendet, Bastian reiste nach Amerika ab und nahm nie wieder an einer Séance teil.

Die Sterne lügen nicht?

Kaiser Franz Joseph kam am 18.8.1830 zur Welt. Sein Sternzeichen war Löwe.

Demnach war er ein „Sommerzeichen“ und hatte laut Astrologie folgende Eigenschaften:

Löwe: 23. Juli – 23. August
extrovertiertes Feuerzeichen, sonnenbeherrscht
Leitsatz:
„Ich schütze“.
Eigenschaften:
verspielt, eitel, autoritär, protzig, stolz, selbstherrlich, theatralisch;
kreativ, selbstbewusst, lebendig, zentriert, potent, selbständig
Freundschaftszeichen:
sehr gut: Schütze, Widder
gut: Krebs, Jungsfrau, Waage, Zwilling
nicht gut: Skorpion, Stier, Wassermann
neutral: Steinbock, Fisch (20)

Kaiserin Elisabeth kam am 24.12.1837 zur Welt. Ihr Sternzeichen war Steinbock.

Demnach war sie ein „Winterzeichen“ und hatte laut Astrologie folgende Eigenschaften:

Steinbock: 22. Dezember – 20. Jänner
introvertiertes Erdzeichen, von Saturn beherrscht
Leitsatz:
„Ich organisiere“.
Eigenschaften:
kategorisch, streng, ernst, rechthaberisch, hart;
aufrichtig, treu, klar, verantwortlich, stabil, verlässlich
Freundschaftszeichen:
sehr gut: Jungfrau, Stier
gut: Fisch, Schütze, Skorpion, Wassermann
nicht gut: Krebs, Waage, Widder
neutral: Löwe und Zwilling (21)

Übrigens, es sind exakt dieselben Sternzeichen die mein Mann (mit Elisabeth) und ich (mit Kaiser Franz Joseph) auch teilen. Und bis auf ein paar wenige, stimmt nichts; zumindest nicht im Bezug auf den Steinbock. Auch beim Löwen ist manches komplett verdreht und nicht stimmig.

Also hier kann ich definitiv aus eigener Erfahrung sagen, dass die Sterne definitiv zu viel interpretieren.

Kaiserin Zita und das eigenartige Kaiserin Elisabeth „Gedächtnisprotokoll“

Seit Jahren spukt „Die Weiße Frau“ in der Wiener Hofburg und in jedem Geisterbuch über die Habsburger kann man die Geschichte über sie lesen.

Der französische Historiker Maurice Paléologue wandte sich für sein Buch „Elisabeth, Kaiserin von Österreich“ an Kaiserin Zita, um mehr über Kaiserin Elisabeth zu erfahren.

Im Buch selbst findet sich dann eine abstruse Story über Elisabeth und „die weiße Frau“ die sie gesichtet haben will. Recherchiert man weiter, kommt man drauf, dass Zita es war, die diese Geschichte auf französich notiert hat und schließlich und endlich komplett bei Gabriele Praschl-Bichler abgedruckt wurde.

Woher Maurice die Story hatte, ist nicht mehr zu erfahren. Zita hatte angenommen, dass es Christomanos war, der es dem Historiker erzählte. Doch zu der einen Zeit war er noch nicht an der Seite der Kaiserin und danach schon sehr lange nicht mehr. Als Zweite vermutete sie Irma von Sztáray, aber auch das war zu Rudolfs Lebzeiten überhaupt nicht möglich.

Fakt ist, die Kunsthistorikerin Praschl-Bichler hatte die gesamte abstruse Geschichte aus dem Nachlass von Zita erhalten, die diese aufgeschrieben hat. Nun denn, wir dürfen jetzt überlegen, wer hier wie stille Post gespielt hat und wie viel an dem überhaupt noch wahr ist.

Ich erzähle jetzt nicht den Inhalt der „weißen Dame“, dieser ist wie gesagt, in unzähligen einschlägigen Habsburg Büchern nachzulesen.

Foto: Darkmoon via pixabay.com
Symbolfoto einer „Weißen Dame“

Es ist jedoch immer wieder nachgewiesen worden, dass sie von Habsburgern gesichtet wurde, kurz bevor große Unglücke im Kaiserhaus passiert sind: z.B. 1621, 1740, 1809, 1866 und es war egal ob in Schönbrunn oder in der Hofburg.

Einige Tage vor Kronprinz Rudolfs Tod hat nun also Kaiserin Elisabeth die weiße Dame in der Hofburg wahrgenommen. Es schien, als ob sie sie warnen möchte, ein paar Tage später war ihr Sohn tot.

Am 30.8.1898 erschien Elisabeth die weiße Dame in Caux (Schweiz). Die Kaiserin konnte nicht schlafen und so trat sie kurz vor Mitternacht in die kühle Nachtluft auf den Balkon, um die sternenklare Nacht zu genießen. Plötzlich nahm sie eine weiße Gestalt im Park wahr, die panikartig herumlief.

Als sie merkte, dass die Kaiserin am Balkon war, starrte sie Elisabeth lange an und löste sich plötzlich auf.

Nun dürft ihr selbst wählen, ob sich hier Kaiserin Zita etwas zusammen gereimt hat oder ob diese Geschichte wahr ist. Doch wer soll sie ihr erzählt haben?

…. der Rest ist Geschichte….

Elisabeth erscheint als Geist – in der Jetztzeit

Gabriele Hasmann ist eine Autorin, die nicht gerne recherchiert und dafür noch lieber erfindet. Es ist immer wieder erfrischend ihre Texte zu lesen, da man weiß, dass sie die Literaturliste, die sie so gerne schreibt, nicht gelesen haben kann.

So ruht Kaiserin Elisabeth ungerne in der Kapuzinergruft (das habe ich mittlerweile zigfach widerlegt), ihr Herz wurde extra in der Augustinerkirche bestattet (wow, das ist die Neuigkeit schlechthin, denn nach Erzherzog Franz Karl, wurde überhaupt keinem Habsburger mehr Eingeweide entnommen und Kaiser Franz Joseph war Irma sehr dankbar, dass sie keine Haarsträhne abschneiden ließ usw. usw.

Und so erscheint eine Geschichte im Buch „Die spukenenden Habsburger“ von Hassmann so abstrus und lustig, dass ich sie als Abschlussgeschichte einbringen möchte:

Ein älteres deutsches Ehepaar ist zu Gast im Salzkammergut und ausgerechnet ihnen erscheint Kaiserin Elisabeth in Bad Ischl am Jainzen, bei 25 Grad, am Berg, in violetten Riemchenschuhen und in einem lilafarbenem Kleid *lol*.

Ja, der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt, denn wenn man sich ein bisschen mit dem Reich der Toten beschäftigt, erscheinen sie wie zu Lebzeiten und das wäre demnach in schwarzer Kleidung und nicht in „violetten“ Riemchenschuhen, die sie Zeit ihres Lebens nicht besessen hat.

Frau Hasmann scheint sich die Schuhe der Kaiserin noch nie angesehen zu haben.

Foto: Dorotheum
Kaiserin Elisabeth Schuhe
Allerdings ging sie mit solchen Schuhen nicht auf den Berg…

Natürlich lief sie dem Ehepaar als Geist auch noch davon, während dessen raffte sie die Röcke (!) und war ca. 50m immer voraus.

Auch das kann nicht stimmen, denn zum Zeitpunkt des Todes von Kaiserin Elisabeth, waren ihre Kleider schon gekürzt und allzu viele Unteröcke gab es gar nicht mehr.

Sisi lief und lief und lief und man hörte sogar das Rascheln des Stoffes. Derweil will sie 50m weit weg gewesen sein.

Das muss ein echter Qualitätsstoff gewesen sein, wenn der am Berg immer noch Rascheln kann. Vor allem, liebe Frau Hasmann, ist Kaiserin Elisabeth mit keinem Seidenkleid wandern gegangen. Aber das nur so nebenbei. Auf das kleine Detail käme es per se an, aber da Sie keine Quellenangabe nennen, dürfe die Geschichte sowieso nur erfunden sein, um das Buch zu füllen. So liest sich das auch, denn auch bei der Frisur hätten sie besser aufpassen müssen. Die kleinen Details machen es aus.

Weiter im Text.

Das ältere Ehepaar war irritiert, denn sie holten sie immer wieder ein und doch lief sie weiter und sah sich immer um, so dass das Paar sich auch umdrehte. Ich fasse also zusammen: zuerst war sie 50m weit weg, dann holte man sie ein, dann war sie wieder 50m weit weg… diese Geister haben einfach kein Gefühl für so einen langen Weg..

Wie auch immer, wer sich wann umdrehte, es war nie jemand da, und natürlich stellte das Paar die These auf, sie liefe vor den Geistern ihrer Vergangenheit davon. Ähhhh…

Irgendwann war sie weg, nur um sie dann am Nachmittag vor der Kaiservilla sitzend weinen zu sehen. Natürlich… Diese Blöße hätte sie sich gegeben. Auweia.

Und so kamen sie zu dem Schluss: „Leider konnten wir wie schon bisher keine telepathische Verbindung aufnehmen. Uns ist die verängstigte und traurige Elisabeth sehr zu Herzen gegangen – ein sehr armes Wesen, im Leben wie im Tod.“ (23)

Ein schönes kitschiges Schlusswort von Frau Hasmann, zu einem Beitrag der sich mit den Geistern jener Zeit beschäftigt hat.

– Petra –

(*) Anmerkung Petra:

Marie von Larisch:
Ich möchte nicht unerwähnt lassen, dass die Bücher „Elisabeth und ich“ und „Meine Vergangenheit“ als sehr kontrovers und mit sehr viel Dichtung angesehen werden muss.

Marie von Larisch, die sich später wieder Marie Freiin von Wallersee nannte, wurde wegen der Kronprinz Rudolf Affäre, an der sie nicht ganz unschuldig war (sie führte Marie Freiin von Vetsera heimlich als Geliebte für Rudolf ein und sorgte dafür, dass sich die beiden ständig treffen konnten) vom Hofe verbannt. Da sie sich kaum über Wasser halten konnte, fing sie an Bücher über ihr Leben zu schreiben und hoffte damit sich zu rehabiliteren. Dies klappte nur nicht und so wurden ihre Schriften mit Bosheit, Lügen und Halbwahrheiten durchzogen.

Leider nehmen bis heute sämtliche Historiker:innen ihre Bücher zur Hand, ohne den dementsprechenden Hinweis zu hinterlassen, so dass diesen Worten Glauben geschenkt werden.


Rechtliche Hinweise:
Text: Petra
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Literatur Hinweise:

1 – S.103
Pseudowissenschaft
Herausgegeben von Dirk Rupnow, Veronika Lipphardt, Jens Thiel, Christina Wessely
Suhrkamp Taschenbuch Wissenschaft 1897, 1. Auflage 2008

2 – S.146, 3 – S.145, 4 – S.145, 7 – S.147, 8 – 146
Elisabeth und ihr Gott
Glaube und Aberglaube im Leben der Kaiserin Elisabeth von Österreich
Alfons Schweiggert
Allitera Verlag, 1. Auflage 2021

3 – S. 82/83
Meine Vergangenheit
Maria Freiin von Wallersee
Berlin, F.Fontane & Co Verlag, 1913 (nur noch antiquarisch erhältlich)

6 – S.177, 12 – 119/120
Kaiserin Elisabeth
Das poetische Tagebuch
Hrsg. Brigitte Hamann
Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften,
3. Auflage, 1995

7 – S.156
Marie Valérie von Österreich
Das Tagebuch der Lieblingstochter von Kaiserin Elisabeth
Hrsg. Martha Schad
Piper Verlag, 7.Auflage 2013

9 – S.53, 10 – S.32, 11 – S.166
Ida Pohl-Sennhauser
Rattenschwanz und Schneckenschleim
Aberglaube oder vergessene Volksmedizin?
Böhlau Verlag, 2007 1. Auflage (nur noch antiquarisch erhältlich)

13 – S.22, 14 – S.15, 15 – S.15
Friedrich-W. Haack
Rendezvous mit dem Jenseits
Lutherisches Verlagshaus, 1973 1. Auflage (nur noch antiquarisch erhältlich)

16 – S.171, 17 – 171, 18 – 171/2
Clemens M. Hutter
Hexenwahn und Aberglaube
Damals und Heute
Ecowin Verlag, 2007, 1. Auflage (nur noch antiquarisch erhältlich)

19 – S.10, 20 – S. 21, 21 – S.22
Ingelies Zimmermann
Wer’s glaubt wird selig
Haus- und Sympathiemittel Aberglaube, Orakel und alte Weisheiten
Berenkamp Verlag, 2004, 1. Auflage (nur noch antiquarisch erhältlich)

National Women’s Historical Society — The Fox Sisters (nationalwomenshistoricalsociety.org)
englischer Blog

Pentagramm – Symbol der Satanisten
drachenhort.ch

Kleine Geheimnisse der Hexensymbole
ihrweg.com

Von der Seltsamkeit des Augenblicks
kwerfeldein.de

Diese Fotos sehen harmlos aus – aber die Menschen darauf sind tot
miss.at

22 – S.164
Katharina Sykora
Die Tode der Fotografie Band I
Wilhelm Fink Verlag, 2009, 1. Auflage

TABU
Über den gesellschaftlichen Umgang mit Ekel und Scham
Mit Beiträgen von Hans-Joachim Behr, Norbert Dichtl, Klaus van Eickels, Michael Glasmeier, Stefanie Kaplan, Gundolf Keil, Eva Labouvie, Hubertus Lutterbach, Susan Signe Morrison, Alexander Schwarz, Claus-Artur Scheier, Gerhild Scholz Williams, Katharina Sykora, Harmen Thies, Stefanie Wolter und Johannes Zahlten
Kulturverlag Kadmos Berlin, 2009, 1. Auflage, 1. Bd.

Carlo Moos
Habsburg post mortem
Betrachtungen zum Weiterleben der Habsburgermonarchie
Böhlau Verlag Wien Köln Weimar, 2016, 1. Auflage

Erzherzog Johann
Einblicke in den Spiritismus
Linz 1884, 1. Auflage, nicht mehr erhältlich (nur noch antiquarisch)

Gabriele Lukacs
Gruselhäuser
Ein Blick in die Abgründe von Wien
Pichle Verlag, 2014, 1. Auflage

Gabriele Praschl-Bichler
Die Habsburger und das Übersinnliche
Amalthea Signum, 2003, 1. Auflage, nicht mehr erhältlich (nur noch antiquarisch)

23 – S.180
Gabriele Hasmann
Die spukenden Habsburger
Blaublütigen Geistern auf der Spur
Ueberreuter, 2015, 1. Auflage

Kaiserin Elisabeth – ihr tragischer Tod

Foto: stadtmuseum.at (Bad Ischl)
Kaiserin Elisabeth

Vorwort:

Diese Spurensuche ist aufgeteilt in 3 Teile:
Teil 1 ist von meiner ehemaligen Mitarbeiterin Tamara, die vielen noch als „Maria José“ bekannt sein sollte. Sie war in Genf und hat uns diese Fotos mitgebracht. Ihre Sätze habe ich nur ein wenig verbessert (sie ist gebürtige Spanierin) und somit ist auch der Eindruck aus dem Beau Rivage usw. von ihr überliefert.

Teil 2 ist der historische Teil und – wie könnte es anders sein – von mir. Ich habe mich bemüht, alle Zeitzeugen zu Wort kommen zu lassen, die damals dabei waren und/oder wichtig sind, um die Spurensuche rund um den Mord von Kaiserin Elisabeth abzuschließen.

Luigi Lucheni spielt auf diesem Blog keine Rolle. Wer also glaubt, eine Biografie des Mörders hier zu finden, sucht vergeblich. Ich gebe keinem Mörder einen Raum und am allerwenigsten den von unserer verehrten Kaiserin. Ich erzähle lediglich einwenig, was mit Lucheni passiert ist, um das Thema abzuschließen.

Teil 3 beschäftigt sich kurz mit dem Thema „Kaiserin Elisabeth heute“

Und somit beginnt die Geschichte wieder einmal am Anfang…

Teil 1 – Tamara in Genf


Am 10.9.1898 wurde Kaiserin Elisabeth vom Anarchisten Luigi Lucheni ermordet.

Im Musical lautet der Prolog zwischem dem unsichtbaren Richter (Gott?) und Lucheni, der auf einer großen Feile steht, die die ganze Zeit als Bühnenbrücke dient, so:

L: Alla malora!
R: Aber warum, Lucheni? Warum haben sie die Kaiserin Elisabeth ermordet?
L: Warum, warum… Nacht für Nacht dieselbe Frage,
seit hundert Jahren! Was soll die Fragerei? Merda.
Ich bin tot!
R: Das gemeine Attentat auf die Kaiserin
von Österreich…
L: Va a farti fottere!
R: Nennen Sie endlich die Hintergründe!
L: Die Hintergründe? Ich habe sie ermordet, weil sie
es wollte. (*1)

Die wunderschöne Stadt Genf in der Schweiz ist immer einen Besuch wert, vor allem, wenn man Fan von Kaiserin Elisabeth ist. 

Da ich mit der Bahn anreiste, war mein erster Besuch der Genfer Hauptbahnhof. Rechts vom Bahnhof befindet sich die röm.-kath. Hauptkirche Genfs: Notre Dame de l`Immaculée Conception (Unsere Liebe Frau von der Unbefleckten Empfängnis).

Abgesehen von der Schönheit der Kirche selbst, führt mich ein ganz gewisses Fenster zu ihr. Es befindet sich beim seitlichen Eingang rechts. Das schöne Kirchenfenster wurde zum Andenken an den 100. Todestages von Kaiserin Elisabeth gestaltet.

Der obere Teil zeigt das „Wunder der Rosen der Heiligen Elisabeth“, welche die Gesichtszüge der Kaiserin trägt.  Der untere Teil zeigt ein Grab mit Rosen bedeckt und einen traurig aussehenden und nachdenkenden Engel der nebendran sitzt. Die Inschrift neben den beiden Kronen von Österreich und Ungarn lautet: „In frommer Erinnerung an Ihre Majestät Elisabeth, Kaiserin von Österreich und Königin von Ungarn, verstorben am 10. September 1898.
Errichtet von der S. Elisabeth Gesellschaft am 10 September 1998.“

Nach Verlassen der Kirche, laufe ich die Rue du Mont-Blanc entlang bis zum Genfersee, auch Lac Leman genannt.

Foto: mythoskaiserinelisabeth.com – Tamara (vormals Sternenkaiserin)
Gedenktafel Attentatsstelle

Aber anstatt über die Pont du Mont-Blanc Brücke zu laufen, bog ich links ab, und ging auf der Geneve-Mont-Blanc (Lac) Promenade entlang.

Etwa 100 Meter danach markiert eine kleine Bronzetafel am Geländer des Seeufers die genaue Stelle an dem das Attentat stattgefunden hat. 

Auf Französisch kann man lesen:

„Hier wurde am 10 September 1898 Ihre Majestät Elisabeth, Kaiserin von Österreich, ermordet.“

Foto: mythoskaiserinelisabeth.com – Tamara (vormals Sternenkaiserin)
Blick von der Gedenktafel zum Schiff Geneve
Foto: mythoskaiserinelisabeth.com – Tamara (vormals Sternenkaiserin)
Blick von der Gedenktafel Richtung Hotel Beau Rivage


Es regt mich bis heute zum Nachdenken an, wie wenig Zeit Lucheni brauchte, um sie zu attackieren.

Lucheni hielt einen spitzen Gegenstand in der Hand, der sich später als angespitzte Feile herausstellen sollte.

Er trat an Kaiserin Elisabeth heran und stach zu.

Dass er genau das Herz traf, konnte damals noch keiner ahnen. 

Ich bin zu tiefst bewegt, wie stark Kaiserin Elisabeth sein musste, dass sie nach dem Stich aufstehen und zum Schiff gehen konnte.

Ihre Hofdame Irma Sztáray war entsetzt und half Kaiserin Elisabeth auf. 

Foto: mythoskaiserinelisabeth.com – Tamara (vormals Sternenkaiserin)
Wasserfontaine

Ich bewege mich mittlerweile in die Gegenrichtung auf dem Quai du Mont Blanc, um zum Hotel Beau Rivage zu gelangen.
Bis zu meinem Ziel wäre es eigentlich ein schöner kurzer Spaziergang. Man geht die Seeufer Promenade entlang, mit direkter Aussicht auf den berühmten Jet D`Eau (Wasserfontaine). 

Foto: mythoskaiserinelisabeth.com – Tamara (vormals Sternenkaiserin)
Brunswick Denkmal 

Die erste Straße nach links heißt Rue des Alpes.

In diese flüchtete Lucheni nach dem Attentat, wo er aber festgenommen wurde.

Danach, und immer noch links, befindet sich das Graf von Brunswick-Denkmal und direkt nebenan, ist das Hotel Beau Rivage.

Ich gehe aber noch nicht in das Hotel, sondern besuche zuerst das sehr moderne Elisabeth Denkmal.

Es stammt von Architekt Philip Jackson, der es zum 100. Todestag von Kaiserin Elisabeth gestaltet hat.

Die Statue ist aus schwarzem Metall und steht auf weißen Marmorstufen und zeigt die Kaiserin extrem schlank (übertrieben schlank, wenn ich das sagen darf), stehend und mit einem Fächer vor ihrem Gesicht.

Es ist natürlich Geschmacksache, aber für mich persönlich, ist es nicht gerade die schönste Statue die ich von ihr gesehen habe, und ich habe schon viele besichtigt. Das Gesicht ist zwar sehr schön und die Hände sind zart und elegant, aber insgesamt, ist diese Statue nicht mein Liebling.

Auf den Marmor Stufen kann man in goldenen Buchstaben lesen:

„In Erinnerung an Elisabeth, Kaiserin von Österreich und Königin von Ungarn, 1898 10 September 1998.“

Das Gesicht der Kaiserin ist in Richtung Hotel Beau Rivage gerichtet. Sie sieht exakt zu ihrer ehemaligen Suite, welche jetzt mit einer eigenen Privatterrasse ausgestattet ist, die es damals natürlich noch nicht gab. Der Gedanke, dass ich gleich dort darin sein werde, macht mich nervös.

Ich habe fast schon Angstschweiß auf meinem Körper, eine Unruhe befällt mich.

Ich muss los…

Foto: mythoskaiserinelisabeth.com – Tamara (vormals Sternenkaiserin)

Das Nobelhotel Beau Rivage wurde 1865 gegründet und ist das älteste Hotel in Genf, dass sich in privater Hand befindet.

Es hat 73 Zimmern und 18 Suiten, darunter das Zimmer 119/120. Diese Suite war Sisis Zimmer, in der sie wohnte und starb.

Das Haus ist wunderschön und edel gestaltet und es ist für mich atemberaubend, in dem Hotel zu stehen, in dem Kaiserin Elisabeth ihr Leben aushauchte.

Ein kleiner Brunnen in der Mitte der Lobby rundet das Entree perfekt ab.

Er war zu Elisabeths Zeiten nicht hier, sondern wurde zur Feier des 125. Geburtstages des Hotels errichtet.

Links ist die Rezeption, rechts die Bar und mittlerweile gibt es ein Restaurant. Als ich nach oben schaue, sehe ich drei Etagen, von denen jeweils die Türen zu den Zimmern führen. Der letzte Stock ist mit einer wunderschönen Dachluke versehen.

Da mich Petra angemeldet hatte, wurde ich bereits von einer Mitarbeiterin erwartet, welche mich durch das Hotel und natürlich zur „Sisi Suite“ begleitet.

Auf der Balustrade kann man die Lobby und den Brunnen von oben erblicken. Links von der „Sisi Suite“ steht eine Vitrine mit persönlichen Erinnerungsstücken von Kaiserin Elisabeth.

Es gibt ein Besteck, eine mit einem „E“ markierte Serviette, einen ihrer Diamant Sterne, ein paar Fotos, eine weiße Souvenir-Figur, ein paar weiße Lederhandschuhe, welche ebenso mit dem gekrönten „E“ versehen sind, zu sehen. Weiters befindet sich ein Damenhut in der Vitrine, der den damaligen Stil der Hüte zeigen soll, aber nicht Kaiserin Elisabeth gehörte. 

Aber am meisten ziehen mich die Gegenstände rund um ihren Tod in den Bann: 

Trockene Blumen (ein Geschenk von Irma Gräfin Sztáray an Frau Mayer, die damals die Hotelbesitzerin und beim Tod anwesend war), ein Spitzenhäubchen das Sisi in ihren Haare trug, als sie attackiert wurde und ein blutbeflecktes Stück Stoff, von ihrer Unterwäsche. Nach so viel Zeit sieht man die Blutflecken kaum noch, doch sie sind stumme Zeitzeugen dieser Tragödie.

Nach dem ich das alles fotografiert hatte und fast über jedes Objekt viele Fragen stellte, sind wir bereit in die Suite einzutreten.

Wie könnte ich jemals beschreiben, was ich fühlte, als ich das Zimmer betrat, an dem Kaiserin Elisabeth ihren letzten Atemzug tat?

Es gibt keine Worte, die dieses Gefühl beschreiben könnten.

Wenn man die Türe öffnet, kommt man in einen kleinen Flur der sich rechts zu einem Wohnzimmer öffnet, geradeaus zu dem Schlafzimmer und links zu einem kleinen Gäste WC, welches zu Sisis Zeiten nicht da war. 

Das Wohnzimmer ist in rot- und cremefarbig dekoriert und erinnert an die Schlösser Schönbrunn oder Schloss Gödöllö.

Über dem wunderschönen Marmorkamin hängt ein sehr großer Wandspiegel der als einziges originales Stück erhalten ist. Er hing schon hier bei ihrem ersten Besuch im Hotel Beau Rivage. Man kann erahnen, wie Sisi sich – kurz bevor sie aus dem Zimmer trat – im Spiegel ansah. Der letzte Blick. Ein stummer Zeitzeuge jener Zeit. Ihrer Zeit. Vis á vis hängt ein Gemälde ihres berühmtesten Bildes: Das Bild mit dem Sternenkleid.

Das Zimmer ist mit Blumen dekoriert, welche extra für meinen Besuch besorgt wurden – ich fühle mich geehrt! Vielen Dank. 

Das Schlafzimmer ist ein traumhafter Raum, welcher ebenfalls in rot und champagner dekoriert ist. Der Blick aus dem Fenster zeigt eine schöne Aussicht auf den See und den Jet D`Eau. Links, führen drei Holzstufen zu dem privaten Balkon des Zimmers mit schönen und bequemen Sesseln um die Aussicht geniessen zu können. Zu Sisis Zeiten war allerdings weder die Terrasse, noch das Restaurant das sich direkt darunter befindet, hier. 

Vis á vis von der Terrasse und neben dem riesigen Bett, befindet sich das Badezimmer, welches im Jahr 1898 auch nicht an dieser Stelle war. Haman Dusche, Jacuzzi, ein Fernseher der hinter dem Spiegel „versteckt“ ist, Schönheits- und Pflegeprodukte von Clarins usw. Dem luxuriösen Badezimmer fehlt es an nichts.

Meine Begleiterin erklärt mir, dass Elisabeths Bett an der Stelle stand, wo das heutige Jacuzzi steht, jedoch in dieselbe Blickrichtung, wie das heutige Bett.

Während sie mir das erzählt, denke ich darüber nach, wie es wäre in diesem Zimmer zu übernachten. Auch wenn nur noch der Spiegel Original ist, es ist dennoch der Raum, wo unsere verehrte Kaiserin ihren letzten Atemzug getätigt hat. Könnte ich schlafen? 1000 Gedanken durchströmen mein Gehirn.

Könntet ihr darin übernachten?

Meine Begleiterin findet meine Ängste lustig und erklärt mir, dass es nie Gespenster im Hotel gab und gibt. Sie beteuert, dass ich einen guten Schlaf finden würde.

Sie versteht nicht, dass dieses Zimmer für mich eine ganz andere Bedeutung hat, als für „normale“ Gäste des Hauses.

Zu meiner großen Überraschung darf ich den Besitzer des Hotels, Herrn Mayer, persönlich kennenlernen. Mir wurde gesagt, er sei ein sehr freundlicher Mann, der fast alle Details über das Geschehen weiß.

Das kann ich mir sogar sehr gut vorstellen, da seine Familie das Hotel gegründet hat und seine Großmutter Kaiserin Elisabeth in ihren letzten Minuten still zur Seite stand. 

Obwohl meine Begleitung versuchte mich zu beruhigen, war ich sehr nervös. Dass so ein wichtiger und sehr beschäftigter Mann sich die Zeit nimmt, um meine Fragen zu beantworten, war eine große Ehre. Unser Team hatte mich für diesen Termin angemeldet und das Hotel wusste, dass ich kommen werde. Trotzdem wusste niemand davon, dass Herr Mayer sich ebenso zu mir gesellen würde. 

Ich treffe ihn an der Bar, wo er seine Mitarbeiterin und mich begrüßte. Er bot mir etwas zu trinken an und meine Nervosität ist wie weggeblasen. Herr Mayer ist einer der nettesten und sympathischsten Gentleman, die ich je das Vergnügen hatte kennenlernen zu dürfen. Zu hören, was an diesem 10.9.1898 geschah, ist aus seinem Munde so, als würde ich es miterleben.

Er erklärt mir ganz genau wie das Zimmer damals ausgesehen hat, wie alles geschah und wie seine Großmutter, seiner Mutter immer sagte:

„Die Kaiserin ist in meinen Armen gestorben.“

Anmerkung Petra: Fanny Mayer hat hier etwas übertrieben; niemand hat natürlich die schwer verletzte Kaiserin in die „Arme“ genommen. Das hätte schon einmal das Protokoll nicht zugelassen (Kaiserin und fremde Hotelbesitzerin) und der anwesende Arzt verboten, der wusste, dass hier das Blut aus der Wunde nur so herausgelaufen wäre. Elisabeth starb ausgestreckt in ihrem Bett, in aller Ruhe und Stille, ohne Schmerzen und ohne viel Aufhebens.

Nach allen meinen tausend Fragen, gehen wir alle zusammen wieder in die Suite, um noch ein paar Fotos zu machen. Ich verabschiede mich von meiner Begleiterin und Herrn Direktor Mayer und verlasse glückselig das Hotel. Im Herzen voller (Mit)Gefühl für Elisabeth.

Ich möchte gerne die Gelegenheit nutzen, um mich ganz herzlich bei Herrn Mayer und Frau M. und allen Mitarbeitern des Hotels Beau Rivage für die Freundlichkeit zu bedanken, die mir an diesem Tag zu Teil wurde. Ich fühlte mich wie eine „very Important Person“.

Ich gehe nun den gleichen Weg, den Kaiserin Elisabeth vom Hotel bis zur Anlegestelle des Schiffs „Geneve“ und komme (wie bereits davor am Morgen) an der Attentatsstelle vorbei. Nach der Promenade Geneve-Mont-Blanc (Lac), laufe ich über die Brücke die die Stadt verbindet bis zur der bekannten Blumen Uhr, weil es hier ganz in der Nähe, noch einen Schatz zu entdecken gibt.

Das Dampfschiff „Geneve“, das Schiff, in das Elisabeth direkt nach dem Angriff eingestiegen ist und auf dem sie kurz danach kollabierte, ist hier fix verankert.

Foto: mythoskaiserinelisabeth.com – Tamara (vormals Sternenkaiserin)

Heutzutage dient das Schiff als Touristenrestaurant und man kann dieses auch für Feiern aller Art buchen. Ein kleines Plakat informiert die Fußgänger über die Geschichte des Schiffes und seine Verbindung zu Kaiserin Elisabeth. 

Foto: mythoskaiserinelisabeth.com – Tamara

Ich betrete das Schiff an derselben Stelle, wie Kaiserin Elisabeth Jahrzehnte vor mir.

Ich fühle mich wie die Hofdame Irma.

Direkt nach dem Einstieg, ist das Deck wo die Kaiserin ihr Bewusstsein verlor.

Wenn man in das Innere Deck geht, sieht man rechts einen Gang der einen in eine offene Zone bringt, wo sich links die schöne Holzstiege befindet, die ins obere Deck führt.

Rechts kommt man in den vorderen Teil des Schiffes. Dort befinden sich vier Räume die damals die privaten Kabinen von Elisabeth und Irma waren. Heute sind es schnoddrige Lagerräume.

Die zweite Kabine links war für Elisabeth reserviert. Als sie zusammenbrach, wurde sie in ihre Kabine gebracht.

Hier sprach sie die letzten Worte ihres Lebens:

„Was ist denn jetzt mit mir geschehen?“

Elisabeth fiel in eine tiefe Ohnmacht, von der sie nie wieder erwachen sollte. Als der Kapitän erfuhr, wen er verletzt an Bord hatte, drehte er um und fuhr zurück an den Anlegeplatz.

Man brachte die verletzte und ohnmächtige Kaiserin auf einer provisorisch schnell zusammengezimmerten Bahre zurück in ihre Hotelsuite.

Ich verlasse nun das Schiff „Geneve“ und gehe bis zur Saint Pierre Kathedrale, die sich hier ganz in der Nähe befindet.

Direkt vor seiner Fassade kann man die Ruinen des ehemaligen Gefängnisses sehen, wo Lucheni für seine grauenhafte Tat bezahlt hat. Erst bei seinen Verhören wurde klar, dass er Kaiserin Elisabeth gar nicht töten wollte. Er hatte es ursprünglich auf den Herzog von Orleans abgesehen. 

Am 19.10.1910 fand man seine Leiche, welche unter merkwürdigen Umständen in seiner Zelle aufgefunden wurde.
Offizielle Todesursache: Selbstmord

Anmerkung Petra:
Hier greife ich nun in den Text ein und erzähle die Geschichte von Lucheni kurz zu Ende: Die Selbstmord-Theorie wird bis heute angezweifelt und ist nicht restlos geklärt.
Der Kopf wurde vom Leichnam abgetrennt und nach Wien gebracht, wo er auf Abartigkeit untersucht wurde. Danach wurde er ins Narrentum des pathologisch-anatomischen Museums gebracht (aber nicht öffentlich ausgestellt) und in den 2000er Jahren anonym am Zentralfriedhof beerdigt.
Fakt ist, dass mittlerweile feststeht, dass der Mord ein Komplott war und Fluchthelfer am Bahnhof auf Lucheni gewartet hätten. Die Tat an sich, wurde von langer Hand geplant und in den Anarchistenkreisen groß gefeiert.

Es sind nur ganz wenige Steinreste von seiner Zelle zu sehen und auf einer Tafel, wie das Gefängnis früher aussah.

Es mutet eigenartig an, an jener Stelle zu stehen, an der ihr Mörder noch 12 weitere Jahre Leben durfte.

Nun heißt es für mich Abschied nehmen.

Es war ein Tag voller Emotionen an dem ich ganz viel gelernt habe.

Den letzten Spuren von Kaiserin Elisabeth zu folgen, ist etwas ganz Besonderes und wird noch sehr lange Nachklingen.

Ich hoffe, dieser kleine Bericht über meinen Besuch in Genf hat euch gefallen. Ich bedanke mich herzlichst bei Petra, die mir alle Foto- und Videogenehmigungen besorgt hat: speziell für das Hotel Beau Rivage und für den Dampfer Geneve.

Vielen Dank noch einmal allen Mitarbeitern bei den Besichtigungsorte, die mir dabei geholfen haben, alle Fragen zu beantworten. Es war mir eine große Ehre.

Tamara


Teil 2: Die historische Spurensuche

Foto: Wikimedia/Commons

Nach dem wir jetzt Tamaras eindrucksvollen Ausführungen gefolgt sind, leihen wir den Zeitzeugen jener Zeit die Stimme und geben ihnen die Möglichkeit uns ihre Sicht der Dinge zu erzählen:

Auch kann ich mir vorstellen, daß der gefangene Vogel in höherem Maße die Wonnen seiner Befreiung fühlt, wenn er aus der offen vergessenen Tür des Käfigs entwischen kann, als wenn man ihm nach Vorbereitungen und Zeremonien gnädigst die Tür öffnet. Die Kaiserin wußte Nauheim hinter sich und mit dem beglückenden Gefühle der Befreiung und wie von einer unwiderstehlichen Anziehungskraft ergriffen, eile sie nach der Schweiz.“ (1)

Foto: ocseitemeto.eoldal.hu
Graf Albert von Berzeviczy

Kaiserin Elisabeth reiste mit ihrer Hofdame Irma Gräfin von Sztáray und Sztára und Nagy-Mihály (*10.7.1864 – †3.9.1940) in die Schweiz und hält sich ab 30.8.1898 in ihrer geliebten Berglandschaft auf.

Sie besuchten Caux, da Elisabeth diesen Ort besonders mag.

Ausflüge nach Bex-les-Bains, Rochers de Naye, Evian, Genf und Pregny wurden alle 2 Tage eingeplant.

Nach dem gemeinsamen Abendessen, gingen Elisabeth und Irma in Caux spazieren, um die nächsten Tage zu besprechen.

Vor allem Genf erwies sich für Graf Albert von Berzeviczy (*7.6.1853, †22.3.1936) zu einem Problem. Irma erwähnte diese Besorgnis bei Kaiserin Elisabeth, welche nach dem „Warum“ fragte:

„Weil es in Genf viel Gesindel gäbe und er deshalb lieber sähe, wenn Eure Majestät wo immer hin gingen, nur nicht nach Genf.“ „Sagen Sie Berzeviczy, seine Besorgnisse seien einfach lächerlich. Was könnte mir Genf schaden?“ (2)

Am 7.9.1898 blieb Kaiserin Elisabeth im Hotel des Salines in Caux, das sie „Haarwaschtag“ hatte.

Auf dem Balkon des Hotels hin- und herschreitend versuchte Irma noch einmal bei Elisabeth die Warnung von Graf Berzeviczy aufzunehmen; diesmal mit etwas mehr Vehemenz und dem Vorschlag doch einen Herren aus dem Gefolge mitzunehmen.

Kaiserin Elisabeth antwortete:

Foto: lmathieu.wordpress.com
Chateau Pregny

„Ich sehe schon, daß der stets besorgte Berzeviczy für mein Leben fürchtet, aber was könnte mir denn in Genf zustoßen? Nun gut, ich weiß, daß Berzeviczy auch eine gewisse Verantwortung trägt, sagen Sie ihm also, daß ich ihm zuliebe, aber auch nur ihm zuliebe, Sekretär Kromar mit mir nehme, obschon ich nicht weiß, was er mir nützen könnte, wenn er, während ich spazieren gehe, im Hotel ruht.“ (3)

Sie schrieb in ihrem Buch:

„Den Schatten, den Berzeviczys Besorgnisse mir in die Seele flößten, verscheuchte die Kaiserin und ich ging sorglos an ihrer Seite dahin, während sie raschen Schrittes ihrem Schicksale entgegeneilte.“ (4)

Foto: family.rothschildarchive.org
Baronin Julie Rothschild

Am 9.9.1898 kam Elisabeth Punkt 12.00 Uhr in Genf an. Sie begrüßte ihren Sekretär Kromar, der ihr eine Depesche von Erzherzogin Marie Valérie übergab, welche Elisabeth bereits sehnsüchtigst erwartete.

Danach fuhren die beiden zu Baronin Caroline Julie von Rothschild (*2.9.1830, †18.11.1907, genannt Julie), welche sie auf ihrem Chateau Pregny erwartete.

Den Tag verbrachte Kaiserin Elisabeth überaus glücklich. Es wurde ein kleines Dejeuners eingenommen, die Villa besichtigt und angeregte Gespräche wurden geführt.

Foto: Clemens Fabry, Die Presse
Eduard Karl Habsburg-Lothringen

Hier findet sich eine kleine Anekdote wieder, die Eduard von Habsburg (*12.1.1967) erzählt.

Eduard stammt aus der Linie von Erzherzogin Gisela und Prinz Leopold von Bayern. Er ist somit der Ur-Ur-Ur-Enkel von Kaiserin Elisabeth und Kaiser Franz Joseph:

„Baronin Rotschild hatte ein tolles Essen für sie gezaubert. Es gab Champagner und Eis und Sisi war richtig entspannt und gelöst. Und dann hat die Baronin gesagt, „wir haben einen Fotografen im Haus“. Und Sisi hat ungefähr 30 Sekunden überlegt und dann hat sie gesagt: „Nein, ich mache es nicht. Sie hat dann später der Gräfin Sztáray auf dem Boot gesagt:

„Wenn man sein ganzes Leben an einem Prinzip festhält und wenns auch nur der Eitelkeit dient, dann muss man das durchziehen; aber eigentlich schade.

Gegen 5.00 Uhr verabschiedeten sich Elisabeth und Irma und fuhren ins Beau Rivage zurück.

Foto: mythoskaiserinelisabeth.com – Tamara (vormals Sternenkaiserin)

Elisabeth checkte zwar unter dem Namen „Gräfin Hohenembs“ ein, allerdings erkannte sie der Hoteldirektor. Nach einer Stunde Ruhezeit, machten sich lediglich die beiden Damen auf, um die Stadt zu erkunden.

„Ich verstehe Sie wirklich nicht, Irma, warum Sie diese Stadt nicht mögen; sie ist ja so schön, wie kann sie Ihnen also unsympathisch sein? Ich liebe Genf sehr.“ (5)

Es wurde ein kleines Tischchen für Marie Valerie eingekauft, welches ihr zu Weihnachten geschenkt werden sollte.

Erst gegen 22.00 Uhr kamen die beiden Damen ins Hotel zurück, weil sie sich nach dem Einkauf in Genf verliefen. 

Irma schlief schlecht in jener Nacht, stand aber zeitig auf, da es ihr „Beichttag“ war und sie lief deshalb zur Kirche.

Um Schlag 9.00 Uhr war sie bei Kaiserin Elisabeth zurück; diese wurde soeben frisiert. Elisabeth sah blendend aus, dennoch erzählte sie von einer schlaflosen Nacht:

„Müde bin ich nicht, doch habe ich kaum geschlafen. Eine Weile hörte ich den italienischen Sängern zu, später störte mich der Leuchtturm mit seinen beständig wechselnden Farben und ich konnte mich nicht entschließen, aufzustehen und die Fenster zu schließen. Es mochte gegen 2 Uhr gewesen sein, als ich einschlief, da aber, was mir noch niemals geschah, schrak ich entsetzt auf, weil der hochstehende Mond mit seinem grellen Scheine in mein Gesicht leuchtete, während mein Bett und das ganze Zimmer in meiner mystischen Beleuchtung schwamm. Weiter vermochte ich auch nicht mehr einzuschlafen.“ (6)

Das Zimmer war mit weißen Astern geschmückt, die Kaiserin Elisabeth zwar gefielen, sie aber an alles Vergängliche erinnerten.

Irma verließ das Toilettenzimmer, um noch einige Einkäufe zu erledigen bzw. die Einkäufe vorm Vortag abzuschließen und die Lieferadresse zu hinterlassen.

Kurz vor 11.00 Uhr kam sie zurück und erledigte mit Kaiserin Elisabeth noch einen kurzen Weg.

Foto: Wikimedia/Commons
Das letzte Foto!
Kaiserin Elisabeth (l) mit Irma Gräfin von Sztáray

Knapp vor dem Hotel lauerte ein Fotograf, der unwissentlich das letzte Foto von Kaiserin Elisabeth machen sollte. Es ging in die Weltgeschichte ein.

Danach wollte sich Kaiserin Elisabeth noch einmal umziehen. Um 1.30 Uhr war das Paar bereits spät dran, Irma wurde nervös. Sie versuchte Elisabeth dazu zu überreden, den Lakaien vorauszuschicken, damit der Kapitän nicht ohne sie abfuhr.

In völliger Ruhe trank Elisabeth das (letzte) Glas Milch (ihres Lebens). Um 1.35 Uhr verließen Irma und Elisabeth das Hotel Beau Rivage.

Dass der Mann in schwarz gekleidet die Lakaien dabei beobachtet, wie diese viel Gepäck auf das Schiff brachten, fiel niemanden auf. Lucheni steht an der Straßenecke und lässt weder das Hotel, noch das Schiff aus seinem Blick.

Er weiß, sie wird kommen…. 

Der letzte Weg, die letzten Schritte, der letzte Blick, die letzte Worte….

„Majestät, das Schiffsignal“,

Foto: Wikimedia/Commons
Attentat auf Kaiserin Elisabeth, Zeichnung, Unbekannt

sagte ich und zählte unwillkürlich die auf das Läuten folgenden dumpfen Schläge …eins…zwei…

Foto: mythoskaiserinelisabeth.com – Tamara (vormals Sternenkaiserin)
Attentatsstelle mit Blick auf das Schiff Geneve

In diesem Momente erblickte ich in ziemlicher Entfernung einen Menschen, der, wie von jemanden gejagt, hinter einem Baume am Wegrande hervorspringt und zum nächststehenden anderen läuft, von da zu einem eisernen Geländer am See hinübersetzt, sodann abermals zu einem Baume und so, kreuz und quer über das Trottoir huschend, sich uns naht. „Daß der uns auch noch aufhalten muß!“ denke ich unwillkürlich, ihm mit den Blicken folgend, als er aufs neue das Geländer erreicht, und von da wegspringend, schräge auf uns losstürmt.
Unwillkürlich tat ich einen Schritt vorwärts, wodurch ich die Kaiserin vor ihm deckte, allein der Mann stellt sich nun wie einer, der arg strauchelt, dringt vor und fährt im selben Augenblicke mit der Faust gegen die Kaiserin.
Als ob der Blitz sie getroffen hätte, sank die Kaiserin lautlos zurück und ich, meiner Sinne nicht mächtig, beugte mich mit einem einzigen verzweiflungsvollen Aufschrei über sie hin. –
Vater im Himmel! Wenn ich dereinst vor Dir stehe, um Dir Rechenschaft zu geben von meiner Seele, dann wirst Du eingedenk sein dieses entsetzlichen Augenblickes. –
Alle Qualen des Todes durchzuckten mich und statt meiner gelähmten Lippen schrie meine niedergeschmetterte Seele zum Erlöser um Barmherzigkeit.
Und dann war mir, als tue sich vor mir der Himmel auf.
Die Kaiserin schlug die Augen auf und sah um sich. Ihre Blicke verrieten, daß sie bei vollem Bewußtsein war, dann erhob sie sich, von mir gestützt, langsam vom Boden.“
…..
Mit erstickter Stimme, da die Freude den Schrecken überwand, fragte ich sie: „Was fühlen Majestät? Ist Ihnen nichts geschehen?
„Nein“, antwortete sie lächelnd, „es ist mir nichts geschehen“. (7)

In der Zwischenzeit waren einige Leute an die hohe Dame herangetreten, die ihr alle helfen wollten. Sie dankte jedem Umstehenden in allen Sprachen, – deutsch, englisch, französisch. Ein Kutscher putzte ihr verstaubtes Kleid ab. Der Portier vom Beau Rivage eilte zur Stelle, der von seiner Türe aus den Angriff gesehen hatte und bat Kaiserin Elisabeth eindringlichst zum Hotel zurückzukehren.


„Warum?“,

fragte die Kaiserin, während sie ihr Haar in Ordnung zu bringen versuchte,

„es ist ja nichts geschehen, eilen wir lieber aufs Schiffs.“ (8)

Foto: Wikimedia/Commons
Verhaftung von Luigi Lucheni

Kaiserin Elisabeth fragte nach, was der Mensch von ihr wolle, zuerst dachte Irma, sie meinte den Kutscher, doch Elisabeth berichtigte sie und fragte nach dem Manne, der ihr so nahe gekommen war.

„Vielleicht wollte er mir die Uhr wegnehmen.“ (9),

war ihre einhellige Meinung dazu.

Kaiserin Elisabeth schritt weiter, als der Portier wieder heraneilte und ihr mitteilte, dass man den Missetäter ergriffen habe. Sie fragte, ob er schon etwas gesagt habe.

Irma sah dabei aber, dass sich Elisabeths Gesichtszüge verändert hatten.

Sie war blass und verzog schmerzverzehrt das Gesicht.

Ich glaube, die Brust schmerzt mich ein wenig.“ (10)

Auf der Schiffsbrücke ging Elisabeth noch leichten Schrittes vor Irma, als es sie schwindelte:

„Jetzt Ihren Arm“

stammelte sie mit erstickender Stimme. Ich umfing sie, konnte sie aber nicht halten und, ihren Kopf an meine Brust pressend, sank ich ins Knie. –

„Einen Arzt! Einen Arzt! Wasser!“

schrie ich dem zu Hilfe eilenden Lakai entgegen.

Die Kaiserin lag totenbleich mit geschlossenen Augen in meinen Armen. (11)

Der Lakai und einige Gäste des Schiffes brachten Wasser, man bespritzte ihr damit das Gesicht.

Foto: Wikimedia/Commons
Gräfin Irma Sztáray

Kaiserin Elisabeth öffnete die Augen.

Irma erkannte, dass der Tod nicht mehr weit war und veranlasste,

dass sie mit der Hilfe von ihr und zwei herumstehender Herren in die Kabine unter dem Verdeck gebracht wurde.

Irma schrie wieder nach einem Arzt und plötzlich wurde sie zur Seite geschoben.

Ein Herr, der die Hilfe seiner Gattin anbot, welche sich auf Krankenpflege verstand (Ehepaar Dardelle), wurde an Kaiserin Elisabeth herangelassen. Diese rieb sie zunächst mit Eau de Cologne ein.

Auch eine Klosterschwester eilte herbei. Irma schnürte derweil das Mieder auf. Kaiserin Elisabeth erhob sich zaghaft, damit Irma das Mieder unter ihr hervorziehen konnte. Das Schiff hatte mittlerweile abgelegt.

Niemand im Raum nahm das richtig wahr. Irma nahm ein Stück Zucker, tunkte es in Äther und gab dies Elisabeth, die versuchte ein paar Mal davon abzubeißen.

Die Wiederbelebungsversuche glückten, da der kühle Fahrtwind in die Kabine hereinwehte.

Foto: x43:service
Dent du Midi, Bild in Öl, Edwin Deakin

Elisabeth setzte sich auf und hauchte ein leises „Merci“, gegen die fremde Dame, die über ihr gebeugt stand.

Die Herrschaften die alle rund um Kaiserin Elisabeth standen, zogen sich zurück, als sie merkten, dass diese von selbst sitzen konnte.

Doch Irma sah es im Blick von Kaiserin Elisabeth.

Ihr Blick war vom Tod umwoben, es gab kein Zurück mehr.

Einzig Madame Dardelle, die Klosterfrau, der Lakai und Irma blieben bei Kaiserin Elisabeth.

„Ihre Blicke suchten den Himmel, dann blieben sie an dem Dent du Midi haften und, von da langsam herabgleitend, ruhten sie auf mir, um sich für ewig meiner Seele einzuprägen.

„Was ist denn jetzt mit mir geschehen?“

Das waren ihre letzten Worte, dann sank sie bewußtlos zurück.“ (12)

Irma schnitt ihre Halskette mit der Medaille der Marienkongregation ab und betete zur Heiligen Jungfrau um Aufnahme der Seele von Kaiserin Elisabeth in den Himmel.

Sie wusste, dass der Tod nicht mehr aufzuhalten war. Sie fing zum Handeln an.

Sie schob das Hemd von ihr auf die Seite, sah die Wunde, an der ein Tropfen gestocktes Blut hing und wusste, dass ihre Majestät ermordet worden war.

Foto: Wikimedia/Commons
Abtransport Kaiserin Elisabeth vom Schiff Geneve, Zeichnung, Unbekannt

Irma ließ nach dem Kapitän schicken, der sogleich in die Kabine kam. Sie klärte ihn auf, wer da vor ihm lag und bat darum, das Schiff sofort zu wenden.

Sie schrieb zwei Depeschen an Sekretär Kromar und Graf Berzeviczy, welche sie Herrn Dardelle übergab, der versprach diese sofort aufzugeben, sobald sie wieder in Genf seien.

Irma breitete Kaiserin Elisabeths schwarzen Mantel über sie, als diese auf eine improvisierte Trage gehoben und von 6 Männern getragen wurde.

Als die Männer in Bewegung waren, warf Elisabeth unruhig ihren Kopf zur Seite.

Ansonsten war die Agonie ruhig, ohne Kampf, ohne Schmerz.

Irma ging neben ihrem Kopf, ein anderer Herr auf der anderen Seite, der ihren weißen Schirm, den sie bei sich hatte, als sie aus dem Hotel gingen, über sie spannte, um sie vor neugierigen Blicken zu schützen.

Gräfin Sztáray blickte wehmütig zum Hotel. Vor einer Stunde hatten sie es gut gelaunt und voller Tatendrang verlassen.
Wie konnte dies nur passieren?

In ihrer Suite angekommen, war Dr. Etiénne Golay sofort zur Stelle, danach noch Frau Fanny Mayer Hoteldirektorin vom Hotel Beau Rivage und eine im Hotel wohnende englische Pflegerin.

Irma zeigte Dr. Golay die Wunde, doch durch die Öffnung des Mieders hatte sich die Wunde von der ursprünglichen Stelle verschoben.

„Es ist keine Hoffnung“, sprach der Arzt nach einer Weile. (13)

Irma bat im ruhigen Ton, doch noch Belebungsversuche zu machen, es war allerdings zweckslos.

Kaiserin Elisabeth atmete zwar noch, aber dieses wurde schwächer und schwächer.

Um 2.40 Uhr (also 14.40 Uhr) sprach Dr. Golay die Worte aus.

„Die schönste, edelste Seele, die am schwersten geprüfte von allen, hatte die Erde verlassen und ihr Entschwinden bezeichnet man mit dem einzigen kurzen Worte: tot! – (14)

Irma war fassungslos, betete, man möge sie auch holen, fasste dann aber den Entschluss, dass sie sich versündigen würde.

Sie dachte an Kaiser Franz Joseph und wusste, dass sie diese schwere Last übernehmen musste, um ihm vom Tod Elisabeths zu erzählen. 

Foto: Wikimedia/Commons
Generaladjutant Graf Eduard von Paar, Zeichnung Oskar Brüch

Gräfin Sztáray schrieb eine Depesche an Eduard Graf von Paar (*5.12.1837, †1.2.1919):

„Ihre Majestät die Kaiserin wurde schwer verwundet, bitte dies Seiner Majestät dem Kaiser schonungsvoll zu melden.“ (15)

Als die treue Hofdame Irma ins Zimmer zurückkam, schnitt man Kaiserin Elisabeth gerade im linken Arm in die Schlagader. Als kein Tropfen Blut aus dem toten Körper wich, zogen sich die Ärzte zurück.

Irma beschrieb die tote Elisabeth wie folgt:

„Kein Nerv zuckt mehr in ihr! Nur ein Blick unter halbgeöffneten Lidern, himmelwärts gerichtet und gebrochen, und ein sanftes Lächeln des Mundes erinnern noch an das Leben. Damit hatte sie die selig entschwindende Seele geleitet, damit von ihr Abschied genommen für immer.“ (16)

Gräfin Sztáray drückte Kaiserin Elisabeth die Augen zu und schlang ihre Finger um einen Rosenkranz, faltete ihre Hände zum Gebet und legte sie ihr auf die Brust.

Während dieser Geschehnisse, nutzt Kaiser Franz Joseph seine freie Zeit und schreibt Elisabeth einen Brief. Er sollte nie mehr bei ihr ankommen. Conte Corti war es, der ihn in seinem Buch erwähnte:

„Sehr erfreut hat mich die bessere Stimmung“ schreibt er seiner fernen Gemahlin, „die Deinen Brief durchweht, und Deine Zufriedenheit mit dem Wetter, der Luft und Deiner Wohnung samt Terrasse, welche einen wunderbaren Ausblick auf Berge und See gewähren muß. Daß du dennoch eine Art Heimweh nach unserer lieben Villa „Hermes“ gefühlt hast, hat mich gerührt. Dann erzählt er, dass er am Tage zuvor in der Villa war, viel an Elisabeth gedacht habe und das Wild begutachtet habe. Weiter geht’s mit „heute bleibe ich hier und um halb neun reise ich von Staatsbahnhof ab. Isten veled szeretett angyalom (Gott befohlen, geliebter Engel.) Dich von ganzem Herzen umarmend, Dein Kleiner.“ (17)

Foto: Wikimedia/Commons
Eugen Ketterl, Leibkammerdiener Seiner Majestät

Zu Hilfe hatte Irma eine Wärterin, die das Totengemach herrichtete; es wurden Kreuze und Kerzen aufgestellt.

Die weißen Herbstastern, die Kaiserin Elisabeth am Vormittag noch

„sie stehen für die Vergänglichkeit“

nannte, wurden ins Zimmer gebracht und um das Bett aufgestellt.

Nach dieser Aufgabe, setzte sich Irma ruhig hin und setzte die nächste Depesche an Graf Paar auf:

„Ihre Majestät die Kaiserin ist entschlummert.“ (18)

Um 17.25 Uhr kam das Telegramm bei Generaladjutant Graf Paar in Schloss Schönbrunn an. Er hatte nun die unendlich schwierige Aufgabe seiner Majestät vom Tod der Kaiserin zu unterrichten. Durch die ihm geschuldete Contenance, seine strenge Erziehung und auch seinem Amt würdig, bleib Kaiser Franz Joseph ruhig bei der Nachricht.

Sein treuer Diener Eugen Ketterl schrieb:

„Als der Kaiser die Todesnachricht erhielt, sagte er in meiner Gegenwart zum Grafen Paar:

„Niemand weiß, was diese Frau mir gewesen ist!“ (19)

Foto: Österreichische Nationalbibliothek
Erzherzogin Marie Valérie

Um 18.30 Uhr traf die Nachricht bei Erzherzogin Marie Valérie (*22.4.1868, †6.9.1924) in Schloss Wallsee ein.

Maria überbrachte ihr die Kunde vom Tod ihrer Majestät.

Valérie notierte in ihr Tagebuch:

„Ich weiß nicht, ob weitere Fragen dazwischen oder gleich das Wort „tot“? über die Lippen brachte, ob sie mir gleich dort noch am Gang oder schon im Zimmer sagte: „Ermordet von einem italienischem Anarchisten – im Hotel in Genf verschieden“. Ich weiss es nicht. Noch zittert mir die Hand, wenn ich zurückdenke an diese Stunde… (20)

Prinz Leopold von Bayern (*9.2.1846, †28.9.1930), Ehegemahl von Erzherzogin Gisela, schrieb in seinen Lebenserinnerungen:

„Ich fuhr die Nacht durch zu meiner Gattin nach München, und die darauffolgende mit ihr nach Wien. Das war nun ein trauriges Wiedersehen mit dem lieben Kaiser: erschütternd war alles, was man von der Tragödie erfuhr. Dazu kam das gerade so Sinnlose der Ermordung dieser edlen Frau, die sich prinzipiell von jeder politischen Tätigkeit fern gehalten hatte. (21)

Foto: Wikimedia/Commons
Prinzessin Gisela und Prinz Leopold

Danach brach Irma zusammen. Erschöpft, müde, von Trauer gebrochen, kniete sie vor dem Bett und weinte hemmungslos.

Die Polizei kam alsbald ins Hotel und vernahm Gräfin Irma Sztáray, die auch diese Pflicht mit stoischer Ruhe über sich brachte.

Ihr wurde der Eidschwur abgenommen, danach musste sie den gesamten Namen & alle Titel und sämtliche Geschehnisse der letzten Stunden von Kaiserin Elisabeth in die Feder diktieren.

Die Stunden waren qualvoll, weil sie an die schlimmsten Stunden ihres Lebens zurückdenken musste.

Graf Berzeviczy ließ sie ans Telefon rufen und Irma erinnerte sich qualvoll an die ständigen Ermahnungen nicht nach Genf zu fahren. Als hätte er es gewusst.

Immer mehr Leute strömten zur toten Kaiserin: eine Kommission, die den Leichnam obduzieren wollte, eine Kommission um die Leichenschau abzunehmen, Bischof von Fribourg und Gefolge kamen herein, um ihre Arbeit aufzunehmen.

Erst am Abend war Irma mit Kaiserin Elisabeth allein gelassen worden. Um 20.00 Uhr kam Graf von Berzeviczy ins Hotel, welcher in Territet geweilt hatte und der Gesandte aus Bern, Graf Kuefstein.

Um 22.00 Uhr wurde der Sarg gebracht, in welchen sie gebettet wurde. Irma legte ihr die Medaille der Mutter Gottes, die sie ihr am Schiff auf die Brust gelegt hatte, in die Hände. Bis um Mitternacht wachten alle 3 Personen vor dem Sarg. Erst danach verließ Irma die tote Kaiserin, um in ihrem Zimmer Ruhe zu finden.

Foto: Wikimedia/Commons
Mordwerkzeug „Feile“

Am 11.9.1898 wurde gegen 14.00 Uhr die partielle Obduktion durchgeführt, da die Anweisung dazu aus Wien erst gegen Mittag eintraf. Die Obduktion ergab, dass Lucheni mit ungeheurer Kraft zugestochen hat.

Die zugespitzte 11 cm lange Feile hatte die 4 Rippe durchstoßen, die Knochen zersplittert, sowie das Herz und die Lunge durchbohrt. Die linke Herzkammer war mehr oder weniger durchschnitten worden, vor allem durch das Herausziehen des spitzen Gegenstandes, wurde das Herz schwerst verletzt. Nur das Mieder hat den sofortigen Tod aufgehalten. 

Irma notierte:

„Ich mußte bei diesem traurigen Akte zugegen sein. Man schnitt den Brustkorb auf, um die Richtung der Wunde festzustellen: Die vierte Rippe war durchbrochen, Lunge und Herz durchbohrt.“
Und ich sah es in der Hand des Arztes, dieses Herz voll Liebe und voll Qual, durch das der Dolch gegangen war, durch und durch, wie wir das Herz der Mater dolorosa im Bilde sehen.
Und das mußte ich überleben!


Ich möchte dieser Welt entschwinden wie der Vogel, der auffliegt und im Äther verschwindet, oder wie der aufsteigende Rauch, der hier vor unseren Augen blaut und im nächsten Augenblicke nicht mehr ist.“


„Diese Worte hatte sie eins zu mir gesagt und sie kamen mir jetzt ins Gedächtnis. (21a)

Foto: Wikimedia/Commons
Totenwache im Hotel Beau Rivage, Zeichnung

Mit „einst“ meinte Irma wohl einen Tag zuvor – denn diese Worte sprach Kaiserin Elisabeth exakt am 9.9.1898 im Beisein von Baronin Julie Rothschild.

Vorahnung? Dunkle Gedanken, einer gequälten Seele? Seit Jahren gierte Kaiserin Elisabeth nach dem Tod. Hat sie ihn gespürt?

Ahnte sie, dass ihr Ende nah war? Wir wissen es nicht. Wir wissen ja auch nicht, wie es uns einmal ergehen mag, wenn wir es erspüren sollten, dass es zu Ende geht.

Gräfin Sztáray blieb bis die Einbalsamierung beendet war.

Danach legte sie ihr das „schöne Kleid“ an, welches sie auch am Tage zuvor getragen hatte. Das zerschnittene Oberteil, wurde durch eine schwarze Seidenbluse ersetzt. Mit Hilfe von Dr. Golay legte Irma den Leichnam in den Sarg, in dem sie für immer Ruhen sollte.

Die Hände wurden wieder gefaltet, der Rosenkranz, ein kleines Kruzifix aus Perlmutt und das Medaillon wurden ihr wieder um ihre Finger drapiert bzw. in die Hand gelegt.

Ein kleiner Strauß aus weißen Orchideenblüten wurden auf die Einstichwunde gelegt. Das Haar – zu einer Krone frisiert – verblieb wo es war.

Die Frisur, welche Kaiserin Elisabeth am Vortag um 9.00 Uhr angelegt bekam, wurde nicht mehr verändert. Wie ein Engel, mit weißer Alabasterhaut, soll sie da gelegen haben.

Nun hieß es für immer Abschied zu nehmen.

Der Sarg wurde verschlossen (und nie wieder geöffnet). Hofdame Irma Gräfin von Sztáray hatte ihre Arbeit beendet.

Stumm ging sie dem Sarg nach, der Ohnmacht nahe, der sie sich nicht hingeben durfte. Schwere Tage kamen auf sie zu. Das Trauergefolge, trat mit dem Trauerzug am 11.9. seinen Weg nach Genf an.

Foto: Wikimedia/Commons Marie von Festetics

Anwesend waren Gräfin Marie Festetics (*20.10.1839, †16.4.1923), Obersthofmeisterin Maria Theresia Gräfin von Harrach, Obersthofmeister Franz Graf von Bellegarde (*18.6.1833, †1.1.1912), welcher von Kaiser Franz Joseph folgendes ausrichten ließ:

„Übergeben Sie meinen Gruß der Gräfin Sztáray; sagen Sie ihr, sie habe sich in ihrer furchtbaren Lage voll Würde benommen.“ (22)

Am 14.9. verließ der Zug Genf. 

Foto: Österreichische Nationalbibliothek
Der Sarg der Kaiserin Elisabeth von Österreich wird aus dem Hotel „Beau Rivage“ getragen. Genf. Photographie. 1898

Der Trauerzug kam am 15.9.1898 in Wien an. Schon auf dem Weg von der Schweiz nach Österreich, wurden am Weg viele Trauerbekundungen getätigt. Das Volk hatte sich fast an jedem Bahnhof versammelt, um mit gesenkten Häuptern ihre Kaiserin zu verabschieden.

Valérie beschreibt die Szene so:

„Am Abend verliessen wir gegen 10 Uhr Schönbrunn…. In den Radetzkyzimmern warteten wir in verzehrender Erwartung bis der Zeremonienmeister gegen 11 Uhr des Nahes des Zuges verkündetet. Dann gingen wir hinunter, um am Fuss der Säulenstiege zu warten. Ich musste mich an Gisela halten, und fast zum ersten Male brach ich in lautes Schluchzen aus. Und nun kamen Wagen um Wagen, die gewesenen Hofdamen, welche an den Bahnhof entgegengefahren waren, die von Genf kommenden… Schluchzend lag ich in Irma Sztárays Armen, die sie zuletzt umfangen! Franz sah, wie Papa ihr entgegenging und ihre Hand küsste. Papa ging in aufrechter Haltung dem Sarg nach in die Burgkapelle. Wir folgten. Dort konnte man doch endlich auf die Knie sinken…. Gebete, kurze Einsegnung. Dann erhob sich Papa, kniete nieder am Kopfende des geschlossenen Sarges und küsste ihn. Wir folgten. O Mutter, wüsstest Du es in diesem Augenblick, dass Dein Kind dich liebt mit einer Liebe, wie ich sie wohl früher nie gefühlt. Um Mitternacht waren wir wieder in Schönbrunn.“  (23)

Irma selbst erlebte das alles durch einen Schleier. Ein Schwindel überkam die Hofdame, als Kaiser Franz Joseph zu ihr trat und die Hand küsste.

Er bat sie am 17.9.1898 zu einer Privataudienz.


Foto: Bücher Ernst
Zeitungsausschnitte die über das Attentat berichten

Am 16.9.1898 veröffentlichte Kaiser Franz Joseph sein

„An meine Völker“, welche von allen Zeitungen gedruckt wurde:

An meine Völker!
Die schwerste, grausamste Prüfung hat Mich und Mein Haus heimgesucht. Meine Frau, die Zierde meines Thrones, die treue Gefährtin, die Mir in den schwersten Stunden Meines Lebens Trost und Stütze war – an der ich mich verloren habe, als Ich auszusprechen vermag, ist nicht mehr. Ein entsetzliches Verhängnis hat sie Mir und Meinen Völkern entrissen. Eine Mörderhand, das Werkzeug des wahnsinnigen Fanatismus, der die Vernichtung der bestehenden gesellschaftlichen Ordnung sich zum Ziel setzt, hat sich gegen die edelste der Frauen erhoben und in blindem, ziellosen Haß das Herz getroffen, das keinen Haß gekannt hat und nur für das Gute geschlagen hat.“ (24)

Am 16.9.1898 wurde um 8.00 Uhr morgens der Sarg in der Burgkapelle öffentlich aufgebahrt; allerdings entsprechend ihrem Wunsch:

wurde der Sarg nicht mehr geöffnet.

Vor längerer Zeit wünschte Elisabeth einmal auf Korfu beerdigt zu werden, die Stelle, die sie ausgesucht hatte, war in der Nähe vom Heine Denkmal und mit Blick aufs Meer.

Bis heute wird dieses Gerücht noch immer in vielen historischen Büchern verbreitet und berichtet, dass Kaiser Franz Joseph daran Schuld war, dass sie nicht auf Korfu beerdigt wurde. Der starre Monarch hätte sich nicht damit abfinden können, seine Frau in Griechenland zu begraben.

Doch dieser Wunsch wurde von Kaiserin Elisabeth persönlich widerrufen.

Im Februar 1897 besuchte Valérie ihre Mutter auf Cap Martin, welche sie in einem äußerst schlechten Zustand vorfand. Elisabeth versank in Trauer und Selbstmitleid um den Tod von Rudolf und verkraftete diesen kaum.

Folgender Satz ist von ihrer Tochter dazu überliefert, den Valérie sehr traurig stimmte:

„Ich sehne mich so sehr, dort zu liegen, in einem guten, großen Sarg, und nur Ruhe zu finden, nur Ruhe. Mehr erwarte und wünsch ich nicht. Weißt du Valérie, dort, wo gerade oberhalb das Fenster liegt, doch ein wenig Licht und Grün in die Gruft hereinblickt und man die Spatzen zwitschern hört.“ (24a)

Während ihrer Aufbahrung kam es zu einem Fauxpas: man schrieb auf den Sarg nur „Kaiserin von Österreich“ und nicht auch „Königin von Ungarn“. 

Diesen Titel trug sie mit mehr Würde und Eleganz, als ihren Kaiserinnen-Titel. Auch Böhmen mischte sich in den Streit ein. Als „ungekrönte“ Königin von Böhmen, sollte auch dieser Titel auf dem Sarg verewigt sein.

Maßlos sinnbefreite Streitigkeiten über eine Frau, die sowieso niemals Kaiserin oder Königin werden wollte.

Foto: delcampe.net
Aufbahrung in der Burgkapelle

Hofdame Irma übergab Erzherzogin Marie Valérie das Oberteil des Kleides.

Die Einstichstelle ist darauf zu sehen.

Am selben Abend erreichen Bruder Carl Theodor und Gemahlin Herzogin Maria José, Elisabeth Gabriele und Marie Gabrielle (Töchter) Wien.

Herzog Carl Theodor ist schwer gezeichnet, Marie Valérie hatte ihn noch nie so tief ergriffen gesehen. Gerade in ihm, erkennt sie ihre Mutter.

Am 17.9. fand in der Burgkapelle eine Messe statt. Marie Valérie schrieb:

„Es zog mich mit Macht zu ihr…ich wünschte, sie möge nun gefunden haben, was sie so bitter bezweifelte – die liebende Barmherzigkeit Gottes -. Dann ging ich zu Maria Festetics und fühlte mich wieder erkalten unter dem Schwall ihres wortreichen Schmerzes.“ (25)

Foto: Bildarchivaustria.at
Irma Gräfin Sztáray knickst vor Kaiser Franz Joseph I. und reicht ihm dabei beide Hände. Laut Bildunterschrift erzählt sie in einer Audienz dem Kaiser über die letzten Momente der Kaiserin Elisabeth. Hochdruck nach Zeichnung (Phantasie).
Das Interessante Blatt, 22.09.1898, S.1

Danach fand die Privataudienz zwischen Kaiser Franz Joseph und Gräfin Irma Sztáray statt. Die Begegnung war sehr tränenreich.

Er überreichte ihr nicht nur den Elisabeth-Orden, sondern er hatte auch ein langes Gespräch mit ihr.

Sie musste ihm detailgetreu den gesamten Ablauf erzählen, währenddessen ihm dicke Tränen über das Gesicht liefen.

Sie überbrachte ihm ein paar Blüten jener Orchideen, die Kaiserin Elisabeth am Herzen trug.

Niemand war Zeuge bei dem Gespräch. Irma und Franz Joseph waren allein.

Er fragte sie, ob sie ihr etwas von ihren Haaren abgeschnitten hätte. Irma verneinte, denn sie meinte, dass Kaiserin Elisabeth immer besonders viel Wert auf ihre Haare gelegt habe.

Der Kaiser gab ihr Recht und lobte die Hofdame für ihr Tun.

Am Ende dieser Audienz küsste er ihr noch einmal die Hand, eine Geste die die Gräfin nie wieder vergessen sollte.

Die Güte des alternden Mannes überstieg ihre Contenance bei weitem.

Um 16.00 Uhr fand das tatsächliche Begräbnis statt, welches vom Hofstaat und Militär geprägt wurde.

Foto: Habsburg.net
Begräbnis Kapuzinergruft

Vom Burgplatz führte der Leichenzug zur Kapuzinergruft, wo sie ihre Ruhestätte finden sollte. 

Dreimal pocht der Obersthofmeister an die Tür. Pater Guardian steht hinter der Tür und fragt „Wer ist da?“ „Kaiserin und Königin Elisabeth begehrt Einlaß“, so die Antwort vom Obersthofmeister. Schluchzend stehen der Kaiser und die Kinder vor dem Sarg.

Valerie, die eine Mutter verloren die ihr Kind mehr geliebt hat, als je eine Mutter auf Erden, sieht auf einmal jenen Platz in der Gruft, den Elisabeth ihr im Leben beschrieben, das bißchen Licht und Grün, das aus dem schmalen Fenster hereinblickt. Sie hört die Vögel draußen zwitschern, alles, alles genauso, wie die Mutter es damals geschildert.

„Möge sie nun endlich die heißersehnte Ruhe finden!“ 

Schluchenzd auch stehen am Sarge der Kaiserin die treuesten Freundinnen ihres Lebens.

Ida Ferenczy, die Elisabeth ob ihres frischen, heiteren, geraden und offenen Wesens, ihres gesunden Menschenverstandes, ihres Taktes und ihrer vornehme Denkungsweise bei aller Einfachheit des Herzens so geliebt. Sie hat alles nach den letzten Wünschen der Kaiserin erfüllt.

Auch den letzten Brief des Kronprinzen an Elisabeth vernichtet. … Tränenüberströmt steht Marie Festetics neben ihr.

„Viel werden wir noch zusammen trauern, Ida, uns gehörte das Beste. Lange, lange haben wir ihre Seele, ihr Herz genossen.“ (26)

Foto: Habsburg.net
Kaiser Franz Joseph am Sarg seiner geliebten „Engels-Sisi“ in der Kapuzinergruft, Öldruck

Marie Valérie hielt in ihrem Tagebuch fest:

„Papa war schon vom Morgen an in der Burg, hatte sichs nicht erspart, die fremden Herrschaften zu empfangen. Mit Kaiser Wilhelm kam er zu den Kapuzinern. Uns blieb, geschützt durch die dichten Schleier, der grösste Teil banaler Kondolenz erspart. Genug waren es jener, die von Herzen mitweinten. Manni – Onkel Louis

„Ich kann doch dem armen Teufel nicht verbieten zu kommen“, hatte Papa gesagt, und hat es den armen Onkel gerührt. Tief erweckte es auch in mir Erinnerungen alter Zeiten, als er zu mir kam mit der Bitte „Lass mich nur bei stehen, nur das bleiben neben Dir“. Papa mit Leopold und Franz, Georg und den beiden Brüdern Mamas geleiten den Sarg hinab. 
(Dann war auch das vorbei und wir kehrten nach Schönbrunn zurück, zu einem traurigen Diner, welchem auch dir König von Sachsen beiwohnte.)“ (26a)

Anmerkung Petra: Mit Onkel Louis ist Herzog Ludwig, also Kaiserin Elisabeths Bruder gemeint. Durch das Mitverschulden von Marie von Larisch, der Tochter von Louis, brach der Kontakt zum Bruder komplett ab.

Am 18.9.1898 hätte Marie Valérie fast einen folgenschweren Fehler begangen, den sie Zeit ihres Lebens bereut hätte: Sie notierte dazu in ihr Tagebuch:

„Schmerzliches Wiedersehen mit Tante Spatz die am Sonntag ungekannt gekommen war, um an Mamas Sarg zu beten. Papa suchte sie im Hotel auf, nachmittags kam sie nach Schönbrunn. Ich erfuhr, allein mit ihr, zu meinem Schaudern, dass sie Pater Guardian dazu bewogen hatte, ihr den Sarg zu öffnen, durch das innerhalb des Sarges angebrachte Fenster, hat sie Mama gesehen, erkannt, obgleich schon ziemlich entstellt.“ (27)

Anmerkung Petra: Tante Spatz ist natürlich Mathilde; ebenfalls eine Schwester von Kaiserin Elisabeth.  

Valérie war so entsetzt, dass sie dasselbe tun wollte, damit ihre Mutter die letzte Person sei, die „sie“ sehen konnte bzw. Valérie die Letzte auf Erden sei, die ihre Mutter je zu Gesicht bekommen hatte. Doch Pater Abel konnte sie glücklicherweise von diesem Vorhaben abhalten. Dankbar nahm Valérie dies als einen Fingerzeig Gottes und konnte damit in Ruhe leben. 

Prinz Leopold von Bayern schrieb weiter:

„Mitte Oktober lud mich der Kaiser ein, mit ihm nach Gödöllö zu fahren. Der Trauerempfang der Bevölkerung daselbst ist mir unvergeßlich. Das Kaiser- oder, besser gesagt, das Königspaar war ja im ganzen Lande verehrt, und die Kaiserin, die so viele Jahre lang besonders gerne in Gödöllö geweilt hatte, geradezu vergöttert. die Fülle der Regierungsgeschäfte, die unermüdliche Arbeit, die frische Luft und die viele Bewegung auf der Jagd brachten auch diesmal den allerhöchsten Herrn über das Gröbste hinaus.“ (28)

Eugen Ketterl (*7.10.1859, †11.10.1928), der Leibkammerdiener von Kaiser Franz Joseph, notierte, dass

Seine Majestät nie wieder über Kaiserin Elisabeth sprach:

„Manche wollen diese Merkwürdigkeit damit erklären, daß Franz Joseph an Unabänderlichem nicht einmal in der Erinnerung rütteln wollte; andere meinten wieder, Egoismus und Gefühlskälte seien daran schuld gewesen. Ich meine aber, daß der Kaiser sich seines Gefühls schämte und fürchtete, es könnte als Schwäche gedeutet werden. Es geschah gar oft, daß ich den Monarchen dabei überraschte, wie mit unsagbar traurigem Blick zur Kaiserin hinaufsah, die ihn in bestrickender Anmut aus ihrem Bild, das auf einer Staffelei hinter seinem Schreibtisch stand, zu grüßen schien…“  (29)

Marie von Redwitz (*9.12.1856, †11.4.1933), Hofdame von Herzogin Amalie in Bayern, Tochter von Herzog Carl Theodor, schrieb in ihrem Tagebuch:

„Die Kaiserin war sechzig Jahre alt und nicht die Natur, um glücklich zu altern. Hätte sie sich einen schmerzlosen Tod und danach eine Glorifikation ohne Gegenrede gewünscht, hätte sie enden müssen, wie sie es getan. Dr. Christomanos, einer ihrer griechischen Lehrer schrieb, daß sie einmal gesagt habe: „Ob und wann ich sterbe, ist Nebensache. Es gibt im Leben jedes Menschen einen Augenblick, in dem er innerlich starbt, es braucht gerade nicht die Zeit des wirkliches Todes zu sein.“ Dann: „Wenn der Wunsch zum Leben aufgehört hat, befindet man sich eigentlich schon außerhalb des Lebens.“ … So ist diese merkwürdige und in vielem rätselhafte Frau auf außerordentliche Weise aus dem Leben gegangen. Für die Allgemeinheit war sie zu wenig banal, und schüchtern von Natur, entzog sie sich der Schaustellung ihrer Person. Sie füllte den Platz einer Landesmutter gewiß nicht voll aus und hatte nicht die Gabe, vielleicht auch nicht das Verständnis, das Volk zufriedenzustellen. Sooft ist übel vermerkt worden, sie halte den unvermeidlichen Fächer vor das Gesicht, um ihr Altern nicht erkennen zu lassen. Das Angestarrtwerden war ihr gewiß lästig, aber der erste und tiefere Grund lag in der Empfindlichkeit der Augen gegen Licht und Blendung, unter der fast alle Glieder der herzoglichen Familie leiden.“ (30)

Foto: Wikimedia/Commons
Henri Philippe Marie de Bourbon-Orléans

Luigi Lucheni gab an, dass er ursprünglich Henri Philippe Marie d’Orleans (*16.10.1867, †9.8.1901) ermorden wollte.

Er wurde am 10.11.1898 zu lebenslänglicher Haft verurteilt. Er war ein äußerst aggressiver Gefangener, der mehrmals versuchte den Gefängnisdirektor oder die Wärter anzugreifen.

Seine „Lebenserinnerungen“ die er notierte, wurden ihm entrissen. Am 19.10.1910 wurde er unter mysteriösen Umständen tot in seiner Zelle gefunden. Weiterführende Infos zum Mörder findet ihr weiter oben bei Tamara.

Am 31.12.1898 bekam Kaiser Franz Joseph vom ungarischen Maler Leopold Horovitz (*2.2.1838, †16.11.1917) ein Bild überreicht.

Valérie notierte:

„das Papa das beste findet. „Es hat nie ein gutes Bild von Mama gegeben.“ „Kein naturwahres Porträt“. So ist es mit allem, was über Mama gesagt und geschrieben wird.“ (31) 

Foto: Wikimedia/Commons
Gemälde nach Leopold Horovitz, posthum am 31.12.1898 an Kaiser Franz Joseph überreicht.

Kaiserin Elisabeth jedoch, war zu Lebzeiten so wenig in Österreich präsent, dass die Trauer der Bevölkerung nur kurz andauerte und einige Tage nach dem Begräbnis schon wieder das „Tageswerk“ verrichtet wurde. Die Meldungen in den Zeitungen verebneten.

Die ersten Biografien fanden den Weg an die Oberfläche (Gräfin Larisch, Conte Corti etc.), Denkmäler wurden errichtet usw.

Dazu notierte Marie von Redwitz:

„Bald nach ihrem Tode erhob sich wie auf Wettbewerb in jeder Stadt, wo sie einmal länger geweilt, ein künstlerisch mehr oder minder wertloses Standbild von ihr. Gewiß hätt sie sich das verbeten, denn die sie ehren wollten, hatten nichts mit ihr gemeinsam.“ (32)

Foto: Hans-Christian Seidel
Grabstelle von Erzherzogin Agnes (*/†26.6.1911), Bad Ischl

Am 26.6.1911 bekam Erzherzogin Marie Valérie in Bad Ischl ihr letztes und gleichzeitig das 10te Kind:

Agnes – Die kleine Erzherzogin überlebte nur 8 Stunden.

Als Agnes starb sagte Valérie:

Wie tröstlich annehmen zu dürfen, daß dies kleine Enkelkind sie vielleicht endlich hineingeleitet hat in den Himmel.“  (33)

Ein sehr tröstliches Abschiedswort.

Foto: mythoskaiserinelisabeth.com – Petra
Sarkophag, Kaiserin Elisabeth, Kapuzinergruft
Die rote Rose ist von mir in eurem Namen auf den Sarg (21.8.2022 für das Foto) hingelegt worden.
Danach habe ich sie darunter gelegt.

Nachwort:

Besonders stolz bin ich auf jene Episode, da ich die Einzige bin, die herausfand, dass es eine Kaiserin Elisabeth Statue in der Kapuzinergruft gibt.

1910 wurde diese feierlich von ungarischen Frauen eröffnet. Die ganze Geschichte dazu, könnt ihr euch noch einmal in diesem Video anhören:

Video: mythoskaiserinelisabeth.com – Petra

Mittlerweile konnte ich herausfinden, dass diese Statue für den Aufbau des Sarkophages gedacht war. Warum dies nicht umgesetzt und warum die Statue zurückgebaut wurde, konnte ich noch nicht herausfinden.

Auch hier habe ich mittlerweile eine alte Postkarte ergattert, die ich euch nicht vorenthalten möchte:

Foto: mythoskaiserinelisabeth.com – Petra

1935 veröffentlichte Egon Cäsar Conte Corti die erste Kaiserin Elisabeth Biografie „Die seltsame Frau“.

Mittlerweile gibt es zigfache Neuauflagen und viele neue Buchtitel u.a. auch „die Unpolitische“. In der Erstauflage war jenes Foto zu sehen, wie die Särge früher tatsächlich standen; ich konnte noch eine alte Postkarte auftreiben, die ich euch zeigen möchte.

So sah Conte Corti 1935 noch die Kapuzinergruft.

Foto: mythoskaiserinelisabeth.com – Petra

Heute ist die Kapuzinergruft umgebaut und Elisabeth steht kurz vor dem Ausgang. Meiner Meinung nach ungünstig. Es ist laut und wirklich Ruhe ist nicht mehr vorhanden.

Während die Besucher bei Maria Theresia, Kaiser Ferdinand usw. noch Ruhe bewahren, ist bei Elisabeth und Franz Joseph der Ausgang nicht mehr weit, da nur noch die Särge von Zita und Otto zu sehen sind.

Die Lautstärke ist unerträglich die dort herrscht. Schade!

Und noch ein Schmankerl hänge ich hier gerne an:

Hoteldirektor Mayer gab Tamara den Text seiner Großmutter mit, den diese verfasste. Bis jetzt war dieser Text in noch keinem einzigen Buch komplett abgedruckt zu lesen. Englische Originalfassung!


Da ich weiß, dass nicht jeder der englischen Sprache mächtig ist, habe ich den Text übersetzt. Auch dies war bisher noch nie komplett irgendwo in einem Buch abgedruckt.

Ich habe exklusiv für euch die Erlaubnis vom Hotel Beau Rivage den Text komplett zu zeigen und zu übersetzen erhalten sowie zu veröffentlichen.

Ich hoffe, ich habe euch mit der Übersetzung eine Freude gmacht.

Teil 3 – Kaiserin Elisabeth heute

Foto: Wikimedia/Commons
Filmprogramm Sissi Film, 1955

Es sollte bis ins Jahr 1955 dauern, bis Kaiserin Elisabeth wiedergeboren wurde.

Zwei Weltkriege und viel Leid waren vergangen, bis am 21.12.1955 der Film Sissi in die Kinos kam.

Romy Schneider und Karlheinz Böhm – sie ebneten Elisabeth den Weg zurück ins Leben.

Leider aber auch damit ein Leben in Verkitschung, konsequenter falscher Namensschreibung, teils schlimmen in den Mund gelegten Behauptungen die sich bis heute halten und blinder Verehrung von Filmfans die das reale Leben der Kaiserin von den Kitschfilmen nichtauseinanderhalten können.

Nachfolgende Filme sind um keinen Deut besser.

Verkitschung, falsche Zitate, falsche Mythen und Behauptungen oder Serien die mit einer masturbierenden 15jährigen beginnen und somit einer typischen RTL Serie entsprechen, aber nicht dem 19. Jahrhundert.

Foto: mythoskaiserinelisabeth.com – Petra (vormals Sternenkaiserin)
Papieruntersetzer im (ehemaligen) Café Hofburg

Leider glauben die Leute und Follower der Social Media Seiten was sie glauben wollen und man kann darunter schreiben was man möchte, man wird nicht erhört. Denn Filme haben immer Recht. #uff

Souvenirs, vor allem das berühmte „Winterhalter Bild mit dem Sternenkleid“ wurden und werden in die ganze Welt verkauft.

Obwohl das Bundesimmobiliendepot behauptet, dass das „Sternenkleid-Bild“ nur für wissenschafliche Zwecke“ genutzt werden dürfe, findet man das Bild querbeet auf:

Tassen, Vasen, Teller, Büsten, Briefmarken, Fingerhut, Hefte, Blöcke, Radiergummi, Taschen, Tischdecken, Pralinen und Mehlspeisen die ihren Namen tragen und sogar „Glasuntersetzer“…

Am schlimmsten fand ich das Badeanzug-Bild für das Gutscheinheft in Hietzing. Das Bundesimmobiliendepot hat steif und fest behauptet, dass dieses Bild nicht existiert. Ähm…..

Nur Schönbrunn/Hofburg hat die Erlaubnis das Foto dauerhaft zu verwenden. Dass aber ganz Wien zugekleistert ist, stimme nicht, hat man mich am Telefon angeschrieen. Ja, Frau Dr. war am Telefon sehr wütend darüer, dass ich sie darüber in Kenntnis setzte, dass sie wohl ihren Job nicht richig mache, wenn sie nicht wisse, was direkt vor ihrer Nase passieren würde.

1982 erschien Brigitte Hamanns Biografie über Kaiserin Elisabeth. Im Jahr 1984 fanden die Gedichte von „Titania“ ihre Erstveröffentlichung (ebenfalls Brigitte Hamann).

Und noch immer werden jedes Jahr unzählige Bücher geschrieben und auch Magazine werden und wurden veröffentlicht.

In die Kapuzinergruft pilgern jährlich Tausende Besucher und legen Souvenirs aller Art unter den Sarkophagen von Kaiserin Elisabeth, Kronprinz Rudolf und Kaiser Franz Joseph.

Foto: mythoskaiserinelisabeth.com – Petra (vormals Sternenkaiserin)
Kapuzinergruft Kronprinz Rudolf, Kaiser Franz Joseph (erhöht), Kaiserin Elisabeth (v.l.n.r.)

Am 3.9.1992 wurde Kaiserin Elisabeth in Form eines Musicals geboren.

Foto: Amazon.de

Den großen Beitrag zum Musical könnt ihr hier nachlesen. 

Am 24.4.2004 wurde zum 150. Hochzeitstag das „Sisi Museum“ eröffnet.

Mittlerweile ziehen viele Kaiserappartements und/oder Villen, Hotels etc. nach, die jemals von Elisabeth und/oder Franz Joseph besucht wurden (zB Venedig, Schloss Aichach/Sisi Schloss (in Wirklich das Jagdschloss von Herzog Max und Elisabeth war nie dort; klingt aber schöner und das Publikum lässt sich halt hinziehen), Sisi Schloss/vormals Rudolfvilla Reichenau a.d.Rax usw.

Obwohl es Österreich 1918 abgelehnt hatte, weiterhin einen Kaiser und eine Kaiserin zu unterhalten und auch kein parlamentarisches Kaiserreich wollte, lebt – vor allem Wien – von den Einnahmen der kaiserlichen Schlösser, Museen und den oben beschriebenen Souvenirs.

Im April 1919 kam das Adelaufhebungsverbotsgesetz hinzu. Wer sich von der Familie Habsburg etc. nicht daran hielt, flog aus dem Land. Wir verklagen sogar Karl (von) Habsburg, wenn er sich auf seiner Webseite „von“ nennt, zeitgleich hätte Wien aber massive Einnahmeprobleme in der Tourismusbranche, gäbe es das Schloss Schönbrunn, das Sisi-Museum oder die Kapuzinergruft nicht.
Die Scheinheiligkeit unseres Landes ist manchmal nicht zu verstehen und niemand kann etwas für seinen Geburtsnamen, für sein Erbe oder seine Titel.

Es verhält sich bei uns ähnlich wie in Bayern mit den Ludwig Schlössern. Ludwig wurde für verrückt erklärt, aber Bayern ohne die Schlösser kann und will sich keiner mehr vorstellen. Und die Verehrung und Verkitschung hat genauso groteske Film- und Souvenirsformen angenommen, wie bei Kaiserin Elisabeth.

Ich wage sogar zu behaupten, dass die Scheußlichkeiten der Souvenirs sich die Wage halten. Es gibt sogar Postkarten auf denen beide als „Liebespaar“ abgebildet sind. Grotesk, falsch, infam und einfach nur unsinnig.

Der Hype ist ungebrochen.

Versunken ist die alte Welt; verfault das Fleisch,
verblasst der Glanz. Doch wo sich Geist zu Geist gesellt, da
tanzt man noch den Todestanz...
Lust, Leid – Wahnsinn, der uns treibt.
Not, Neid – Pflicht, die uns erdrückt.
Traum, Tran – alles, was uns bleibt:
Wunsch, Wahn, der die Welt verrückt...
Elisabeth, Elisabeth – selbst hier bist du von uns getrennt.
Ein Rätsel, das kein Geist errät,
ein Zeichen, das kein Mensch erkennt.
Scheu, schwach – glücklich und verflucht.
Wild, wach – einsam und begehrt.
Arm, reich – was hast du gesucht?
Hart, weich – was hat dich zerstört? (*2)
Foto: mythoskaiserinelisabeth.com – Petra

Der Mythos Kaiserin Elisabeth lebt.

– Petra –


Rechtliche Hinweise: 
Texte: Teil 1: Tamara, Teil 2: Petra
Bildrechte:
mythoskaiserinelisabeth.com – Tamara, mythoskaiserinelisabeth.com. – Petra, Wikimedia/Commons, Hans Christian Seidel, Habsburg.net, Bildarchivaustria.at, delcampe.net, Bücher Ernst, x43:service, Clemens Fabry/Die Presse, Family.rothschildarchive.org, lmathieu.wordpress.com, locseitemeto.eoldal.hu, Österreichische Nationalbibliothek, Trachtenladl, Heindl,
Videorechte: mythoskaiserinelisabeth.com – Petra


Literarischer Hinweis:

(*1), (*2) Musical Elisabeth
jeweils Auszüge aus dem Prolog; 1. Akt
Text: Michael Kunze
Musical: Sylvester Levay

1 – S 203, 2 – S 206, 3 – S 209, 4 – S 210, 5 – S 219, 6 – S222/3 , 7 – S 227 – 229, 8 – S 230, 9 – S 230, 10, 11 – S 231, 12 – S 234, 13, 14 – S 237, 15 – S 239, 16, 18 – S 240, 21 – S 246, 21a – S 250,
Irma Gräfin Sztáray
Aus den letzten Jahren der Kaiserin Elisabeth (Nur noch antiquarisch erhältlich)
Amalthea Verlag, 2004

17 – S 455, 24a – 429, 26 – S 463,
E.C. Conte Corti
Elisabeth von Österreich Tragik einer Unpolitischen (Nur noch antiquarisch erhältlich)
Heyne Verlag 2. Auflage/15. Auflage 1996

19 – S 40, 29 – S 40
Eugen Ketterl
Der Alte Kaiser wie nur Einer ihn sah
Fritz Molden Verlag, 1980, 1. Auflage

20 – S 309, 23 – S 312, 25 – S 312, 26a – S 312/3 27 – S 313, 31 – S 319
Marie Valérie von Österreich
Das Tagebuch der Lieblingstochter von Kaiserin Elisabeth

24 – S 310
Michaela und Karl Vocelka
Franz Joseph I – Kaiser von Österreich und König von Ungarn

20 – S 164, 28 – S 164
Leopold Prinz von Bayern
Aus den Lebenserinnerungen (Nur noch antiquarisch erhältlich)
Verlag Friedrich Pustet, 1983

30 – S 257, 31 – S 258
Marie von Redwitz
Hofchronik 1888 – 1921 (Nur noch antiquarisch erhältlich)
Verlag Kulturpolitik München 1924

33 – S 112
Martha Schad
Kaiserin Elisabeth und ihre Töchter, Bildband (Nur noch antiquarisch erhältlich)
Langen Müller Verlag, 1998, 3. Auflage

Das Kind von Gottes Gnaden – Kaiser Franz Joseph I.

Foto: mythoskaiserinelisabeth.com – Petra
Erzherzog Franz, 1844 (14jährig)
(Kaiser Franz Joseph als Jugendlicher)
mit Sondererlaubnis aus dem k.u.k. Museum Bad Egart

Der smarte Karlheinz Böhm lässt Jahr für Jahr zahlreiche Frauen- und Männerherzen höher schlagen, wenn er als Kaiser Franz Joseph für seine Sissi (Romy Schneider) bei Schwiegermutter Erzherzogin Sophie einsteht.

Der schmachtende Blick, der rote Schmollmund, die dunkelblonden, akurat gescheitelten Haare und die Uniform. – Schmuck sah er aus, dass muss auch ich zugeben. Doch auch der echte Kaiser, war ein stattlicher junger Mann. Adrett, immer galant, höflich und von guter Figur.

Doch leider ist die bittere Wahrheit hinter der kitschigen Filmpassage so trist und traurig, dass mir mittlerweile die Filme, je länger ich meine Recherchen betreibe, vergangen sind.

Das zerbombte Wien der 50er Jahre, mag diese „Heile Welt“ der Kaiserzeit, die so gar nicht rosig war, gebraucht haben, um von ihrem Kriegsalltag als ehemalige Trümmerfrauen, KZ-Überlebende, Kriegsheimkehrer und Bombengeschädigte abzulenken.

Auf Social Media werden täglich duzende Fotos von der bittersüßen Romy als Sissi gepostet und natürlich darf der wildromantische Karlheinz als Kaiser nicht fehlen.

Doch wer war der echte Kaiser. Welchen Charakter hatte er? Wie wuchs er auf? Was machte ihn aus? Was steckte alles in ihm und was machte ihn zum Mythos?

All das versuche ich zu hinterfragen, zu beleuchten und herauszufinden. Ich begebe mich in die Katakomben der Bibliotheken, tauche ein in die Vielfalt der Bücher und des Internets, um auf längst vergessene Spuren zu gehen.

Herausgekommen ist eine 7teilige Reihe über den Mann, den wir

68 Jahre, 24.825 Tage

Kaiser von Österreich

nannten.

Und noch heute bekommen einige feuchte Augen, wenn sie an unseren alten Kaiser denken. Denn, dass es noch Kaiser Karl I (*17.8.1887, 1.4.1922) gab, verdrängen manche. Die 2 Jahre Amtszeit zählen für viele Leute nicht.

Ich beginne also wie immer am Anfang.

Die Kindheit von Erzherzog Franz(i) bis zum Thron

Foto: Wikimedia/Commons
Erzherzogin Sophie
Foto: Wikimedia/Commons
Erzherzog Franz Karl

Erzherzogin Sophie lag zwei Tage und zwei Nächte unter höllischen Schmerzen in den Wehen, bevor die Zangengeburt eingeleitet werden konnte.

Um 9.45 Uhr am 18.8.1830 war es endlich so weit. Ein wunderschöner Bub wurde im Schloss Schönbrunn geboren.

Im Beisein ihrer geliebten Mutter Ex-Königin Caroline von Bayern (*13.7.1776, 13.11.1841), die sie immer noch so sehr vermisste, entband Sophie glücklich ein gesundes Kind. Der Beitrag zu Sophie kann hier gelesen werden.

Stammbaum Kaiser Franz Joseph, Fotos: Wikimedia/Commons, Stammbaum: mythoskaiserinelisabeth.com – Petra (vormals Sternenkaiserin) 
Foto: Wikimedia/Commons
Königin Caroline von Bayern

Erzherzog Franz Karl (*7.12.1802, †8.3.1878) wartete derweil in einem der Nebenräume auf die Verkündung, ob es ein Erzherzog oder eine Erzherzogin sein würde. Der Beitrag zu Erzherzog Franz Karl kann hier gelesen werden.

Nach 6 Ehejahren und 2 Fehlgeburten, hatte das Kaiserreich immer noch keinen Thronfolger. Insgesamt hatte Sophie 11 Fehlgeburten zu beklagen.

Dieser wurde mit 101 Kanonenschüssen begrüßt.

Schon lange vor ihren Schwangerschaften suchte Sophie eine Aja (Kindermädchen) für ihr zukünftiges Kind. Empfohlen wurde ihr Louise Baronin von Sturmfeder (*3.10.1789, †10.9.1866) vom Außenminister Johann Philipp Graf von Stadion (*18.6.1763, †15.5.1824).

Baronin von Sturmfeder hatte keinerlei Vermögen, war unverheiratet, hatte aber Durchsetzungsvermögen, war überaus charmant, intelligent, hatte Witz und lernte sich, durch ihre schwierigen Familienverhältnisse, früh durchzusetzen. Genau das, was sie am Wiener Hof brauchte.

Als sie an diesen berufen wurde, wusste sie genau, worauf sie sich einlassen würde. Noch dazu war sie bereits 41 Jahre alt und eine im Leben stehende Frau.

Noch am Tag der Geburt wurde der kleine Erzherzog seiner Aja übergeben. Diese richtete sofort die Kindskammer ein.

In Adelskreisen war es nicht üblich den hohen Damen und Herren Kinder zuzumuten, die irgendetwas aus irgendwelchen Körperöffnungen wiedergeben konnten.

Foto: Wikimedia/Commons
Erzherzogin Sophie und ihr geliebter Sohn Franzi
ca. 2jährig
Bild: Joseph Stieler, 1832

Mit dem Kind wurde normalerweise nur pro Tag ein höchstens zwei Stunden Zeit verbracht – und da musste es frisch gewaschen, gewickelt, gepudert und gesäubert sein.

Sobald das Kind auch nur zum Jammern anfing, wurde es sofort aus dem Gesichtsumfeld der Königin, Kaiserin oder König oder Kaiser entfernt.

Eine rühmliche Ausnahme stellten hier Königin Caroline und ihr Mann König Maximilian I. Joseph dar. Diese hatten ihre Kinder gerne um sich.

Dies sollte sich sowohl auf Ludovika, als auch auf Sophie übertragen.

Sophie stillte – zur Überraschung aller – ihre Kinder selbst. Normalerweise wurde hierfür eine Amme ins Haus geholt.

Es ist umso verwunderlicher, dass sie dies ihrer Nichte und Schwiegertochter Elisabeth bei ihren Kindern verbot und diese durch den Milchfluss Höllenquallen zu durchleiden hatte.

Die Kindskammer bestand nunmehr aus einer Kindsfrau, einem Kindermädchen, zwei Leiblakaien, einer Kindsköchin, einem Kammerweib für das Kind, einem Kammerweib für das Kammerweib, und einer Küchenmagd.

Kaiser Franz II/I war begeistert von Baronin Sturmfeder und wies ihr in weiterer Folge die gesamte Kindskammer zu. Dies bedeutete die Aufsicht der Lakaien, Dienstboten, Ammen und den gesamten Hofstaat aller weiteren Enkel des Kaisers. Sie wurde in weiterer Folge nicht nur die Aja von Franzi, sondern auch von Maxi, Karl Ludwig, Anna und Luzi-Wuzi.

Sophie erholte sich nur langsam von der Zangengeburt. Die Ärzte hatten sie stark verletzt und den engsten Mitgliedern ihrer Familie im Vertrauen mitgeteilt, dass sie das Schlimmste befürchten.

Kaiser Franz II/I saß täglich drei Stunden bei seiner geliebten Schwiegertochter und versuchte sie wach zu halten, denn man sagte ihm, sie solle so wenig wie möglich schlafen. Es könnte sein, dass sie nicht mehr erwachen würde.

Obwohl Erzherzog Franz nicht direkter Thronerbe war, wurde er von Anfang an so erzogen.

Foto: Wikimedia/Commons
Kaiser Ferdinand I.
Foto: Wikimedia/Commons
Kaiserin Maria Anna

Kaiser Franz II/I Sohn, Ferdinand (*19.4.1793, †29.6.1875) wurde geistesschwach geboren. Er galt als schwerbehindert, obwohl er 5 Sprachen sprach.

Dennoch war er geistig so weit „intakt“, dass er den Thron besteigen konnte. Der zweite nach Ferdinand war direkt Franz Karl, also der Vater von Franz.

Ferdinand wurde er mit der überaus schönen und intelligenten Maria Anna Prinzessin von Savoyen (*19.5.1803, †4.5.1884) verheiratet, allerdings konnte aufgrund der mangelnden geistigen Verfassung die Ehe – zumindest wird davon ausgegangen – nicht vollzogen werden. Die arme Maria Anna ertrug diese Ehe mit stoischer Geduld und von Gott gegeben.

Dies war Voraussetzung genug für Sophie, ihren Sohn immer als Thronerben anzusehen und verlangte von allen umstehenden ihn schon von kleinauf mit „Erzherzog“ anzusprechen.

Die vertraute Anrede

„Mein Prinz“,

die Aja Sturmfeder liebevoll verwendete, wurde aufs äußerste und schärfste von Sophie kritisiert.

Sophie stellte so nicht nur sicher, dass die Baronin von Sturmfeder den Rang ihres Kindes kannte, sondern auch ihren eigenen.

Erzherzogin Sophie war Zeit ihres Lebens erpicht auf Adelsstand, Rang, Titel und das Ansehen in der Familie.

Die Taufe fand am Samstag, den 21.8.1830 statt.

Kaiser Franz II/I (*12.2.1768, †2.3.1835) war der Taufpate, weshalb der Bub die Namen

Foto: Wikimedia/Commons
Kaiser Franz II/I
Großvater von Erzherzog Franzi

Franz Joseph Karl

erhielt. Es waren dieselben drei Vornamen des Kaisers, zudem waren der erste und der dritte gleichzeitig auch die Vornamen des Vaters.

Über die Taufe ist folgendes überliefert:

„Freitag, 20.August 1830

Den andern Morgen um 12 Uhr war die Taufe. Ich musste mich schon um 10 Uhr frisieren lassen und hatte sehr viel zu tun. Der Kleine war ruhig und scheint, Gott sei Dank, recht gesund.
Er hat drei kleine Wunden auf dem Kopfe rückwärts, doch ist es nur oberflächlich. Ich hatte Marabous und silberne Kornähren auf dem Kopfe, ein Tüllkleid mit Silber gestickt und atlasnes Unterkleid, einen Manteau von weißem Gros de Berlin oder Gros de Naples, auch mit Silber gestickt, und ein schönes goldenes Kollier und Ohrringe, welche mir die Erzherzogin und Er geschenkt haben, und meinen neuen Orden an.
Um 12 Uhr zogen wir aus und kamen in der Taufe bereiteten Saal, ich mit den Damen der Erzherzogin hinter der Kinsky und diese hinter dem guten Goës, welcher das Kind trug, und zwei Kammerherrn, welche die Decke hielten. Da ich einen Fächer in der Hand hate und nicht meine Lorgnette, sah ich nichts. Der Kaiser, die Kaiserin, alle Erzherzoge, alle Damen und Herren strahlten von Diamanten und Edelsteinen. Als das Tedeum anfing, wurde der Kleine in sein Zimmer transportiert.“ (1)

Auch hier muss ich leider erwähnen, dass in sämtlichen Biografien über den Kaiser das Wort „andern Morgen“ falsch interpretiert wurde und die Taufe regelmäßig von Kaiser Franz Joseph für den 20.8.1830 angegeben wurde.

Korrekt ist aber: Kaiser Franz Joseph wurde am 21.8.1830 getauft. Das Wort „andern Morgen“ heißt aber nichts anderes, als, dass am nächsten Morgen die Taufe stattfand, also

am Samstag, den 21.8.1830.

Danach erzählte Aja Sturmfeder folgendes:

„Nun bin ich Tag und Nacht hier in seinem Zimmer, nur von 2 bis 3 bin ich bei mir, um zu essen und mich anzuziehen. Wenn er bei Tage trinkt, trage ich ihn meist hinein, bei der Nacht schenke ich es mir. Gesagt hat mir niemand etwas, ich mach es, wie es mir gutdünkt, bis mir etwas anderes gesagt wird. Hätte ich meine Leute neben mir, so wäre es ganz bequem, so aber wohnen diese auf einer ganz anderen Seite und ich mus ihnen immer eine Stunde bestimmen, was bei einem so kleinen Kinde so schwer ist.
Sein Zimmer ist gerade neben dem der Erzherzogin, dann kommt ein langes Zimmer. Aus diesem habe ich mittels zweier spanischer Wände ein Schlafzimmer, Salon und Antichambre für mich gemacht. Meist besucht der Kaiser und die Kaiserin das Kind zweimal des Tages. Dann kommt die Königin, der Erzherzog und alle anderen Hoheiten. Ich bin nie vor einem Überfall sicher.
Sein Kopf macht mir die größten Besorgnisse. Die Ärzte, vier an der Zahlen, sagen, es habe nichts zu sagen, ich bin noch nie -, Da wurde ich wieder gestört und weiß nun nicht mehr, was ich sagen wollte.
Alle Viertelstunden, Tag und Nacht werden Umschläge auf das arme Köpfchen gemacht, ob es da zu tun und nachzuschauen gibt, könnt Ihr Euch denken.“ (2)

Die Erziehung war sehr streng. Erzherzog Franz hatte wenig Chance sich zu entwickeln, wurde eher ge- und vorgeführt.

27. August 1830
„Meine gute Schwestern!
Meine Tage sind mit Geschäften ausgefüllt und gar oft bis zur Ermattung überhäuft. Das Hauptgeschäft, die Pflege des Kindes, ist mir durch einen unseligen Krieg, der zwischen Doktoren, Accoucheurs, Hebammen und Kindsweibern existiert, sehr erschwert, besonders da ich sehe, daß es bei der Art, wie es behandelt wird, nicht recht gedeiht. Aber man muß Geduld haben. Nun, nachdem die neun Tage herum sind, ist nachts sein Arzt [nicht] mehr bei uns, seitdem schlafe nur ich bei dem Kleinen im Zimmer, früher war ich in dem Zimmer daneben; weil [als] der Doktor da war von abends bis früh, habe ich nicht darin schlafen wollen. Der Kleine selbst stört mich wenig, aber die steten hohen Besuche!
Das ist zum sechstenmal, daß ich an diesen Zeilen anfange und Ihr müßt Euch nicht wundern, wenn kein Zusammenhang ist. Morgens um 1/2 7 Uhr kommt der Erzherzog schon, da stehe ich oft im Hemde hinter der Spanischen Wand und rufe ihm zu, wie die Nacht war. Wenn ich dann mit unendlicher Mühe und Unterbrechungen in irgend einer Ecke eine anständige Morgentoilette gemacht habe, dann kommt Er wieder und nach und nach vier Doktors. Da wird das Kind gebadet, sein armer blessierter Kopf verbunden. Vor oder nach 9 Uhr kommt die gute Kaiserin und der Kaiser, später die Königin und die Prinzeß Marie. Diese gehen nun ab und zu. Dann wird der Kleine zur Erzherzogin getragen und seine Zimmer, es sind nur zwei, gelüftet. Da bin ich nun oft bis 1/2 1 Uhr drinnen bei der Frau Erzherzogin, manchesmal allein, oder mit ihren Damen, oder wieder mit [den] Hoheiten, die sie besuchen, nachher lasse ich mir die Haare machen, dann bin ich eine Stunde allein bei dem Kleinen, dann esse ich. Um 3 Uhr komme ich wieder herunter. Gegen 4 Uhr kommen die Herrschaften abwechselnd. Gegen Abend kommt der gute Kaiser. Meist noch einmal zwischen 6 und 7 Uhr kommen wieder die Doktors. Da wird wieder verbunden und Toilette gemacht und dann gehen wir zum letztenmal zur Erzherzogin zum Trinken. Dies führt uns nun, bis wird ganz in Ruhe und Ordnung sind, bis 8, 1/2 9 Uhr. Da lege ich mich dann auch gar herzlich gerne schlafen, aber gegen 9, 1/2 10 kommen immer noch Besuche.
Neulich glaubte ich, es käme niemand mehr und gab meiner Trägheit nach. Kaum lag en chemise, denn esist in unserem Zimmer eine Hitze zum Verschmachten, den Haarzopf hintergeschlagen in dem Bette, da kam die Kaiserin, Königin und Prinzeß Marie in das -Zimmer! 30 Tassen hollundertee hätten die Wirkung nicht hervorbringen können, welche dieser hohe Besuch veranlaßte. Prinzeß Marie, welche sich vermutlich dachte, in welcher Pein ich sein müsse, rückte das Paravent so nahe vor mich als möglich, indem Sie sagte: „Ich will barmherzig sein.“
Die Königin sagte: „Machen Sie sich gar nichts daraus“ und fragte, ob ich ohne Haube schliefe. Die Kaiserin klopfte an die Wand und sagte: „Ich sehe gar nichts.“ Sie hatte heute den Kleinen auf den Arm. Als ich Sie fragte, ob Sie nicht müde sei, sagte Sie mir, „ein Kind macht mich selten müde, j’ai la passion de enfants und das von meiner frühestens Jugend an. Ich konnte mir nie ein größeres Glück denken, als Kinder zu haben und darum hatte ich nie welche, car ce qu’on désire trop, le bon Dieu ne nour l’accorde pas.“
Es ist mir immer eine wahre Freude, wenn Sie ins Zimmer kommt, diese Güte, Herzlichkeit und Lebhaftigkeit ist einzig.

(3)

Anmerkungen Petra:

Wörter in [] hinzugefügt, da sie fehlten
Accoucheurs: Geburtshelfer
j’ai la passion de enfants: ich habe eine Leidenschaft für Kinder
car ce qu’on désire trop, le bon Dieu ne nour l’accorde pas: Denn was man zu sehr begehrt, das gewährt einem der liebe Gott nicht.

Übersetzungen aus dem Französischem: Petra

Doch nicht nur, dass Franzi vorgeführt und an ihm herumgedoktert wurde, so durfte er keinerlei Kontakt zu Kindern haben.

Dazu wieder Baronin Sturmfeder:

Auf dem Spaziergang begegneten wir der Gräfin Tige mit ihren Kindern. Die Kinder umringten sofort den kleinen Erzherzog und nahmen ihn bei den Händen und führten ihn. Ich hatte keine Ahnung, daß dies nicht ganz konvenabel sei… Plötzlich aber begegneten wir dem Herrn Erzherzog und der Frau Erzherzogin und an dem Tone, mit welchem mich die Frau Erzherzogin frug: Mit wem geht denn da der Kleine?, erkannte ich sofort, daß ich einen Verstoß gegen die Etikette begangen habe…“(4)

Foto: Schloss Schönbrunn
Franz (Joseph) als 3jähriger im weißen Hemd mit Bärenfellmütze, Tornister, Gewehr und Spielzeugsoldaten vor dem Schreibtisch seines Großvaters Kaisers Franz II/I

Franzi wurde abgeschottet und durfte mit anderen Kindern nicht spielen.

Er wurde deshalb intern

„Gottheiterl“

genannt, was leider später Franz Joseph große Probleme bereiten sollte.

Sowohl Sophie als auch die Aja führten penibel Tagebuch über jeden Fortschritt, weshalb die Kindheit von Kaiser Franz Joseph sehr genau detailiert ist.

Auch nach Franz Joseph hatte Sophie wieder eine Fehlgeburt, weshalb sie sich noch mehr an Franzi klammerte.

Sogar offizielle Besuche vergaß sie oder hatte kaum ein Ohr für diese. Sie spielte mit Franzi und vergaß dabei alles um sich herum.

Desto unverständlicher ihr späteres Vorgehen bei Kaiserin Elisabeth, als sie versuchte diese von ihren Kindern fernzuhalten.

Franzi selbst wurde herumgereicht und -gezeigt, so dass der Aja Sturmfeder oft Angst und Bang wurde. Dazu notierte sie in ihr Tagebuch:

„Ich finde, daß mein kleiner Erzherzog anfängt schlimm zu werden. Was soll ich dagegen machen, bei einem Kinde von fünf Monaten?“ (5)

Danach wurde der kleine Bub wieder isoliert, damit dem von

„Gottes Gnaden geborenen Kind“

niemand zu Nahe kam.

Franzi galt anfänglich als jähzornig und Sophie wusste sich kaum zu helfen. Sie notierte:

„Ich hatte gerade eine Szene mit Franzi, der – in einem Anfall von Zorn – mir einen Schlag versetzte, den ich ihm zurückgab… indem ich ihm auf die Hand klopfte. Dem folgten Schreie, Weinen und Schluchzen und es dauerte lange, bis er sich entschloss, mir die Hand zu küssen und um Verzeihung zu bitten; jetzt speist er – aber das Gewitter pocht ständig im Stillen; er ist manchmal sehr heftig der kleine Herr, und man wagt nicht, ihm das durchgehen zu lassen.“ (6)

Oft sah der Kleine, eingesperrt in seinem Zimmer, den Offizieren vor seinem Fenster beim Exerzieren zu.

Im Alter von knapp 2 Jahren konnte er die Uniformen der Regimenter auseinanderkennen.

Mit 3 Jahren kannte er alle Abzeichen und Farben der Regimenter. Das Militär sollte Zeit seines Lebens seine Passion bleiben.

Im Alter von 4 Jahren musste Erzherzog Franz am ersten Familiendinner teilnehmen und durfte zwischen dem Kaiser und der Kaiserin, also seinen Großeltern, sitzen.
Seine Mutter gab ihm Instruktionen was er während des Dinners essen durfte und zu sprechen habe. Sobald der Kaiser zu Essen aufhörte, musste auch der kleine Bub Messer und Gabel zur Seite legen.

Mit 5 Jahren lernte er Lesen und Schreiben, denn laut Sophie war Franz Joseph etwas Besonderes.

1835 bekam er zu Weihnachten eine Kürassieruniform. Weiters spielte er mit Zinnsoldaten und anderem militärischen Spielzeug. Als Geschenke zu diversen Anlässen bekam er Uniformen, mehrere Miniaturwiedergaben der Burgwache und eine Waffe.

Als Franz Joseph 5 Jahre alt war, starb sein Großvater Kaiser Franz II/I (*12.2.1765, † 2.3.1835).

Kaiser Ferdinand I. (der Gütige) erbte den Thron. Kaiser Ferdinand I, Onkel von Franzi galt als Schwachsinnig und hatte sehr häufig epileptische Anfälle.

Clemens Wenceslaus Nepomuk Lothar Fürst von Metternich-Winneburg zu Beilstein (*15.5.1773 in Koblenz, † 11.6.1859 in Wien) sollte von nun an den kleinen Franzi prägen.

Als man von Schloss Schönbrunn zurück in die Wiener Hofburg zog, wurde Louise schlagartig bewusst, dass sie hier nicht so große Räume zu erwarten hatte, wie im Sommerschloss.

Gerade die Geruchs- oder Lärmbelästigung wurde für die arme Frau ein enormes Problem.

Geht man heute durch Schloss Schönbrunn oder die Wiener Hofburg, sehen wir natürlich nur die Prunkräume und kommen aus dem Staunen nicht heraus.

Die Dienstbotenzimmer sind leider immer noch nicht zugänglich und werden nur in Sonderschauen geöffnet.

Ich durfte einmal „Hinter die Kulissen“ von Schloss Schönbrunn schauen und bin wahrlich erschrocken über Räume wo man die Dienstboten geradezu hineinpferchte. Wer jemals schon in alten Hotels die Diensträume des (heutigen) Personals gesehen hat, wird wissen was ich meine.

Stockbetten, kaum Raum für sich, da 5-10 Damen oder Herren schliefen in einem Raum. Wer Glück hatte und schön untergebracht war, hatte sogar einen eigenen Kasten zur Verfügung. Der Rest, wie natürlich Tisch, Stühle und Badezimmer, was aus einer Waschkanne und Lavour bestanden hatte, wurde geteilt. Oft musste ein Lavour Wasser für mehrere Menschen reichen. Die hygienischen Bedingungen waren auch im 19. Jahrhundert nicht die Besten.

Zur Zeit von Marie Antoinette waren Läuse an der Tagesordnung, weshalb man überall Nadeln zur Hand trug. Diese dienten zum Kratzen unter den Perücken, da das Haupthaar, nur 1x im Jahr gewaschen wurde.

In Versailles wurde literweise Parfum oder Duftwasser verteilt, damit der Gestank der Adeligen nicht zur riechen war. Nicht nur das Volk hatte sich damals nicht gewaschen, sondern auch die Adeligen.

Die Hollywood Filme, von der „badenden Marie Antoinette“ oder „Madame Pompadour mit weißen Zähnen, im Bad stehend, die sich von ihren Zofen waschen lässt, da sie den König erwartet“, ist also wieder einmal reinste Erfindung. Aber ich schweife ins falsche Jahrhundert ab.

Dennoch waren auch die hygienischen Bedingungen im 19. Jahrhundert noch nicht allzu fortgeschritten. Fließendes Wasser gab es erst gegen Ende es Jahrhunderts und nur von Kaiserin Elisabeth kannte man es am Wiener Hof, dass sie sich täglich wusch oder badete und das wurde mit schrägen Augen beäugt.

Louise von Sturmfeder gibt uns wieder das vollständige Bild der Einrichtung „hinter den Kulissen“ der Wiener Hofburg.

„20.10.1830
Unser Quartier liegt in der Mitte zwischen dem des Kaisers und der Kaiserin und dem des Erzherzogs und der Erzherzogin. Von dieser Seite trennt uns ein großer Saal, dann kommt ein kleines Zimmer mit einem Fenster, worin ein Kanapee und einige rote Stühle und braune Tische stehen, dann kommt ein recht hübscher großer blauer Salon oder Zimmer it zwei Fenstern. Die Möbel sind braun, mit recht hübschem blauem Kattun und bestehen aus einer Chaiselongue, einem Mitteltisch, dem Bett des Kleinen (ein Korb, gerade wie Deinem Fritzl seiner), meinem Bette, einem porzellanenen Ofen, dem Bette der Kindsfrau und zwei Kommoden, dann kommt wieder ein Zimmer (worin ein kleiner Herd ist), in welchem die Amme und das Kammerweib und Extraweib hausen, dann noch ein Zimmer, worin das Kindsmädchen schläft, in welchem die Leute essen, sich anziehen und sich retirieren, wenn zu viele Herrschaften bei dem Kleinen sind. Zwischen meinem Bette und dem Ofen ist eine Tapetentür, welche immer auf ist, durch welche man in ein gelbes Zimmer, welches zur Hälfte frei ist, kommt. Die andere Hälfte ist wieder durch eine spanische Wand und einen viereckigen Glasverschlag abgeteilt. Hinter der spanischen Wand steht ein Waschtisch und noch ein Möbel und in dem viereckigen Glaskasten steht ein Kanapee, mein Schreibtisch, ein viereckiger, eine Toilette, ein Sessel und zwei Stühle. Die Aussicht gegen das große Tor, welches nach Schönbrunn führt, rechts der Volksgarten. (7)

Anmerkungen Petra:
Da dieser Text für so manchen vielleicht schwer zu verstehen ist, erkläre ich einige Dinge. Da sich das hier angehäuft hätte, hätte ich bei jedem Wort „Anmerkung Petra“ hinzugeschrieben, wäre es unübersichtlich geworden. Deshalb hier die Liste:

– Unser Quartier = Baronin Sturmfeder und Erzherzog Franzi wohnten zusammen

– Kaiser und Kaiserin: gemeint waren Kaiser Franz II/I (Großvater von Franz, Vater von Erzherzog Franz Karl) und Kaiserin Karolina Augusta, dessen 4. Ehefrau

– Kanapee: 2sitziges Sofa; heute würden wir Couch sagen

– Kattun: dichtes Baumwollgewebe

– retirieren: veralterter Ausdruck für „sich zurückziehen“. Oft in Verwendung beim Toilettengang. Hier wird es tatsächlich als Rückzugsort für das Personal verwendet. Ein Gemeinschaftsraum sozusagen

– spanische Wand: Paravent (gibt es heute wieder)

Foto: Hofmobiliendepot.at
Erzherzog Ferdinand Maximilian „Max“ als Kind

Am 6.7.1832 kam Erzherzog Ferdinand Maximilian, genannt Max(i), zur Welt und Aja Louise hatte alle Hände voll zu tun. Erklärtes Lieblingskind von Louise blieb aber Franzi.

Bei Sophie sah die Welt durch Max plötzlich anders aus. Max wurde ihr Lieblingskind, was sich auch bei dessen Erziehung niederschlug.

Franz Joseph wurde weiterhin dressiert und vorgeführt.

Max hingegen hatte die große Freiheit sich selbst zu entfalten und durfte Streiche spielen.

Der Graben zwischen den Brüdern hätte nicht tiefer sein können und wurde auch im Erwachsenenalter nicht behoben. Im Gegenteil. Der einzige der nicht bettelte, als Max nach Mexiko ging, war Kaiser Franz Joseph. Als dieser erschossen wurde, war es ebenfalls Franz Joseph, der kaum eine Trauer verspürte, sehr zum Kummer seiner Mutter.

Am 1. Todestag kondulierte der gesamte Wiener Hof der noch immer tief vom Tod getroffenen und gezeichneten Sophie. Nur Kaiser Franz Joseph vergaß das Datum. Tief gekränkt notierte Sophie diese Schmach in ihrem Tagebuch.

Die beiden hatten sich als Kinder kaum etwas zu sagen und als Erwachsene noch viel weniger.

Die Eifersucht saß auch deshalb tief, da Max beim Wiener Volk sehr beliebt war. Er galt als besonders hübsch, eloquent, red- und leutselig, volksnah, repräsentativ und fähig ein Land zu regieren.
Alles Eigenschaften, die man, vor allem dem jungen Kaiser (bis auf das Aussehen) nicht nachsagte.

Während Maxi seine Freiheit genoss, hatte Franzi Drill zu erwarten. Und dieser setzte sehr früh ein. Schon als kleiner Bub wurde er in die Militäruniform gezwängt, mit 13 bekam er ein eigenes Regiment zum Geburtstag geschenkt. Mit diesem wurde er zum „Oberstinhaber des Dragonerregiments Nr. 5“

18. August 1843 – Ischl

„Dies war mein 13ter Geburtstag. Eine Überraschung war mir vorbereitet. Als aber die Thüre zum Zimmer, in welchem meine Geschenke lagen, geöffnet wurde und Mama und Papa mich hinein führten und ich die Dragoneruniform auf dem Tisch liegen sah, war meiner erster Gedanke die Uniform sey nur ein Spielzeug, doch gleich errieth ich mit der größten Freude, daß es Wirklichkeit sey. Es freute mich besonders daß ich ein Cavallerieregiment bekommen hatte und unter der Cavallerie ein Dragonerregiment, da mir die deutsche Cavallerieoffizier Uniform immer besonders gefallen hatte. Doch hätte ich die edle Uniform eines Cuirassierobersten vorgezogen.“ (8)

Am 30.7.1833 († 19.5.1896) kam Erzherzog Carl Ludwig, am 27.10.1835 (†5.2.1840) kam Erzherzogin Maria Anna Karolina Pia, genannt „Ännchen“ und am 15.5.1842 (†18.1.1919) Erzherzog Ludwig Victor genannt „Luzi-Wuzi“ zur Welt.

Der große Liebling der Familie „Ännchen“, das gleichzeitig auch das einzige Mädchen unter den Buben war, starb in den Armen ihrer gramgebeugten Mutter. Das Nesthäckchen Luzi-Wuzi lernte Ännchen nie kennen. Hier die Geschichte zu Ännchen. Der Beitrag zum Leben von Luzi-Wuzi kann hier nachgelesen werden.

Karl Ludwig, Maria Anna und Nesthäckchen Luzi-Wuzi wurden ebenfalls von Baronin Sturmfeder übernommen. Karl Ludwig ist „nur noch ein Mitläufer“, was dazu führt, dass er massive schulische Probleme und seine Privatlehrer es besonders schwer mit ihm hatten.

Foto: Albertina.at
Erzherzog Franz Joseph, Erzherzog Ferdinand Maximilian, Erzherzogin Maria Anna, Erzherzog Karl Ludwig und angeblich Erzherzogin Sophie
Anmerkung Petra: sieht man sich aber Lithographien oder Bilder von Baronin Sturmfeder an, sieht die erwachsende Person wie die Aja und nicht wie Sophie aus.
Aquarell: Peter Fendi
„Andachtsübung“

1836 wurde ein einschneidendes Jahr für Franz Joseph. Er musste sich auf Geheiß von Fürst Metternich und seiner Mutter Sophie von seiner geliebten Aja trennen. Dieser Prozess hinterließ tiefe Narben in dem kleinen Kinderherz.

Sein Erzieher wurde Heinrich Franz Graf von Bombelles (*26.6.1789 in Versailles, † 31.3.1850 in Savenstein). Ihm zur Seite gestellt wurde Johann Baptist Alexius Graf Coronini von Cronberg (*16.11.1794 in Görz, † 26.7.1880 in Görz).

Bombelles und Coronini lagen ab diesem Zeitpunkt oft im Streit. Der Schwerpunkt der Erziehung lag auf Pflichtgefühl, Religiosität, Sprachen, Zeichnen (Franz Joseph war überaus begabt), Musik (mochte er weniger), Leibeserziehung, Offiziersausbildung und Politik.

Foto: Wikimedia/Commons 
Johann Baptist Alexius Graf Coronini von Cronberg
Lithographie: Josef Kriehuber, 1853

Im einzelnen sah das so aus:
Sprachen: Deutsch, Französisch (die damalige Amtssprache), Ungarisch, Tschechisch, Italienisch, Polnisch, Latein und Altgriechisch.

Als Leibeserziehung verstand man: Schwimmen, Reiten, Fechten, Turnen und Tanzen (er galt Zeit seines Lebens als famoser Tänzer und war bei den Damen als Tanzpartner äußerst begehrt).

Foto: Wikimedia/Commons 
Heinrich Franz Graf von Bombelles
Lithographie: Josef Kriehuber, 1851

In Politik wurde Franz Joseph von Metternich persönlich gelehrt.

Er sollte das weltfremde Denken des alten Fürsten übernehmen. Metternich versuchte Franz Joseph politisch zu beeinflussen, prahlte aber mit seinen eigenen Taten so derartig, dass ein Wirken bei dem jungen Erzherzog fehl schlug.

Coronini galt als liberal, steif und unnahbar. Bombelles galt als erzkonservativ und ultrareligiös. Beide Lehrer hassten sich wie die Pest, was sich unweigerlich auf die Buben übertrug. Bombelles wurde dennoch der erklärte Liebling von Carl Ludwig. Ihn beeinflusste er am meisten.

Sophie hatte die Angewohnheit bei den Unterrichtsstunden anwesend zu sein und notierte penibel jede Note und jedes Vergehen der Kinder.

Der Tag von Franz fing um 7.00 Uhr morgens an und dauerte bis um 20.00 Uhr abends.
Der Unterricht fand in 30 Minuten, 60 Minuten oder 90 Minuten Einheiten statt.
Zu Mittag wurde ein 2stündiger Spaziergang eingeplant, sowie 1 Stunde Mittagessen und 1 Stunde Ruhezeit.
Die Leibeserziehung fand vor dem Abendessen – um 19.00 Uhr – statt.

Foto: Österreichische Nationalbibliothek
Erzherzog Franz Joseph, 1838

Im Sommer wurden die Stunden im Freien angepasst, je Älter die Buben wurden, desto mehr Lehrpensum musste erfüllt werden. Das da nicht viel Raum für freie Entfaltung blieb, wird jedem klar sein. Franz Joseph wurde gedrillt.

Sein Umgang mit dieser Erziehung zeigte in späteren Jahren seine Wirkung. Er tat sich mit dem Small Talk schwer, konnte keine Unterhaltung führen und hatte Zeit seines Lebens große Probleme Gefühle oder zwischenmenschliche Emotionen zu zeigen.

Er zeigte in allem ständig Contenance und ließ keinerlei Regung zu. Empathie für Menschen oder Situationen einzuschätzen fiel ihm Zeit seines Lebens schwer.

Bereits mit 7 Jahren hatte er 32 Wochenstunden zu absolvieren.

Mit 16 Jahren fing sein Tag um 6.00 Uhr morgens an und hörte um 21.00 Uhr abends auf.

Der junge Erzherzog war ein gelehriger Schüler, der sich kaum Kritik zu äußern traute.

Er notierte 1843 in sein Tagebuch:

Die statistischen Lectionen des Herrn Fränzel unterhalten und intereßieren mich, die griechischen von Abbé Kis finde ich langweilig und unintereßant, mir thut es auch leid, diese Sprache lernen zu müssen, da man meistens sagt, es sey unnötig.“ (9)

Am 3.9.1843 kam es zu einer folgenschweren Begegnung. Der 13jährige Franz Joseph und die 5jährige Herzogin Elisabeth nahmen kaum Notiz voneinander und doch gingen sie 10 Jahre später in die Geschichte ein – und tun es heute noch.

Foto: Wikimedia/Commons
Elise, Gackel und Bummerl
also Herzogin Elisabeth, Herzog Carl Theodor und Hund Bummerl

„3. September – Sonntag“

Wir frühstückten mit der Tante Louise, der Helene, der Elise und dem sehr netten aber fast verzogenen Kakl. Um 10 Uhr gingen wir in die dumpfe Kapelle, um die Messe zu hören, wo mir übel wurde, so, daß man mich aus der Kapelle zu einem offenen Fenster tragen mußte, wo mir wieder gut wurde; darauf legte ich mich auf das Bett. Um 12 Uhr fischte ich und Grf. Bombelles mit dem Herzog Max, wobey wir 20 Birschlinge und Weißfische fingen.“ (10)

Anmerkungen Petra:
Elisabeth wurde bis zu ihrem 14ten Lebensjahr „Elise“ genannt, dann erst wurde sie von Ludovika in Sisi umbenannt.
Franz Joseph hatte als Kind Rechtschreibprobleme. Kakl = Gackel und somit Carl Theodor; der Lieblingsbruder von Elisabeth

Franz Joseph klagte des Öfteren auf Grund des hohen und strengen Tagespensums unter Kopfschmerzen, Übelkeit und zeitweilig unter Erbrechen. All das wurde ignoriert und der junge Erzherzog und seine Brüder wurden weiter diszipliniert.

Im letzten Ausbildungsjahr 1847/48 bekam Franz Joseph noch eine juristische Ausbildung.

Metternich wählte dafür einen extrem konservativen erzkatholischen Juristen aus, den Sophie aber ablehnte. Statt dessen übernahm Johann Baptist Freiherr von Pilgram (*24.6.1780, †30.5.1861) diese Aufgabe. Politik allerdings wurde weiterhin von Metternich persönlich instruiert.

Foto: Schloss Schönbrunn
Erzherzog Franz Joseph I. Lithografie,

Als letzten Schliff vor der Entlassung ins „Leben“ beging Franz Joseph in Begleitung seiner Brüder und Erzieher mehrere Bildungsreisen innerhalb und außerhalb der Monarchie.

Auch hier wurde ein straffer Zeit- und Reiseplan eingehalten. Man passierte viele Orte, Städte und traf allerhand Bürger und das gemeine Volk.

Auf einer dieser Bildungsreisen traf Franz Joseph Feldmarschall Johann Joseph Wenzel Graf Radetzky (*2.11.1766, 5.1.1858). Auch nach Mariazell führte ihn sein Weg. Franz Joseph war nun also bereit seinen späteren „Beruf“ auszuüben.

Foto: Wikimedia/Commons
Graf Radetzky

Als er 1848 von der letzten Reise heim kam, fand ein einschneidendes Erlebnis statt.

Die Bürger Wiens hatten das strenge Regime von Metternich satt. Die Arbeiter vegetierten unter schrecklichen Bedingungen vor sich hin, es herrschte Not in allem.

Die Bauern hatten immer noch mit der Grundherrschaft zu kämpfen und mussten fast alles an diese abgeben.

Zu dem wurden die Bürger bespitzelt, die Handwerker fürchteten einen Abstieg ins Proletariat, weil die Industrialisierung einsetzte. Die Lebensmittel wurden verteuert, was bereits 1847 zu Hungerrevolten führte. Immer mehr befürchtete man eine 2te Revolution, wie sie in Paris 1830 stattfand.

Im März 1848 kam es dann tatsächlich zu einem ersten Handgemenge und zu den ersten Todesopfern, da Erzherzog Albrecht in die Menge schießen ließ.

Metternich floh mit seiner Frau aus Wien nach Feldsberg und suchte fieberhaft nach einem Exil.

Kaiser Ferdinand samt Familie und Erzherzogin Sophie samt Familie flohen nach Innsbruck.

Im August kam die Familie von Innsbruck zurück und hoffte auf Beendigung der aufständigen Wiener und Ungarn.

Im April kam Sophie samt Familie kurz zurück, da sie Ostern im Prater verbringen wollte und ließ dort Ostereier verstecken. Die herrschende Ruhe war allerdings trügerisch.

Schon im Mai kam es zu den nächsten Unruhen und Sophie ließ ihre Diamanten einpacken und begann wichtige Dokumente zu verbrennen. Sie floh erneut und nahm mit schwerem Herzen Abschied von Wien.

Foto: Wikimedia/Commons
Hans Kudlich
Foto: Wikimedia/Commons
Franz Philip Graf Lamberg

Am 24.7.1848 wurde von Hans Kudlich (*25.10.1823, 10.11.1917) der Antrag auf Aufhebung der bäuerlichen Untertänigkeitsverhältnisses gestellt. Es folgten lange und zähe Verhandlungen, denen jedoch stattgegeben wurde und am 7.9.1848 in Kraft traten.

Obwohl in Europa mittlerweile eine Konterrevolution erstarkte, galt Wien und Ungarn weiterhin als aufständisch. Am 28.9.1848 wurde Franz Philipp Graf Lamberg (*30.11.1791, 28.9.1848) in Pest ermordet.

Kriegsminister Latour befehligte deshalb den Abmarsch der Truppen nach Ungarn.

Foto: Lessing Archive
Theodor Graf Baillet de Latour
Bild: Johann Christian Schoeller
Anmerkung Petra: ganz korrekt ist das Bild nicht; da Latour „nackt“ gelyncht wurde

Am 6.10.1848 wurde Theodor Graf Baillet de Latour (*15.6.1780, 6.10.1848) aus dem Zeughaus gezerrt, ausgezogen und auf der Laterne „Am Hof“ gelyncht und öffentlich zur Schau gestellt.

Auf Grund der Nähe zur Hofburg und des Mordes an einem Adeligen floh Kaiser Ferdinand I. und seine gesamte Familie erneut. Diesmal führte der Weg nach Olmütz.

Schon seit 1847 haben Erzherzogin Sophie und Erzherzog Franz Karl auf eine Abdankung Kaiser Ferdinands I. hingearbeitet.

Angeblich gab es eine Vereinbarung, die besagte, dass Franz Joseph I. an seinem 18. Geburtstag 1848 den Thron übernehmen sollte.

Foto: billerantik
Kaiser Franz Joseph, 1848

Am 6.10.1848 wurde der Machtwechsel in einem größeren Kreis diskutiert; mit dabei viele regierende Minister die später eine prägende Rolle für Kaiser Franz Joseph I. einnehmen sollten.

Franz Joseph selbst resigierte auf den Machtwechsel mit Übelkeit und musste sich mehrmals übergeben.

Obwohl in der Rangfolge sein Vater auf Kaiser Ferdinand I. folgen sollte, wirkte Sophie solange auf ihren Mann ein, bis dieser nachgab und den Weg für seinen Sohn freimachte.

Am 2.12.1848 war es soweit. Kaiser Franz Joseph I folgte auf den Thron. Zuvor musste Kaiser Ferdinand I. seine Abdankung vorlesen, was er mit leiser zögerlicher Stimme tat.

Kaiser Ferdinand I. notierte in sein Tagebuch:

„Die Funktion endete damit, daß der neue Kaiser von seinem alten Kaiser und Herrn, nämlich vor mir kniend um den Segen bat, welchen ich auch unter Auflegung der Hände auf seinen Kopf und Bezeichnung mit dem heiligen Kreuz gab, ich ihn dann umarmte und er mir die Hand küsste. Und auch meine liebe Frau umarmte und küßte unseren neuen Herrn, dann entfernten wir uns in unsere Zimmer…“ (11)

Foto: Wikimedia/Commons
Krönung von Kaiser Franz Joseph in Olmütz

Die Zeremonie fand heimlich im engsten Vertrautenkreis in Olmütz statt.

Wie schon sein Leben zuvor, bestimmte auch Sophie den Namen des Kaisers. Er sollte einzigartig sein. Und so wurde er der einzige Kaiser im gesamten Habsburg-Reich mit einem Doppelnamen.

Franz Joseph I.

 

Der gesamte Titel lautete:

Franz Joseph der Erste, von Gottes Gnaden Kaiser von Österreich, König von Hungarn und Böhmen, König der Lombardei und Venedigs, von Dalmatien, Croatien, Slawonien, Galizien, Lodomerien und Illirien; König von Jerusalem etc., Erzherzog von Österreich; Großherzog von Toskana und Krakau; Herzog von Lothringen, von Salzburg, Steyer, Kärnten, Krain und der Bukowina; Großfürst von Siebenbürgen, Markgraf von Mähren; Herzog von Ober- und Niederschlesien, von Modena, Parma, Piacenza und Guastalla, von Auschwitz und Zator, von Teschen, Friaul, Ragusa und Zara; Gefürsteter Graf von Habsburg von Tirol, von Kyburg, Görz und Gradiska; Fürst von Trient und Brixen; Markgraf von Ober- und Nieder-Lausitz und in Istrien; Graf von Hohenembs, Feldkirch, Bregenz, Sonnenberg etc.; Herr von Triest, von Cattaro und auf der Windischen Mark. (12)

Foto: Dorotheum  Wien
Kaiser Franz Joseph
Gemälde nach Eduard Klieber, 1851

– Petra –


Rechtliche Hinweise:
Textrechte: Petra
Stammbaum: mythoskaiserinelisabeth.com – Petra (vormals sternenkaiserin)  
Bildrechte: Schloss Schönbrunn BetriebsgmbH, Österreichische Nationalbibliothek, Heeresgeschichtliche Museum Wien, billerantik, Dorotheum Wien, Albertina, Lessing Archive, Hofmobiliendepot


Literarische Hinweise:

1 – S.31, 2 – S.32, 3 – S.34, 7 – S.35
Die Kindheit Unseres Kaisers
Briefe der Baronin Louise von Sturmfeder
Aja Seiner Majestät Aus den Jahren 1830 – 1840
Bearbeitet von Anton Weimar
Gerlach & Wiedling Verlag, Wien, 1910 (nur noch antiquarisch erhältlich)

8 – S.16, 9 – S.60, 10 – S. 34
Anna Maria Sigmund
Die verschollenen Tagebücher Franz Josephs
Böhlau Wien Verlag, 1999, 1.Auflage (nur noch antiquarisch erhältlich)

Gudula Walterskirchen
Der Franzi war eim wenig unartig
Hofdamen der Habsburger erzählen
Residenz Verlag, 1. Auflage 2013 (nur noch antiquarisch erhältlich)

Ingrid Haslinger
Erzherzogin Sophie – Eine Biografie nach den persönlichen Aufzeichnungen der Mutter Kaiser Franz Josephs
Residenz Verlag, 2016, 1. Auflage

12 – S. 75
Michaela und Karl Vocelka
Franz Joseph I. Kaiser von Österreich und König von Ungarn
C.H.Beck Verlag, 1. Auflage


Hermesvilla

Sisis Schloss der Träume

Foto: mythoskaiserinelisabeth.com – Petra
Titania wandelt unter hohen Bäumen, 
Mit weißen Blüten ist ihr Pfad bestreut, 
Die Buchen rings, die alten Eichen keimen, 

Es scheint der Wald ein Dom dem Mai geweiht. 
Ein Dom, durchweht von märchenhaften Träumen, 

Ein Zauberort verborgen und gefeit, 
Maiglöckchen läuten duftend süße Lieder, 
Und gold'ne Falter schweben auf und nieder. 

Doch nie und nimmer werden zugelassen, 
Die draußen an des Zauberwaldes Thor, 
Um Einlass fleh'n mit Schreien und mit Scharren
Die alten Esel und die jungen Narren. 

Titanias Zauberschloss
Villa Hermes 
Elisabeth von Österreich, Sommer 1888 

Mit diesem Gedicht empfängt man euch mehr oder weniger auf einer weißen großen ungetümen Tafel mit einem Foto von Kaiserin Elisabeth, aus dem Jahr 1865 von Viktor Angerer.

Die Tafeln und viele hässliche Stahl-Glasvitrinen werden euch durch halbleere Räume begleiten. Anstatt die Räume auf sich wirken lassen zu Können und sich vorzustellen, wie hier einmal Elisabeth, Franz Joseph und später Marie Valérie mit Franz Salvator und 7 ihrer Kinder gelebt haben, stehen immer diese Vitrinen im Sichtfeld und nehmen einem die Phantasie.

Leider ist das nicht das Einzige, was an Atmosphäre zerstört wurde.

Die ehemaligen Gisela-Appartements fielen komplett dem Caféhaus zum Opfer.
Man hat sie einfach komplett herausgerissen, um einen Platz zu schaffen, für Erfrischungen und Torten.
Es ist einfach nur traurig, wenn man bedenkt, welches Erbe damit unwiderruflich zerstört wurde.

Betrachtet man das Areal, stehen so viele Nebengebäude herum, dass man gut und gerne dort ein Caféhaus unterbringen hätte können.

Aber nein, es mussten die Gisela-Räume dafür genutzt werden. Auf der eigens gebauten Terrasse, steht heute ein hässliches weißes Plastikpferd. Man wird einfach den Gedanken nicht los, dass man zerstören wollte und hier einfach nicht gewusst hat, was man sonst mit einem ungenutzten Platz tun sollte.

Auf der Toilettenanlage hat man eine Kaiserin Elisabeth Tapete angebracht. Ich weiß noch immer nicht, ob ich das geschmackvoll oder -los finden soll.

Schon von weitem sieht man die gelben Schirme des Caféhauses.

Ich bin der Meinung, dass die Vorderansicht der Hermesvilla damit seinen Charme verloren hat.

Natürlich ist es toll, an heißen Sommertagen ein Glas Wasser, Kaffee und Torte unter den Schirmen zu genießen. Doch wie gesagt, das Areal ist groß genug.

Über das weiße Pferd auf der Terrasse gibt es unterschiedliche Auffassungen. Als ich es damals erblickte, fragte ich natürlich, was dieses Pferd zu bedeuten habe. Der befragte Kellner des Cafés antwortete, dass es eine Hommage an Elisabeths Reitleidenschaft sei. Aha…

Bei meinen Recherchen stieß ich allerdings auf einen Disney-Film von 1969. In der Hermesvilla und im Lainzer Tierpark wurde der Film „Flucht der weißen Pferde“ gedreht. Als Schauspieler waren Curd Jürgens, Lilli Palmer und Rod Taylor im Einsatz.

Foto: amazon.de
Filmplakat zu „Flucht der weißen Pferden“

Es ist also durchaus im Bereich des Möglichen, dass hier an den Film erinnert werden soll und nicht an die Kaiserin. Schade ist, dass weder die Besucher, noch die Mitarbeiter davon in Kenntnis gesetzt werden. Eine Tafel zum Pferd gibt es nicht. Es steht einfach nur da…

Die Hermesvilla war in den 1980er und 1990er Jahre gut besucht. Viele Ausstellungen über Kaiserin Elisabeth und Kronprinz Rudolf waren zu sehen. Ich habe sie selbst alle noch besucht und kann mich an einige noch sehr gut erinnern.

Die letzte Ausstellung dieser Art ist 23 Jahre her, seit dem mangelt es der Villa an Besuchern.

Es gibt keine Werbungen mehr, die Wiener selbst haben die Villa vergessen, wie sollten es dann Besucher erfahren? Für einen 2-3 Tage Wien-Trip extra nach Lainz zu fahren, ist schon enorm weit, da die Hermesvilla nicht gerade günstig liegt.

Mit öffentlichen Verkehrsmitteln fährt man von der Wiener Innenstadt gut und gerne 1 Stunde bis zum Eingang, um dann noch einen 30 – 45 minütigen Fußweg über Stock und Stein zu gehen (gutes Schuhwerk erforderlich). Der Waldweg ist anstrengend, vor allem das letzte Stück.

Für Behinderte nicht zu empfehlen! Es gibt keinen Shuttle mehr zur Villa.

Foto: mythoskaiserinelisabeth.com – Petra
ehemaliger Badeweiher von Kaiserin Elisabeth

Auf dem Weg zur Villa kommt ihr an einem Weiher vorbei. Auch hier wurde das Badehaus von Kaiserin Elisabeth abgerissen. Diesen nutzte sie, um sich hier umziehen zu lassen, um dann im Weiher zu schwimmen.

Ich bin sicher, dass diesen auch die Kinder von Erzherzogin Marie Valérie zu nutzen wussten. Wenn man genau hinhört, könnt ihr das Kinderlachen von damals noch hören…

Heute ist Baden und Bootfahren verboten. Natürlich! Was sonst?

Hermesvilla
Lainzer Tiergarten
1130 Wien

15.3. bis 1.11:
Dienstag bis Sonntag und Feiertag
Montag geschlossen!
10.00 bis 18.00 Uhr
Die Hermesvilla schließt 30 Min. vor Torsperre des Lainzer Tiergartens, spätestens jedoch um 18.00 Uhr
Eingeschränkte Öffnungszeiten im Herbst/Winter

Preise und weitere Infos findet ihr hier:
https://www.wienmuseum.at/de/standorte/hermesvilla

Bei meinem letzten Besuch, habe ich mit dem Museumsmitarbeitern Kontakt gesucht und erfahren, dass der durchschnittliche Besucher 20 bis maximal 30 Minuten für den Rundgang braucht.

Ich brauche (mindestens) 2 Stunden.

Wenn ihr Glück habt, trefft ihr auf eurem Rundgang noch 2-3 Interessierte, normalerweise hat man die Villa komplett für sich allein.

Fotografieren ist erlaubt. Aber ohne Blitz! Bitte haltet euch daran!

Danach könnt ihr im Museumsshop wirklich gute Raritäten ergattern. Das Personal freut sich immer sehr, wenn sie Menschen treffen, die sich für die Kaiserin wirklich interessieren und auch etwas im Shop kaufen!

Rundgang – Erdgeschoss

Foto: mythoskaiserinelisabeth.com – Petra

Wie die Villa tatsächlich zu Lebzeiten Kaiserin Elisabths eingerichtet war, ist nicht bekannt.

Sie hat sich abgeschottet und auf ihre Privatspähre mehr als nur geachtet.

Foto: Archiv Künstlerhaus
Julius Deininger

1898 ist der Jubiläumsband „Franz Joseph und seine Zeit“ entstanden. Der Architekt und Publizist Julius Deininger (*23.5.1852, †15.8.1924) und der Maler Rudolf Bernt (*21.2.1844, †24.8.1914) durften nur wenige Räume der Villa betreten, um den Band abzuschließen.

Die vorhandenen Fotos der Villa und der damaligen Einrichtung, sind nach dem Tod von Kaiserin Elisabeth entstanden.

Damals erlaubte Kaiser Franz Joseph dem Historiker Rudolf Lechner (*/†unbekannt) im Frühjahr 1899 die Villa zu betreten.

Dass ist so von unfassbarer Bedeutung, da Rudolf Lechner die Gisela Appartements fotografieren konnte (wie erwähnt, sind sie dem Caféhaus zum Opfer gefallen) und über dem Kamin noch das alte Kamin-Portrait von Kaiserin Elisabeth zu sehen ist (ich komme im Arbeitszimmer von Kaiser Franz Joseph darauf zurück).

Generell konnte Lechner die gesamte Villa fotografieren. Die Bilder sind in den jeweiligen Räumen ausgestellt und ich füge sie in den Galerien am Schluss hinzu.

Foto: Wikimedia/Commons
Charles F. Fuller

Hinter der „Lichtfee Peri“ von Charles Francis Fuller (*1830, †10.3.1875) sieht man schon von weitem einen imposanten Kristalluster.

1897 entschloss sich Kaiserin Elisabeth ihr Schloss Achilleion auf Korfu aufzugeben (fertiggestellt 1891). Sie ließ zahlreiche Kunstgegenstände verschiffen und in die Hermesvilla bringen. So auch die Lichtfee, die hier in der Eingangshalle ihren Platz fand.

Foto: Wikimedia/Commons
Viktor Tilgner

Dahinter befindet sich ein imposanter Mamorsaal mit einer beeindruckenden Decke. Der Bildhauer Viktor Tilgner (*25.10.1844, †16.4.1896) hat sich hier verewigt, weshalb die ursprüngliche als Sala terrena und Speisesaal genutzer Raum auch „Tilgnersaal“ genannt wird.

An der Decke ist

„Aurora schwebt vor dem Wagen des Sommers durch die Lüfte“

zu sehen.

Links und Rechts sind heutzutage versperrte Türen.

Rechts waren die Marie Valérie-Appartements, links die Gisela-Appartements. Die Valérie Räume sind komplett leer, da sie als Ausstellungsräume genutzt werden. Die Gisela Räume existieren nur noch auf Fotos und sind heute ein Caféhaus.

Nach dem Tod der Mutter erbte Gisela (*12.7.1856,†27.7.1932), welche damals schon lange mit Leopold Prinz von Bayern (*9.2.1846, †28.9.1930) verheiratet war, das Achilleion auf Korfu. Marie Valérie erbte die Hermesvilla.

Prinzessin Gisela verkaufte das Achilleion an Kaiser Wilhelm II (*27.1.1859, †4.6.1941) und ließ die Möbel ihrer Mutter und einige Wertgegenstände in die Hermesvilla bringen.

Als Marie Valérie (*22.4.1868, †6.9.1924) sich 1911 von der Villa trennte, schaffte sie ein paar der Möbel nach Bayern.

Doch das meiste davon blieb im Besitz von Valérie, welche sich damit ihr neu renoviertes Schloss Wallsee einrichtetete (noch immer im Privatbesitz, einen Einblick findet ihr hier). 1906 übersiedelte die Familie nach Wallsee bei Amstetten, da die Villa aus allen Nähten platzte.

Rundgang – Obergeschoss

Als ich die Fotos auf Facebook zeigte, mokkierten sich viele Followerinnen über die dunklen Holzvertäfelungen in der Villa.

Ich möchte hier einfügen, dass dies dem damaligen Wohndesign geschuldet ist und alle Villen, die im englischen Landhaus-Stil gebaut wurden, dunkle Holzausstattungen hatten.

Dies sieht man auch in alten oder auch neuen Filmen, wenn es um alte Landhaus Villen geht, weshalb ich sehr erstaunt war, dass dies zum Thema wurde. Gerade im 19. Jahrhundert kannte man nichts anderes.

Auch wenn ich normalerweise Filmvergleiche ablehne, möchte ich aufzeigen, dass diese Villen tatsächlich immer so aussahen und hier nicht extra Kaiserin Elisabeth absichtlich „dunkel“ einrichten ließ.

Man sieht diese Villen zB. in Filmen wie „Rebecca“. Manderley ist genau so eine Villa (nur mit Meeresrauschen) (gedreht 1940 von Alfred Hitchcock), in vielen neueren Geisterfilmen kann man diese wunderschönen alten Villen sehen (zB. „Don’t Be Afraid of the Dark“ mit Katie Holmes) oder auch in Liebesfilmen von der Romantik Queen schlechthin Rosamunde Pilcher. Und wer die Filme „Sherlock Holmes“ kennt, egal ob neu oder alt, wird wissen, dass er in einer Villa wohnt, die dunkle Holzvertäfelungen hat.

Kerzenschein, Öllampen und später die ersten kleinen Stehlampen, da die Elektrizität Einzug hielt, machten diese dunklen Wohnräume sehr kuschelig.

Ihr seht ich komme ins Schwärmen. Zu recht.

Mich persönlich zieht so etwas magisch an, da es meistens durch Stuckarbeit, wunderschöne Glasfenster und verzierte Doppeltüren- und sonstige Balkenarbeiten wett gemacht wird. Wenn ich es mir leisten könnte… Ach, ein unerfüllter Traum würde wahr.

Und so war auch die Hermesvilla einmal.

Leider wurde das wunderschöne Flair, durch diese furchtbaren Glasvitrinen gestört. Es sind keine Pflanzen im Raum, die Brunnen wurden abgerissen, Wandteppiche fehlen usw.

Zum Teil wirkt die Villa einsam, müde, verlassen und weit weg von dem, was sie einmal war.

Ich finde es so schade, dass die Museumsverwaltung es seit Jahren nicht zustande bringt, die Villa wieder so herzustellen, wie sie war. Genügend Möbel stehen ja in sämtlichen Depots herum.

(Kleine Info nebenbei: Der Rundgang ist nicht chronologisch.)

Obwohl die Villa zu den Modernsten ihrer Zeit zählte, fühlte sich Elisabeth hier nie wohl.

Doch noch bevor sie „modern“ wurde und „Villa Hermes“ (heute Hermesvilla) hieß, hieß sie „Villa Waldruh“ und sollte in einem 24,5 km2 gro0en ehemaligen Jagdgebiet von Kaiser Franz Joseph erbaut werden.

Der gesamte Lainzer Tiergarten ist mit einer 22 km langen Mauer umzäunt (schon alleine wegen der Wildschweine die hier frei leben).

Foto: habsburger.net
Carl von Hasenauer

Kaiser Franz Joseph entschloss sich 1881 hier einen stattlichen Wohnsitz erbauen zu lassen und holte den Wiener Ringstraßenarchitekten Carl Freiherr von Hasenauer (*20.7.1833, †4.1.1894). Der zweite Entwurf war bereits derjenige, den Kaiser Franz Joseph umsetzen ließ.

4 Jahre dauerte der Bau und kostete

2 Mio Gulden = ca. € 29.350.760,00

welche aus der Privattasche des Kaisers bezahlt wurde.

Doch Franz Joseph entschied sich um und schenkte die Villa Elisabeth. Er war 54 Jahre alt, einsam und hoffte seine „Engels-Sisi“ wieder an sich zu binden. Deshalb ließ er diese – wie er glaubte – nach Elisabeths Geschmack einrichten.

Als die Villa Waldruh fertig war, reiste Elisabeth mit ihrer geliebten Tochter Marie Valérie an, die kaum deutsch sprach.

Die beiden traf fast der Schlag.

Kein Badezimmer, keine Wassertoiletten (so nannte man damals noch ein WC; ansonsten hatte man Plumpsklos,Eimer und Nachttöpfe), keine Elektrizität.

Die Einrichtung war sparsam und öde. Marie Valérie sollte im Erdgeschoss leben, Elisabeth im Obergeschoss. Ein Unding wie Mutter und Tochter festhielten.

Valérie war geschockt und schrieb in ihr Tagebuch, dass weder die Villa, noch die Einrichtung, noch der grausige Geschmack des Kaisers gefallen würde.

Foto: Wikimedia/Commons
Kaiser Franz Joseph, 1885

„Diesen Standard sind wir nicht gewöhnt“

so das vernichtende Urteil der Kaisertochter.

Elisabeth und ihre Tochter reisten wieder ab. Enttäuscht blieb der Kaiser alleine zurück, der wieder einmal alles falsch gemacht hatte.

Doch die Kaiserin wäre nicht die Kaiserin gewesen, wenn sie nicht der Ehrgeiz gepackt und aus der Villa ein wahres Schmuckstück gemacht hätte.

Ab dem Frühjahr 1888 trafen sich Kaiser Franz Joseph und Kaiserin Elisabeth jedes Jahr in ihrer Villa für manchmal mehr oder weniger längere Aufenthalte.

Foto: mythoskaiserinelisabeth.com – Petra
Katharina Schratt

Doch auch nach der Modernisierung wurde Elisabeth nicht ruhiger. Spätestens nach 2 Monaten verließ sie die Villa.

Sie fand den Wald zu feucht und die Villa zu düster. Da sie Rheuma hatte, war die Feuchtigkeit natürlich Gift für ihre Glieder.

„Unsere neue Villa im Thiergarten befriedigt uns sehr, sie ist gut und bequem zu bewohnen und die Umgebung jetzt im Frühjahr frisch grün.“

Kaiser Franz Joseph an Katharina Schratt
19.5.1887

Obwohl die kaiserliche Familie sehr gläubig war (Elisabeth haderte allerdigs auch Zeit ihres Lebens mit Gott), wurde keine eigene Kapelle gebaut. An Sonn- und Feiertagen wurde eine abgeschrägte Türe geöffnet, welche sich in der Ecke eines Saales befand. Dahinter befand sich der goldene Altar.

Die Tiergarten-Mitarbeiter, das Villa Personal und die kaiserliche Familie nahm an den Messen teil.

Dass hier eine Napoléon Statue steht, ist durchaus nichts ungewöhnliches für Kaiserin Elisabeth.

Kaiserin Elisabeth bewunderte sein Genie.

Durch die Verehelichung mit Erzherzogin Marie Louise (*12.12.1791, †17.12.1847), welche die Tante von Kaiser Franz Joseph war (Schwester von Vater Erzherzog Franz Karl), wurde Napoléon Bonaparte (*15.8.1769, †5.5.1821) der Onkel des zukünfitigen Kaisers.

Es gibt eine seltsame Episode aus dem Leben der Kaiserin, die ich hier gerne einfügen möchte:

Am 26.9.1875 besuchte Kaiserin Elisabeth mit ihrem enormen Gefolge Paris. Mit Marie von Festetics, ihrer Hofdame, besuchte sie allerdings alleine den Invalidendom, wo Napoléon zwischenzeitig ruhte.

Sie wollte alleine und unerkannt ihrem angeheirateten Onkel huldigen, dessen Genie sie erschaudern ließ. Lange standen die beiden vor dem herrlichen Sarg von Lucien Bonaparte und glaubten den von Napoléon vor sich zu haben. Ein Besucher hörte das Gespräch der beiden Frauen und machte sie auf den Irrtum aufmerksam.

Als sie vor dem schlichten Sarg, der mit frischen Blumen geschmückt war, niederkniete, sagte sie:

„Wenn die Menschen etwas recht Beißendes äußern wollen, sagen sie Napoléon war groß, aber gar rücksichtslos; ich denke immer dabei, das sind gar viele Menschen, ohne dabei groß zu sein. Zum Beispiel auch ich.“ (1)

Still naht sich der Abend wieder,
Länger werden schon die Schatten: 
Diesen Tag auch zu bestatten.
Lässt die dunkle Nacht sich nieder. 

Dunkler Wald - aus grünen Zweigen
Scheinen Monde aufzusteigen. 
Um mit ihrem Licht, dem bleichen, 
Durch dies Labyrinth zu zeigen. 

Doch nun öffnen sich die Bäume
Halbkreisartig rings im Bogen; 
Und mit Mondlicht überzogen, 
Strahlt Titanias Schloss der Träume. 

Kaiserin Elisabeth 
über ihre Ankunft in der Hermesvilla, 16.5.1887

„Wolkenkratzelei“ nannte Kaiser Franz Joseph die Gedichteschreiberei seiner Frau. Auch die Liebe zum „Sommernachtstraum“ von Shakespeare verstand er nie.

Foto: Wikimedia/Commons
Ida von Ferency und Marie von Festetics auf Maultieren

Nur wenige Personen wussten, dass Kaiserin Elisabeth überhaupt Gedichte schrieb.

Dazu gehörten natürlich ihr Mann, ihre Tochter Valérie, ihre engste Vertraute und Hofdame Marie Gräfin von Festetics (*20.10.1839, †16.4.1923) und Vorleserin und innige Freundin Ida Gräfin von Ferenczy (*7.4.1839,†28.6.1928).

Die Hermesvilla wurde nach Anweisung von Kaiserin Elisabeth opulent ausgestattet und hatte die schönsten Möbel ihrer Zeit. Doch noch während der Lebensphase von Elisabeth tauschte sie die Möbel immer wieder aus, so dass die heutige Inneneinrichtung nicht mehr nachvollzogen werden kann.

Sie beschäftigte auch die bedeutensten Künstler des „Wiener Historismus“, die der Villa ihren ganz besonderen Charme gaben.

Foto: wien.gv.at
Hans Markart

Am auffälligsten ist natürlich das Schlafzimmer von Kaiserin Elisabeth. Dies wurde von Kaiser Franz Joseph als Überraschung für seine Gattin von Hans Markart (*28.5.1840,†3.10.1884) bemalt. Eine seiner letzten Arbeiten.

Die Malart von Markart nennt sich im übrigen: „Akademische Kunst“

Als Elisabeth und Marie Valérie dies das erste Mal betraten, erstarrten sie zu Eis. Die Kaiserin wusste wohl nicht ob sie lachen oder weinen sollte, Valérie rannte davon.

Zugegeben, das Zimmer ist extrem überladen und kaum anzusehen.

Die Hermesvilla besaß eine opulente Innenausstattung, an der die bedeutendsten Künstler des Wiener Historismus beteiligt waren. Die originale Einrichtung ist allerdings nur zum Teil erhalten. Schon zur Zeit der Kaiserin wurden häufig Gemälde und Möbelstücke ausgewechselt.

Das Prunkbett ist noch von Maria Theresia. Sie hatte es in Amstetten in einer Poststation benutzt, als sie auf dem Weg nach Innsbruck war.

Elisabeth hat keine einzige Nacht in diesem Bett verbracht. Sie ließ sich ein einfaches Bett an die Balkontüre schieben, um jederzeit die Sterne und den Wind sehen bzw. spüren zu können.

Im Schlafzimmer war auch hinter einer Tapetentüre eine Geheimtreppe, welche Kaiserin Elisabeth zur Flucht nutzen konnte. So konnte sie fliehen, wenn ungebetene Gäste kamen.

1894 ließ Kaiserin Elisabeth die Bronzestatue „Melancholie“ aufstellen. Sie sollte als Mahnmal für ihren verstorbenen Sohn Kronprinz Rudolf dienen.

Laut Überlieferung soll die Figur

ihr Seelenheil nach Außen

darstellen.

Das ehemalige Turnzimmer ist ebenfalls von Hans Markart gestaltet worden, doch leider ist nicht mehr erhalten, als die Wandmalereien.

Die Wände sind in Anlehnung an pompejanische Vorbilder mit sieben Darstellungen antiker Sportarten bemalt.

An der Zimmerdecke prangen 4 Gemälde, die eine Hirschjagd, ein Wettrennen, eine Kampfszene sowie ein Wettfahren zeigen.

Da Markart starb, schlossen die Maler August Eisenmenger (*11.2.1830, †7.12.1907), von Hugo Charlemont (*18.3.1830, †18.4.1939) und Adolf Falkenstein (*unbekannt, †31.12.1929) die Arbeiten ab und drückten dem Zimmer nochmals ihren ganz eigenen Stempel auf.

Die ehemalige Einrichtung bestand aus einem Turnapparat, einem Schwebebalken und zwei Garnituren von Ringen. Sie ist weder erhalten, noch wurde sie wieder hergestellt.

Hier wäre es ganz hübsch und das Haus sehr gut bewohnbar, wenn das Wetter etwas günstiger wäre, allein so ist es meistens recht kalt, der häufige Regen macht den Boden feucht und außerdem bläst meistens ein recht heftiger Wind.

Kaiser Franz Joseph an Katharina Schratt, 30.5.1887

Foto: mythoskaiserinelisabeth.com
goldenes Relief oberhalb der Arbeitszimmertüre von Kaiser Franz Joseph
abgebildet: Kronprinz Rudolf und Kronprinzessin Stephanie

Im ehemaligen Arbeitszimmer von Kaiser Franz Joseph ist am auffälligsten das „Jugendstil“-Bild von Kaiserin Elisabeth mit dem weißen Hund oder Pferd; so genau kann man nicht erkennen, was es für ein Tier darstellen soll.

Das Kaminbild wurde ausgetauscht und – wahrscheinlich – von Marie Valérie mitgenommen. Damit der Kamin nicht ohne Bild auskommen muss, hat man dieses – wie ich persönlich finde – abscheuliche Portrait angebracht.

Das ehemalige Gaderobenzimmer der beiden Eheleute ist heute ein Durchgangszimmer.

Am 13.6.1886 ertrank ihr Cousin 2. Grades König Ludwig unter mysteriösen Umständen im Starnberger See. Zu seinem Gedenken ließ sie dieses Bild aufhängen. Kaiserin Elisabeth glaubte ihr Leben lang nicht an die Unfalltheorie.

Die Aufenthaltsdaten von 1887 – 1891 sind nicht erhalten.

Ab 1891:

2.5. – 19.5.1891
25.5. – 30.6.1891

3.5. – 15.6.1892

1.5. – 30.6.1893

23.4. – 23.6.1894

12.5. – 1.7.1894 (mit kurzer Unterbrechung für einige Tage in Gödöllö)
24.8. – 24.9.1894

1.5. – 7.5.1897

1.6. – 2.7.1898

Am 14.10.1898 wurde Erzherzogin Marie Valérie ins Grundbuch eingetragen.

Sie ließ die Villa für ihre 9köpfige Familie (7 Kinder und Ehemann Franz Salvator) adaptieren. Das Ehepaar lebte von 1903 bis 1906 durchgehend in der Hermesvilla im Obergeschoss. Die Kinder bewohnten das Untergeschoss.

Foto: mythoskaiserinelisabeth.com – Petra
Erzherzogin Marie Valérie, Erzherzog Franz Salvator und ihre 7 Kinder
Foto: National Gallery
Prince George and Princess Marina

1904 empfing die Erzherzogin den englischen Thronfolger Prince George (*20.12.1902, †25.8.1942) und Ehefrau Princess Marina (*30.11.1906, †27.8.1968) in der Hermesvilla.

1906 wurde die Villa zu klein und die Familie zog ins neu renovierte Schloss Wallsee.

Foto: mythoskaiserinelisabeth.com – Petra

Die stattliche alte Ansicht der Hermesvilla mit dem Garten. Der gesamte zweite Stock war dem Personal vorbehalten und ist heute gesperrt.

Da die Villa eine private Wohnstätte der Eheleute war, gab es keine Repräsentationsräume.

Obwohl Marie Valérie die Hermesvilla an den Hofärar verkaufte, trug die Erhaltungskosten bis zu seinem Lebensende Kaiser Franz Joseph.

1918/19 wurde ein Invalidenspital für Kriegsversehrte in die Nebengebäude eingerichtet.

Im Jänner 1919 wurde in der Hermesvilla eingebrochen und zahlreiche historische unersetzbare Kostbarkeiten gestohlen.

Aufgrund dieses (unaufgeklärten) Einbruchs wurden 700 Möbelstücke, Bilder und sonstige Kunstgegenstände in das Hofmobiliendepot gebracht.

Das Tafelsilber der Hermesvilla wurde in die Hofsilberkammer der Hofburg Wien zur Aufbewahrung übergeben.

Danach wurde die Villa bis zum zweiten Weltkrieg vergessen.

1922 wurde die Villa an den Kriegsgeschädigenfonds übergeben und 1937 wurde die Republik Österreich die rechtmäßigen Besitzer. Diese richteten im 1. Stock ein kleines Museum ein, doch zu sehen, war kaum etwas.

Als der 2. Weltkrieg ausbrach, wollte Hermann Göring die Villa für sich und seine Jagdgäste beanspruchen; ein Glück, dass es nicht so weit kam.

Die Hermesvilla überstand den 2. Weltkrieg unbeschadet, verfiel aber zusehends. 1945 fiel die russische Wehrmacht in das Schloss ein und bsetzte es bis 1950.

Der schwere Vandalismus der Russen kannte kaum eine Grenze. Die Hermesvilla hatte schwerste Mängel erlitten.

Stimmen wurden laut, dass die Villa abgerissen werden sollte.

Foto: parlament.gv.at
Bruno Marek

Wiens Bürgermeister Bruno Marek (*23.1.1900, †29.1.1991) war nicht nur passionierter Jäger, sondern er wusste auch, dass hier ein Kulturgut zum Schützen war.

Er veranlasste, dass die Hermesvilla gerettet werden müsste.

Der Bürgermeister von Wien ließ 1971 den „Verein der Freunde der Hermesvilla“ gründen und unternahm eine umfangreiche Restaurierung, welche 1979 abgeschlossen war. Seit dem verwaltet die Hermesvilla die Außenstelle des „Historischen Museum der Stadt Wien“, welche heute „Wien Museum“ heißen.

Foto: mythoskaiserinelisabeth.com – Petra
Holzstich für die Illustrierte Zeitung, 1888

Die Hermesvilla ähnelt sowohl in der Größe, als auch im Baustil der zur selben Zeit errichteten Schloss Rothschild in Reichenau a.d.Rax.

Foto: Wikimedia/Commons
Schloss Rothschild, Reichenau a.d.Rax

Typisch für die Bauweise der damaligen Zeit ist die Mischung aus Renaissance- und Barockelementen.

Die elektrisch beleuchtete Straße zur Hermesvilla, war die erste in Wien ihrer Art. 1896 erhielt die Villa Sanitäre Räume und wurde an das Telefonnetz von Wien angeschlossen.

Im Stiegenhaus stand einst die berühmte Skulptur vom „Sterbenden Achilles“.

Foto: Wikipedia/Commons
Sterbender Achilles

Gefertigt wurde er 1885 vom Bildhauer Ernst Herter (*14.5.1846, †19.12.1917). 1891 ließ Kaiserin Elisabeth Achilles nach Korfu bringen, wo er heute noch ist.

Foto: eichinger.ch
Mamorstatue Aspasia, Hermesvilla

Seit 1898 steht links unter dem Stiegenhaus, kaum beachtet, die Marmorstatue „Aspasia“.

Sie wurde vom Bildhauer Ignaz Weirich (*22.7.1856, †1.12.1916) geschaffen.

Bevor ihr jetzt zum Tor zurückgeht, werdet ihr noch im Garten ein hässliches weißes Mamorungetüm entdecken.

Dies ist die Kaiserin Elisabeth Statue „Zwang-Flucht-Freiheit“, welche von Ulrike Truger 1998/99 geschaffen und in Wien-Mitte aufgestellt wurde.

Da sie aber für massloses Entsetzen und Beschwerden gesorgt hat, wurde sie zur Hermesvilla gebracht, wo sie relativ versteckt, unter Bäumen ihr Dasein fristet. Ehrlich gesagt: gut so

Das aus Carrara-Marmor gefertigte Monument zum 100. Todestag von Kaiserin Elisabeth hätte auch wirklich anders aussehen können.

Ihr werdet trotz aller Fehler die man hier macht, mit einem tiefen Seufzer des Bedauerns Abschied von der Hermesvilla nehmen.

Und tief in eurem Inneren habt ihr einen Ort aufgesogen, der unumwunden mit Kaiserin Elisabeth verwoben ist.

Und vielleicht hört ihr irgendwo im Gebüsch ein Rascheln von den Wildschweinen, denen man ganz unumwunden im Park begegenen kann.

Aber wer weiß: vielleicht ist es auch der schöne Geist von Kaiserin Elisabeth, die ihren Frieden mit der Villa gemacht hat und hierher kommt und sich nach der Ruhe sehnt, die sie im Leben nie hatte.

– Petra –

Foto: mythoskaiserinelisabeth.com – Petra
Poster, Glasfenster Hermesvilla

Rechtliche Hinweise:
Text: Petra
Bildrechte: mythoskaiserinelisabeth.com – Petra, Wikimedia/Commons, amazon.de, Archiv Künstlerhaus, habsburger.net, wien.gv.at, National Gallery, parlament.gv.at, eichinger.ch


Literarische Hinweise:

1 – S.251
E.C.Conti
Kaiserin Elisabeth von Österreich
Tragik einer Unpolitischen
Heine Verlag, 2. Auflage 1975 (nur noch antiquarisch erhältlich)

Zitate, Briefe und Gedichte
Hinweistafeln Hermesvilla

Hermesvilla
Führer Historisches Museum, 1981 (nicht mehr erhältlich)

Wilhelm Beetz
Die „Hermes-Villa“ in Lainz
Mit einer kurzen Geschichte des Tiergartens
Gerlach & Wiedling, 1. Auflage 1929 (nur noch antiquarisch erhältlich)

Michaela Lindinger
Mein Herz ist aus Stein
Die dunkle Seite der Kaiserin Elisabeth
Amalthea, Wien 1. Auflage 2013 (nur noch antiquarisch erhältlich)

Podcast

#24 Kaiserin Elisabeth als Mutter (Teil 3 – letzter Teil) Mythos Kaiserin Elisabeth

Das 4te Kind wird geboren und nun beginnt die Wiener Gesellschaft bösartige Gerüchte zu verbreiten, die über 120 Jahre nach dem Tod der Kaiserin immer noch verbreitet werden.
  1. #24 Kaiserin Elisabeth als Mutter (Teil 3 – letzter Teil)
  2. #23 Kaiserin Elisabeth als Mutter – Teil 2
  3. #22 Kaiserin Elisabeth als Mutter – Teil1
  4. #21 Märchen von Kaiserin Elisabeth und andere Geschichten – Frohe Weihnachten
  5. #20 Geister, Aberglaube und Totenfotografie – Teil 2

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